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Orangentage

Orangentage

Titel: Orangentage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iva Procházková
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jagte ihr Angst ein. Einmal, als sie noch klein war, hatte sie den Plastikesel I-Ah auf die heiße Herdplatte gelegt. Bevor es Mutter gemerkt hatte und den rauchenden I-Ah auf den Hof schmiss, war er schon ganz verschmort. Seine Ohren waren zusammengebacken, er sah erbärmlich aus. Ema hatte lange um ihn geweint und von da an machte sie einen Bogen um den Herd.
    Darek sprang aus dem Bett und schwankte. Ihm wurde schwindelig. Wenn er sich nicht an der Tischplatte festgehalten hätte, wäre er hingefallen. Die Muskeln an den Oberschenkeln taten ihm weh, der Hintern und der Kopf auch, überall hatte er blaue Flecken und unter den Fingernägeln Dreck.
    Â»Woher kommt das?«, fragte Ema und berührte den Bluterguss an Dareks Hüfte.
    Er zuckte zurück. »Das hab ich dir doch schon gesagt. Kirke hat mich abgeworfen.«
    Â»Hast du geblutet?«
    Â»Nein.«
    Â»Ich habe gestern geblutet«, erinnerte sich Ema. »Oder vor … vorgestern. Aus der Nase.«
    Â»Weil du darin gebohrt hast. Und weil du immer barfuß gehst, hast du immer Schnupfen. Geh deine Schuhe holen!«, forderte Darek sie ungeduldig auf. Er fühlte sich wie auf glühenden Kohlen. Er musste schnellstmöglich erfahren, was mit der Stute war. Er öffnete das Fenster. Über die Baumkronen hinweg erkannte er das gelbe Dach des hinter der Kneipe geparkten Lieferwagens. Das Motorrad sah er nicht, aber das war nicht ausschlaggebend. Herr Mihule pflegte es nicht draußen stehen zu lassen, meist parkte er es im Lager. Darek stellte sich auf die Zehenspitzen und lehnte sich so weit es ging hinaus, aber das Einzige, was sein Blick erhaschte, war das geschlossene Scheunentor. Bis zur Weide oder zur Koppel konnte er nicht sehen.
    Er ging in den Flur und horchte. Aus der Küche kam kein Laut. Nur aus Emas Zimmer waren Geräusche zu hören, die ihr tapsiges Suchen nach den Schuhen verrieten. Leise drückte er die Klinke von Vaters Zimmertür. Das Bett unter der schrägen Decke gegenüber der Tür war leer. Das Kissen unangetastet, die Bettdecke über der Matratze glatt gezogen. Entweder war Vater noch nicht zurückgekommen, oder er war auf der Koppel. Darek lief in sein Zimmer zurück, zog sich schnell an und eilte die Treppe hinunter. Im Flur vor dem Bad stolperte er über Emas Schuhe.
    Â»Hier hast du deine Latschen!«, rief er und warf sie hoch über das Geländer. Dann trat er nach draußen. Die Lampe über dem Eingang brannte, er hatte vergessen, sie auszuschalten. Das weiße Licht zeichnete eine schwach abgegrenzte Landkarte an die Wand. Das war ein sicheres Zeichen dafür, dass Vater noch nicht zurück war. Er hätte die Energieverschwendung sicher bemerkt und das Licht ausgemacht. Darek schaute trotzdem im Schuppen nach, lief kurz zur Weide, ging in die Scheune. Die Pferde weideten gelassen, gaben durch nichts zu verstehen, dass ihnen Kirke fehlte. Krokant trat in seiner Box auf der Stelle und als Darek ihm einen Armvoll Heu hinwarf, machte er sich gleich darüber her. Er sah quietschfidel aus, das linke Vorderbein gestreckt, den Huf fest am Boden aufgesetzt. Darek streichelte ihn am Hals, brachte ihm frisches Wasser und kehrte ins Haus zurück.
    Â»Gib den Hühnern Futter!«, befahl er Ema. »Ich mache in der Zeit Frühstück.«
    Ema, immer noch im Pyjama, lief auf ihre ungelenke Weise zum Hühnerstall. Als er an der offenen Wohnzimmertür vorbeiging, fiel sein Blick auf das Telefon. Vater konnte man nicht anrufen, er benutzte im Rahmen der Sparmaßnahmen sein Handy schon lange nicht mehr. Herr Mihule aber schon, er trug seins meistens um den Hals. Darek suchte im Notizbuch seine Nummer und wählte sie schnell.
    Â»Hallo?«, ertönte nach längerem Klingeln die Stimme von Herrn Mihule. Sie kam wie von weit her.
    Â»Ich bin’s, Darek. Ich wollte nur fragen, ob …« Im Hintergrund waren Rufe und Lärm zu hören. »Braucht ihr etwas? Soll ich kommen?«
    Herr Mihule schlug sein Angebot sofort aus. »Ich wüsste nicht, wozu.«
    Â»Seid ihr immer noch am Bach?«
    Â»Ja, sind wir.«
    Â»Die Feuerwehr auch?«
    Â»Sie fahren gerade weg«, antwortete Herr Mihule. »Sie haben sie schon herausgezogen.«
    Â»Ist sie in Ordnung?«, fragte Darek mit angehaltenem Atem.
    Â»Die Beine hat sie sich nicht gebrochen, aber vorne, an der Brust, hat sie eine hässliche Wunde.«
    Â»Wie

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