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Orangentage

Orangentage

Titel: Orangentage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iva Procházková
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scheinen deine Steigbügel recht kurz zu sein. Probier es mit zwei Loch länger, dann sitzt du tiefer.«
    Â»Mir gefällt es so.«
    Â»Deinen Fersen aber nicht, die heben sich zu weit. Und wenn du Aussitzen übst, mach lieber ein bisschen langsamer. Sonst hoppelst du nur oben herum und krachst ihm immer wieder in den Rücken.«
    Darek ritt bis an die Umzäunung, hielt an, streichelte Herkules am Hals und sprang herunter. Er war stolz. Richtig satteln konnte er zwar noch nicht, aber das Reiten machte ihm keine Probleme mehr, egal, was Herr Havlik darüber dachte. Darek hatte von ihm zwei alte Sättel geschenkt bekommen, verschiedene Trensen, Zügel und Longen. Alles war sauber, das Leder geölt und die Metallteile ohne Rost. Das Zubehör war sorgfältig gepflegt worden, obwohl Herr Havlik nicht mehr reiten konnte und seit Jahren keine Pferde mehr hatte. Als Zugabe bekam Darek unaufhörlich Ratschläge von ihm, ob er wollte oder nicht, und wurde schonungslos auf seine Anfängerfehler hingewiesen.
    Â»Beim leichten Sitz musst du bei jedem zweiten Schritt mit dem Arsch aus dem Sattel gehen! Bis zwei kannst du doch zählen, oder? Und den Oberkörper mehr mitschwingen lassen!«
    Â»Es geht nicht.«
    Â»Quatsch, du bist doch kein Kartoffelsack! Hast du denn gar keine Muskeln? Und wenn du bergauf reitest, vergiss nicht, die Zügel lang zu lassen, damit das Pferd ein bisschen Freiraum hat. Sonst kommt es gar nicht hoch«, murrte er.
    Â»Wollen Sie damit sagen, dass ich die Zügel zu kurz genommen habe?«
    Â»Viel zu kurz, junger Mann, viel zu kurz.«
    Â»Dann haben Sie schlecht hingeguckt«, verteidigte sich Darek. »Oder es war von ferne nicht zu sehen.«
    Â»Ich habe Augen wie ein Falke. Und in die Ferne sehe ich besonders gut. Der arme Herkules konnte seinen Rücken gar nicht aufwölben, das habe ich genau gesehen. Und denk mal an seinen Hals! Er braucht einen beweglichen Hals, um ihn als Balancierstange einzusetzen, ist das klar, junger Mann?«
    Wenn Herr Havlik ihn mit »junger Mann« titulierte, betonte er damit das eigene Alter und seine lange Erfahrung. In solchen Momenten hatte es keinen Zweck, mit ihm zu streiten. Außerdem wusste Herr Havlik mit absoluter Sicherheit, was ein Pferd brauchte und was nicht. Dazu bediente er sich Argumente, die man nicht widerlegen konnte, weil sie nicht von dieser Welt waren.
    Â»Das Pferd ist ein Engelwesen, schreib dir das hinter die Ohren. Es braucht unsere Liebe und gibt uns dafür seine Flügel.«
    Â»Und woran erkennt das Pferd, dass ich es liebe?«
    Â»An jeder Menge Dinge – daran, wie du es anschaust, in welchem Ton du mit ihm sprichst, wie du es sattelst und trenst, wie du reitest. Was denkst du, warum kommen wir Menschen mit zwei Beinen zur Welt? Damit wir gut auf dem Pferd sitzen können! Mir ist leider nur noch eins geblieben, aber ich sage dir, wenn ich es schaffen würde, in den Sattel zu kraxeln, würde ich sofort wieder ausreiten!« Er hinkte auf Krücken ganz nah an Herkules heran.
    Â»Du bist ein kluges Kerlchen«, brummelte er zärtlich und streichelte den Hengst an der Schulter. »Ein Prachtkerl bist du, ein richtiger Prachtkerl!«
    Der Hengst drehte den Kopf zu ihm. Er wusste schon, was kommen würde. Herr Havlik öffnete seine Umhängetasche, holte einige Brotwürfel heraus und legte sie auf seinen Handteller.
    Â»Für Süßigkeiten kann ich kein Geld ausgeben, aber einen Laib gutes Brot kann ich mir immer noch leisten«, erzählte er Herkules und sah wohlwollend zu, wie der Hengst das trockene Brot mit seinen weichen Lippen aufnahm und es weiter zwischen die Kiefer schob. Zwei andere Pferde bemerkten die einladende Umhängetasche, spitzten die Ohren und näherten sich langsam. Herr Havlik humpelte sicherheitshalber ein Stück zurück und lehnte sich gegen den Schuppen. Er war schon einmal auf der Wiese umgefallen, als er der mausfalbenen Stute ausweichen musste, die plötzlich einen Schreck bekommen hatte. Seitdem passte er auf, dass er sich in Reichweite immer abstützen konnte.
    Â»Wie geht es deinem Vater?«, fragte er, während er das trockene Brot an die Pferde verteilte.
    Â»Er wurde heute gefeuert.« Darek errötete, denn es hörte sich irgendwie gemein an. Als ob die Entlassung den Vater auf seltsame Weise degradierte, ihn in ein fragwürdiges Licht stellte. Darek war das unangenehm, deswegen

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