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Orangentage

Orangentage

Titel: Orangentage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iva Procházková
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in der Nähe?«
    Â»In der Werkstatt«, antwortete Darek. Es klang so, als ob Vater in der Werkstatt Dringliches zu tun hatte, aber in Wirklichkeit machte er Ordnung in vorbildlich geordneten Schubladen, sortierte die bereits hundert Mal sortierten Holzschrauben, rollte aufs Neue die zusammengerollten Kabel, putzte das blank geputzte Werkzeug. Als Darek vorhin in die Werkstatt gekommen war, um seine Hilfe anzubieten, hatte ihn Vater nur mit einer Geste abgewiesen und klargemacht, dass er allein sein wollte.
    Â»Soll ich ihn holen?«
    Â»Wir schaffen es auch ohne ihn. Hilfst du mir beim Ausladen?«, fragte Anton und hielt an. »Die Pferde sind sicher durstig nach der langen Fahrt. Ich bringe sie aus Lodsch her. Gib ihnen gleich Wasser, sobald sie draußen sind.«
    Â»Sind das Hengste oder Stuten?«
    Â»Eine Stute und ein Wallach. Ich würde sie vorerst abseits halten, man kann nie wissen, wie die anderen auf sie reagieren werden.«
    Darek nickte. Vor zwei Wochen hatte Vater den Teil der Wiese, den die Pferde abgegrast hatten, abgetrennt und zusammen mit Darek von Pferdeäpfeln gereinigt. Inzwischen konnte man wieder hier und da frisch nachgewachsenes Gras und leuchtend rosarote Thymianpolster sehen.
    Â»Wir lassen sie dort drüben, da haben sie Platz genug und auch Wasser.«
    Darek zeigte Anton, wo er mit dem Wagen hinfahren sollte, und öffnete den Zaun. Er beeilte sich. Nicht nur, dass er auf die neuen Pferde neugierig war, er wollte sie ausladen und auf die Weide lassen, bevor Vater auftauchte. Er wollte ihm zeigen, dass er sich auf ihn verlassen konnte. Wahrscheinlich würde der Zuwachs Vater aufmuntern und seine Laune verbessern, aber sicher war das nicht. Manchmal schien es Darek, dass Vater für die Pferde nicht so viel Begeisterung entwickelte wie er, Ema, Mischa oder Herr Havlik. Er kümmerte sich um sie und verrichtete notwendige Arbeiten, doch er streichelte sie nie, sprach sie nicht an und es lockte ihn anscheinend überhaupt nicht, mal in den Sattel zu steigen. Am Anfang hatte Darek gedacht, dass Vater trotz seiner Kraft ein kleines bisschen Angst hatte, allmählich wurde ihm aber klar, dass es keine Angst war, sondern eine merkwürdige Art von Strenge. Er hielt absichtlich Abstand zu den Pferden. Als Waliserin beim Striegeln den Hals zu ihm drehte, um ihre Streicheleinheiten einzufordern, gab er ihr eine Möhre, ohne sie zu berühren, und setzte seine Arbeit fort. Er kam nie einfach so auf die Wiese oder auf die Pferdekoppel, immer nur, wenn Arbeit anlag. Die aber machte er sehr sorgfältig.
    Â»Die Mausfalbe hat Schnupfen und schüttelt ständig den Kopf. Seit ein paar Tagen frisst sie nicht richtig. Vielleicht ist sie gegen den blühenden Raps allergisch«, sagte er neulich beim Abendessen und es war ihm anzumerken, dass er sich wirklich Sorgen machte. Ein anderes Mal lobte er Herkules, dass er zugenommen habe und seine Rippen nicht mehr sichtbar seien. Das stimmte und es bewies wieder einmal Vaters praktischen Sinn, aber diese Bemerkungen verrieten nicht, ob er die Pferde mochte. Für Darek blieb er in dieser Hinsicht, so wie in vielem anderen, ein Rätsel.
    Â»Wir führen po pierwsze Papa Schlumpf hinaus«, sagte Anton, öffnete die Hängerklappe und entfernte die hintere Stange. »Weißt du, warum er so heißt?«
    Â»Klar, er hat einen Bart.«
    Â»Genauso wie du.« Anton grinste. »Und was für eine Mütze trägt Papa Schlumpf?«
    Â»Eine rote natürlich.«
    Â»Kannst du dir vielleicht einen passenderen Namen für diesen Schmalzie vorstellen?«
    Im Inneren des Anhängers drehten sich zwei Köpfe zu ihnen um. Der linke gehörte einer schwarzen Stute, der rechte einem fuchsfarbenen Kleinpferd. Seine rote Mähne leuchtete sogar im Halbdunkel ganz knallig.
    Â»Geh zur Seite«, wies Anton Darek an. »Du brauchst nichts zu machen, pass nur auf, dass er nicht schräg aussteigt.«
    Anton band das Pferd los und führte es langsam rückwärts heraus. Es musste nicht einmal den Kopf hinunterbeugen. Es war klein, hatte einen kurzen Hals, einen tonnenförmigen Rumpf und eine steile Kruppe mit einem tief angesetzten Schweif. Es zeigte kein Interesse an der neuen Umgebung. Nachdem Anton ihn auf die Wiese gebracht hatte, bog Papa Schlumpf den Hals nach unten und begann sofort zu fressen.
    Â»Seine Mutter war ein Huzule, deswegen ist er so klein«, erklärte Anton. »Er wurde

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