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Oracoli (German Edition)

Oracoli (German Edition)

Titel: Oracoli (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Becks
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Wenn die Sonne langsam hinter dem Hradschin versinkt und die goldfarbenen Verzierungen des turmreichen Prag, sowie die Fensterscheiben der nah an der Moldau stehenden Häuser die letzten Sonnenstrahlen einfangen, wenn der Fluss die Sonnenstrahlen tänzelnd widerspiegelt, dann erst wird aus Prag die goldene Stadt.    
       Touristen aus der ganzen Welt tummelten sich während der Sommermonate in der Kulturmetropole. Prag zeigt sich dann in seinen schönsten Farben. Ausgelassen und lustig, wie man es aus anderen Großstädten der Welt nicht gewohnt ist, winken die Leute auf den Ausflugsschiffen den Spaziergängern am Ufer zu. Sonja winkte nicht zurück. Sie hasste eigentlich die stinkende und dreckige Stadt. Sie dachte auch nicht wie Franz Kafka über sie, der die Stadt sowohl liebte, als auch hasste und sie als Mütterchen mit Krallen bezeichnete. Nein, Sonjas Interesse galt allein der Kleinseite, dort wo Otakar der Zweite einst eine Stadt für deutsche Kolonisten gründete. Hier sollte nach ihrem Plan ihr großer Ausstieg aus der Galeristen-Welt stattfinden. In Deutschland hatte sie ihre Studien des Isenheimer Altars beliehen und einen Haufen Geld mit nach Prag gebracht, dass sie mittlerweile restlos ausgegeben hatte. Für ihren großen Ausstieg aus der Galeristen-Welt hatte sie schon am frühen Morgen eine Galerie gekauft. Der französische Galerist, dem der Laden gehörte und mit dem Sonja schon tagelang verhandelte, war hartnäckiger als sie dachte, doch Sonja Zobiak wollte unbedingt seine Galerie haben, die am tiefsten Punkt von Prag lag. Umgerechnet hat sie 264.000 Euro dafür bezahlt. Der Franzose bekam sogar einen Teil des Geldes an der Steuer vorbei ausgezahlt, eine Million Kronen wollte er als Schwarzgeld, Geld, das Sonja nicht mehr steuerlich geltend machen konnte. Auch diese Kröte schluckte sie. Sie hatte nur ihren Plan vor Augen. Nun war sie stolze Besitzerin einer Galerie, die sich in einer hervorragenden Lage Prags befand, eine Lage, in der 1990 sämtliche Häuser unter Wasser standen. Überschwemmungen gab es hier schon früher. Immer wieder. Sie hatte vorher noch ein anderes Geschäft abgeschlossen.
       Eine Million Kronen Prämie hat sie für ein Jahr im Voraus an eine Versicherung gezahlt, dafür waren ihre Bilder, die sie in den nächsten Wochen von einer Spedition aus Dortmund kommen lassen würde, gut versichert. Für  Wasserschäden, die ihre Kunstwerke bei einem Hochwasser erleiden würden, bekäme sie 50 Millionen Euro ausgezahlt. Die Versicherung ließ sich auf den Deal nach zwei Tagen Verhandlung ein, auf eine so hohe Prämie wollten die Damen und Herren Versicherer nun doch nicht verzichten. Sie haben sich natürlich selbst versichert, bei der Münchner Rück, dort haben sie die Galerie selbstredend ein paar Meter höher angesiedelt. Bei einem Hochwasser schauen die Rückversicherer nicht mehr auf so kleine Details, die haben dann ganz andere Probleme, wussten sie.
       Sonja Zobiak spekulierte auf den Klimawandel und war sich sicher, dass sich die Katastrophe von 1990 wiederholen würde. Durch die Grünewald-Bilder hatte sie nun genügend Zeit, die Sintflut abzuwarten. Die ersten sechs Echtheitszertifikate für die Vorstudien hatte ihr ein Dr. Gausepohl zukommen lassen. Diese waren jetzt zusammen mit den ersten sechs Zeichnungen in ihrer Hausbank deponiert und dienten als Sicherheit für den Kredit, den Sonja so kurzfristig bekam. Der Bankangestellte der Volksbank Dortmund verhielt sich dank der bevorstehenden, Erfolg versprechenden Auktion, sehr nobel.
       Sonja ging gutgelaunt über die Karlsbrücke, nahm sich ein Taxi und ließ sich drei Kilometer weiter zu ihrem Botel auf der Moldau bringen. Sie hatte sich in diesem schwimmenden Hotel einquartiert, weil sie dort besser vom Hochwasser träumen konnte. Der 30 Kilometer entfernte Staudamm, der die Stadt mit Strom und Trinkwasser versorgt, könnte ja einstürzen. Wenn sich dann auch noch ihre Bilder in der Galerie befänden, wäre sie noch schneller reich und gleichzeitig in Sicherheit, dachte sie.
       Sonja legte ihre Jacke und die Aktentasche mit dem ganzen Papierkram auf das ungenutzte, zweite Bett ihrer Kabine. Dann legte sie sich hin und schaltete ihr Handy ein, das sie ausgeschaltet hatte, damit sie keiner bei ihren Geschäften stören konnte. Ein fataler Fehler, wie sich herausstellen sollte. Vierzehn Anrufe in Abwesenheit und eine SMS. Sie öffnete sie. SOFORT ANRUFEN, RENATE. Sonja wählte Renates Nummer. Nichts. Die

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