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Orangentage

Orangentage

Titel: Orangentage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iva Procházková
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»Es ist deine Hausaufgabe!«
    Ema beobachtete eine Weile das Viereck. Dann nahm sie aus dem Federmäppchen einen roten Stift heraus und fing mit leisem Gemurmel an, das Dach zu zeichnen. Darek atmete auf. Alles deutete darauf hin, dass sie jetzt einen Moment lang selbstständig arbeiten würde. Er schaute kurz das Biobuch an, war aber nicht mehr in der Lage, sich wieder zum Lernen hinzusetzen. Viel lieber würde er den Computer einschalten und mit der Erstellung seiner Facebook-Seite anfangen. Doch solange Ema wach war, hatte es keinen Sinn.
    Er stellte sich ans Fenster und sah auf die leere Straße hinunter. Die Asphaltoberfläche war nach dem Winter vom Streusalz weiß geworden und voller Schlaglöcher.
    Â»Wir haben einen Strauß für Mama gepflückt«, hörte Darek Emas Stimme hinter sich.
    Â»Habt ihr ihn zum Friedhof gebracht?«, fragte er.
    Â»Nein, Papa mag den Friedhof nicht.«
    Â»Was habt ihr also damit gemacht?«
    Im Zimmer breitete sich Stille aus. Darek brauchte sich nicht umzudrehen, um zu wissen, dass Ema, die Faust gegen die Stirn gepresst, intensiv nachdachte. Nach mehreren Sekunden ertönte endlich der befreiende Schlag auf die Tischplatte und Emas fröhlicher Aufschrei.
    Â»Ich weiß es! Wir haben ihn den Kaninchen gegeben!«
    Â»Das würde Mama gefallen«, sagte Darek.
    Â»Das gefällt Mama«, korrigierte Ema ihn. »Sie hat es mir gesagt. Und weißt du, was sie mir noch gesagt hat?«
    Â»Weiß ich nicht.« Darek drehte sich immer noch nicht um. In die Dämmerung hinauszuschauen, war angenehm. »Was hat sie dir gesagt?«
    Â»Dass ich dich gern habe.«

2.
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    Er vergrub seine Finger im Gras, riss ein großes Büschel samt Erde heraus und holte aus. Dabei zuckte es schmerzhaft in seinem Arm. Als Hugo ihn zu Boden geworfen hatte, war Darek auf den Bordstein gefallen und hatte sich den Ellbogen verstaucht.
    Â»Aus dir mach ich Hackfleisch!«, schrie er und warf. Obwohl er sich in einer ungünstigen Position befand, traf er Hugo so wuchtig am Adamsapfel, dass er sich verschluckte.
    Â»Du …! Hast du noch nicht genug, Eselsarsch?«
    Hugo stürzte sich auf ihn und im nächsten Augenblick kugelten sie den Hügel hinunter. Sie waren ineinandergekeilt und zischten sich gegenseitig wütend ins Gesicht.
    Â»Schlappschwanz!«
    Â»Drecksack!«
    Â»Willst du wieder ’n paar in die Eier?«
    Â»Dir scheiß ich vorn Koffer!«
    Am algenüberwucherten Teich gelang es Darek, sich am Ufergestrüpp festzuhalten. Er richtete sich auf, und während Hugo noch ein Stück weiter hinunterrutschte, begann Darek seinen linken Schuh zu suchen. Aber sosehr er sich auch umschaute, er konnte nur niedergetrampeltes Gras und oben auf dem Weg ihre Sporttaschen sehen.
    Â»Da! Nehmt, Fröschlein! Lasst es euch schmecken!«, ertönte es plötzlich hinter ihm. Von einer bösen Ahnung befallen, drehte er sich hastig um. Hugo, Dareks Schuh in der Hand, stand am Ufer und grinste.
    Â»Untersteh dich!«, kreischte Darek so aufgebracht, dass sich seine Stimme überschlug.
    Â»Wie’s der Herr befiehlt!«
    Hugo holte aus und warf den Schuh in die Mitte des Teichs, wo er unter dem grünen Algenteppich verschwand.
    Â»Ich hoffe, er war bio«, heuchelte er besorgt. »Dass den Fröschen davon nicht übel …«
    Darek ließ ihn nicht ausreden. Er rannte auf ihn zu, um ihn umzurennen. Doch Hugo war vorbereitet. Er packte Darek und schleuderte ihn heftig von sich. Darek verlor das Gleichgewicht und stürzte in den Teich. Der Schlamm unten am Grund war warm, samtweich, und nachdem Darek ihn aufgewirbelt hatte, drang ihm nicht wenig davon in die Ohren und in den Mund, ja sogar in die Augen.
    Â»Hugo, ich …«, er nieste, der Schlamm spritzte aus seiner Nase, er schmeckte ihn an der Zungenwurzel, »… ich bringe dich um!«
    Â»Erst nächstes Mal. Ich muss jetzt nach Hause.«
    Hugo kraxelte bereits den Hügel hinauf. Dabei pfiff er provokativ, als ob es ihn keineswegs beunruhigte, Darek im Rücken zu haben. Oben angelangt, griff er seine Sporttasche und verpasste Dareks Tasche einen Fußtritt. Er strahlte Zufriedenheit aus: Seine letzte Niederlage wurde mit Zinsen heimgezahlt. Nun durfte er das Siegergefühl bis zur nächsten Kampfrunde genießen.
    Â»Die Rechnung folgt!«, rief Darek eher der Form halber hinter ihm her und kroch ans Ufer.

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