Orangenmond
über Milenas Vorleben erfahren werden. Ihrem Leben vor mir . Ich kann es immer noch nicht glauben, dass sie schon schwanger, schon mit dem Kind in sich zu mir kam. Frisch angebufft – wenn auch erst seit ein paar Tagen.«
»Angebufft hört sich furchtbar an, Georg! Es geht hier immerhin um Emil!«
»Ja, ich weiß. Aber die ganze Sache macht mich einfach krank …« Er verzog das Gesicht zu einer schuldbewussten Miene. »Kommt ihr da jetzt endlich mal raus!«, brüllte er im nächsten Moment in Richtung Auto.
»Mann, Papa, reg dich ab«, sagte Emil und kletterte aus dem Wagen. Helga knallte mit aller Kraft die vordere Autotür zu.
»Wir hätten die beiden nicht mitnehmen sollen …« Georg ging den schmalen Bürgersteig auf das Gartentor zu. Die anderen marschierten hinter ihm her.
»Eine Schwangerschaft ist doch keine Krankheit. Ich habe bis zum letzten Tag mit dir noch Tanzstunden ge…«
Georg drehte sich so abrupt zu ihr um, dass Helga fast gegen ihn geprallt wäre. »Mutter!«
Helga zog die Schultern hoch, schwieg aber.
Eine ältere Frau kam durch den Garten auf sie zu. Ihr Gesicht war gebräunt, ihre hellen Augen schauten wach und neugierig, zwei scharfe Falten gruben sich rechts und links neben ihren Mund. Sie stellte einen Korb mit Grünzeug vor sich ab. »Ah, ancora amici, amici tedeschi! «, sagte sie mit schnarrender Stimme und öffnete die Pforte. Georg gab ihr die Hand und stellte sich vor. Emil machte es ihm nach, deutete sogar eine Verbeugung an, Eva lächelte und bestätigte stockend auf Italienisch, dass sie weitere Freunde aus Deutschland seien und nur ganz kurz bleiben würden. Helga gab huldvoll ihre Hand und musterte interessiert die alten Gummigaloschen, die die Hausherrin an ihren Füßen trug.
Die Frau hielt die Haustür auf und deutete die Treppe hin auf, Anna sei dort oben. Sie hielt Eva am Arm fest und fragte, ob sie etwas essen wollten, sie könne hier unten in der Küche schnell ein paar piadine für sie zubereiten.
Eva lehnte dankend ab, nein, sie seien gleich wieder weg. »Wirklich nicht? Es ist kein Problem.«
»Wirklich nicht, danke!«
»Georg!« Ein greller Freudenschrei drang aus der oberen Etage. Eva beeilte sich, die Treppe hinaufzukommen, und platzte in eine große Umarmungsparty. Anna, Georg, sogar Helga und Emil, alle waren dabei, sich gegenseitig zu umschlingen. Jannis löste sich aus dem Gewirr und kam auf sie zu. Größer, als sie ihn in Erinnerung hatte, kräftiger, mit blaueren Augen und einem frecheren Grinsen auf den Lippen, das gerade erstarb. Er blieb vor ihr stehen. Scheiße, dachte Eva und schaute kurz zu Boden, du hast wirklich allen Grund, sauer auf mich zu sein. Sie schaute wieder auf und probierte ein Lächeln. Jannis versuchte ernst zu gucken, doch seine Augen lachten. Immer lachen seine Augen, dachte Eva, während sie erleichtert sah, dass er seine Arme ausbreitete. »Hey, zehn Jahre Funkstille – und dann ausgerechnet in Forlì! Und du siehst noch toller aus als damals!«
Er ist so hübsch und so verdammt süß zu mir, das habe ich echt nicht verdient, ging ihr durch den Kopf, aber da umarmte er sie schon heftig und hob sie in die Luft. »Dich darf man wenigstens noch drücken! Dickmadam hier stellt sich ja immer so an …«
Eva erschrak, als sie Anna unter sich erblickte. Ihr Gesicht war ein runder Pfannkuchen, die Nase, die Lippen, alles trat grob und überdeutlich daraus hervor. Ihr blondes Haar, das sie damals vor der Hochzeit unablässig mit einem Glätteisen malträtiert hatte, kräuselte sich und stand wie eine Löwenmähne nach allen Seiten ab.
»Wow, Anna«, Eva zwang sich zu einem Lächeln, als Jannis sie wieder herunterließ, »werden es Zwillinge? Was für ein großartiger Bauch!«
Annas Kugel war gigantisch, sie schien dafür verantwortlich, dass ihre dicken Beine kaum noch das Gleichgewicht halten konnten. Der Bund der hellgrünen Jogginghose, in der sie steckten, war mit der Schere an mehreren Stellen eingeschnitten und klaffte auseinander. Dennoch reichte er nur knapp um ihren enormen Umfang. Anna lachte. »Wenn du jetzt irgendwas mit ›Fußball verschluckt‹ sagst oder, wie es hier heißt, ›eine Melone unzerkaut gegessen‹, dann schlage ich dich! Wie schön, dass ihr da seid, wie schön!!« Sie versuchte Eva an ihrem Bauch vorbei zu umarmen und presste ihr dabei die pralle, harte Kugel in die Seite. Danach ging sie noch einmal zu Georg, zog seinen Kopf zu sich herunter und küsste ihn auf den Mund. »Wie schön, wie
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