Orangentage
von Kindern in einem Ferienlager geritten, war aber nicht brav. Er hat immer wieder nach ihnen geschnappt, sogar richtig gebissen, also musste er weg. Gefällt er dir?«
Darek nickte zögernd. Um ehrlich zu sein, kam Papa Schlumpf ihm eher komisch vor. Seine Farbe war schön, aber der Körper so unproportioniert gebaut, dass er nur geringe Begeisterung wecken konnte. Die schwarze Stute dagegen war bildschön, bewegte sich elegant, man sah es ihr an, dass sie von edler Herkunft war.
»Eine tolle Puppe, oder?«, bemerkte Anton voller Respekt, als er sie auf die Wiese führte.
»Wie alt ist sie?«
»Erst fünf. Sie hat angefangen, Parcours zu laufen, doch dann ist sie gestürzt. Dabei hat sie sich am Hinterbein verletzt. Es ist zwar wieder geheilt, aber seitdem will sie von Parcours nichts mehr wissen. Und ihre ehemaligen Besitzer wiederum nichts mehr von ihr. Sie finden es unnützen Luxus, sie zu halten.«
»Wie heiÃt sie?«
»Kirke.«
Kaum hatte Anton ihr das Halfter abgenommen, rannte Kirke über die Wiese. Wilde Sprünge, fröhliches Wiehern und die Art, wie sie den Kopf in die Luft warf, verrieten, wie sie nach der langen Hängerfahrt die freie Bewegung genoss. Sie entdeckte die Tränke und lief zu ihr hin. Darek schaute ihr mit Bewunderung nach. Er überlegte, ob seine Reitfähigkeiten für sie ausreichen würden.
»Wie weit bist du denn jetzt im Reiten?«, fragte Anton, der offensichtlich Dareks Gedanken gelesen hatte. »Hast du Fortschritte gemacht?«
»Na ja ⦠ein bisschen schon. Herr Havlik behauptet zwar, dass ich nicht richtig aussitze, blöd in den Bügeln stehe, zu wenig nachtreibe, die Zügel falsch halte und ich weià nicht, was sonst noch. Mir scheint aber â¦Â«
»Nichts ist so, wie es scheint«, unterbrach ihn Anton. »Hör nur auf Herrn Havlik! Er hat Erfahrung mit Pferden und kann dir viel beibringen, verstanden?«
Darek spürte, dass Anton das ganz zielgerichtet gesagt hatte, um bei Herrn Havlik Pluspunkte zu sammeln. Seine Taktik verfehlte jedoch ihre Wirkung. Herr Havlik, schon vorher halb abgewandt, drehte ihnen ganz den Rücken zu und fing an, die Brotkrümmel aus der Tasche den Pferden vor die Beine zu schütten.
»Was ist das? Zeig mal, bist du gestürzt?« Anton zog Dareks Arm zu sich heran und inspizierte den Ellbogen. Im Laufe des Nachmittags war er dick angeschwollen und wurde blau. »Hat Herkules dich abgeworfen?«
Darek zog rasch seinen Ãrmel bis zum Handgelenk herunter und schüttelte den Kopf.
»Vielleicht könntest du besser reiten, wenn du nicht diese Latschen tragen würdest, sondern festere Schuhe«, bemerkte Anton. Darek schwieg. Er hatte keine Lust, zu erzählen, wie er sich den blauen Ellbogen geholt hatte und wo seine neuen Schuhe geblieben waren.
»Zum Beispiel diese hier.«
Anton hob den rechten Arm, den er hinter seinem Rücken gehalten hatte, und ein Paar Reitstiefel kamen zum Vorschein. Darek hielt den Atem an. Ganz sanft und schüchtern berührte er sie mit der Hand. Sie waren aus braunem Leder und, soweit Darek es beurteilen konnte, in seiner GröÃe.
»Sind die für mich?«
»Wenn sie passen, gehören sie dir.« Anton übergab Darek die Stiefel. »Sie sind schon älter, aber immer noch gut.«
Voller Erwartung streifte Darek seine Schuhe ab, nahm mit beiden Händen einen Stiefel und drückte seinen Fuà hinein. Am Knöchel saà er gut, am Oberschaft ein wenig locker und in der Spitze blieb noch genügend Platz. Schnell zog er auch den anderen an, ging probeweise in die Hocke, sprang auf, machte ein paar Schritte.
»Drücken sie? Sind sie nicht zu eng?«
»Im Gegenteil, ich werd noch etwas Papier in die Spitzen stopfen. Aber sonst sind sie perfekt!«, versicherte Darek begeistert. »Danke!«
»Gern geschehen.«
Darek klatschte sich ein paarmal auf die Unterschenkel. Es war ein ungewohntes Gefühl, die Waden mit festem Leder umspannt zu fühlen. Im Sattel würde er den Unterschied noch deutlicher empfinden. Die Sohle würde nicht aus dem Steigbügel herausrutschen und das glatte Leder würde am Pferdebauch nicht scheuern. Darek schaute zu Mischa hinüber. Er hatte auch kein ideales Schuhwerk zum Reiten, meistens ritt er in ganz gewöhnlichen Turnschuhen.
»Darf ich sie auch Mischa leihen?«
»Sie gehören dir. Mach mit ihnen, was
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