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Orangentage

Orangentage

Titel: Orangentage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iva Procházková
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hässlich?«
    Â»Wirst du noch sehen.« Herr Mihule sprach ungeduldig. »Hör mal, ich hab jetzt keine Zeit, mit dir zu quatschen!«
    Â»Sagen Sie mir nur, ob Sie denken … Wird sie wieder gesund?«
    Â»Wird sich zeigen. Der Arzt hat ihr ein Beruhigungsmittel gegeben, sie versorgt und jetzt kommt sie langsam zu sich.«
    Â»Wird sie wieder gesund?«, wiederholte Darek. Er wusste, dass er sich kindisch benahm, aber er musste eine Antwort haben. Am anderen Ende war eine Weile nur das Plätschern des Wassers zu hören und entfernte, unverständliche Männerstimmen. Endlich sprach Herr Mihule wieder.
    Â»Wenn du meine Meinung hören willst«, sagte er und Darek konnte die Müdigkeit der gesamten durchwachten Nacht in seiner Stimme hören, »die Stute hatte verdammtes Glück. Und du auch. Ich denke, sie wird schon wieder.« Damit beendete Herr Mihule das Gespräch.
    Darek schlug vor lauter Erleichterung mit der Faust gegen die Wand und zog eine Grimasse. Er lief ins Bad. Während er sich die Hände einseifte und versuchte, den Dreck unter den Fingernägeln wegzubekommen, sah er sich im Spiegel an. Um seinen Haaransatz zog sich eine Spur von getrocknetem Schweiß und Schmutz, an der Schläfe hatte er eine zackige Schramme und an der Stirn trat eine bläuliche Beule hervor, das waren aber nicht die einzigen Neuheiten, die er bemerkte. Als er sich selbst in die Augen blickte, entdeckte er etwas, das gestern noch nicht da gewesen war. Oder war etwas verschwunden?
    Sein Blick betrachtete forschend den jungen Mann im Spiegel. Er kam sich erwachsener vor. Als hätte er ein länglicheres, schmaleres Gesicht. Eine resolute Linie um den Mund. Er versuchte zu lächeln – die Wangen wurden breit, aber die Ernsthaftigkeit in den Augen blieb. Er wüsste gern, wie Hanka ihn sah. Sie kannten einander von Kind auf, kleinere Intervalle ausgenommen, wenn der eine oder andere krank beziehungsweise auf Ferienreise war. Ansonsten sahen sie sich ständig. War Hanka überhaupt imstande, zu bemerken, dass er jeden Tag, jede Stunde ein anderer war? Und nahm er ihre Veränderungen wahr? Gestern Nachmittag, als sie zusammen auf den Strohballen saßen und sich küssten, war es eine andere Hanka als die, die in Abgase gehüllt mit Roman-Romeo abdampfte, und auch eine vollkommen andere als die, die ein paar Stunden später um Waliserin herumhüpfte und sie in das Gehege manövrierte. »Ich denke an dich«, versprach sie ihm, als sie abends heimging. »Ich werde dich telepathisch unterstützen und alles wird gut, du wirst sehen. Hab keine Angst, es wird keine Katastrophe geben!«
    Er hörte auf, sich im Spiegel zu betrachten, ging in die Küche und begann, das Frühstück zu richten. Vielleicht sind die Bienen davongeflogen, dachte er, als er das Honigglas öffnete. Im Vergleich zu dem gesamten Ereignis kam ihm das jedoch wie eine Lappalie vor. Eine Nachricht, die maximal für den örtlichen Rundfunk geeignet war. Er konnte geradezu die hohe Stimme von Frau Smekalova, der stellvertretenden Bürgermeisterin, aus dem Lautsprecher vor dem Dorfladen gellen hören: Es wurde uns gemeldet, dass infolge eines Unfalls Herrn Lysko, wohnhaft in Haus Nummer achtundzwanzig, ein großer Bienenschwarm weggeflogen ist. Wer ihn sichtet, ist aufgefordert, unverzüglich den Besitzer zu benachrichtigen …
    Bienenschwärme, die abhauen, fliegen immer nach Süden, das heißt, dass sie irgendwo im Kirschgarten oberhalb des FORTSCHRITTS oder vielleicht schon am anderen Ufer des Flusses waren. Wenn es nicht gelang, sie abzufangen, würde Darek mit Vater ausmachen, dass er ihm, sobald er eigenes Geld hatte, einen neuen Schwarm kaufen würde. Wie viel konnte so ein Schwarm kosten?
    Er goss die Milch in den Topf und in dem Augenblick bemerkte er ein Papier, das mit einem Magneten an der Seite des Kühlschrankes befestigt war. Es war schmuddelig und geknickt, als hätte es jemand zerknüllt und wieder glatt gestrichen. Im ersten Augenblick dachte Darek, es sei ein Bild von Ema. Er schaute genauer hin und erstarrte. Es war nicht Emas Bild. Unter dem Briefkopf des Familienzentrums stand in fett gedruckten Buchstaben Besuchstermin und in der nächsten Zeile der Name der Referentin mit Datum und Uhrzeit des angeordneten Treffens. Darek musste das Schreiben nicht näher studieren, um zu sehen, dass das heutige Datum draufstand.
    Wie hatte

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