Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Orangentage

Orangentage

Titel: Orangentage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iva Procházková
Vom Netzwerk:
immer, an mir zu zweifeln.
    Â»Hast du etwas gekauft?«, fragt der Sicherheitsmann. Auf der schwarzen Uniform hat er ein Namensschild, auf dem Namensschild steht sein Name: Boris Krassov. »Hast du etwas aus diesem Laden bei dir?«
    Ich schüttele den Kopf. Forschend wandert sein Blick an mir entlang.
    Â»Kannst du deine Taschen leeren?«
    Ich werde immer röter. Ich ziehe den Rest der Mandeln aus der Tasche, ein Taschentuch, ein paar Lagerkugeln. Ich lege alles auf das Pult an der Kasse. Boris Krassov schaut sich die Sachen an, dann packt er mich an der Kapuze, er schaut hinein. Ich zucke weg.
    Â»Nicht so hastig!«, ermahnt er mich.
    Â»Fassen Sie mich nicht an«, sage ich. »Ich fasse Sie auch nicht an.«
    Â»Zieh die Jacke aus«, befiehlt er.
    Â»Wieso?« Ich habe überhaupt keine Lust die Jacke auszuziehen. Ich habe ein Werbeblättchen in der Innentasche, das ich vorhin in der Passage gefunden habe. Vorne ist eine Tänzerin in kurzem Röckchen aus bunten Schmetterlingen drauf. Sonst hat sie nichts an. Ich hatte vor, das Bild zu Hause allein für mich zu studieren, jetzt schäme ich mich dafür. Ich hab kein Interesse, dass dieser Boris Krassov es bei mir findet und zu den Mandeln und den anderen Sachen auf das Pult legt. Trotzig verschränke ich die Arme vor dem Körper. »Ich weiß nicht, warum ich meine Jacke ausziehen sollte!«
    Â»Weil ich es dir sage! Hörst du? Wird’s bald?«
    Ema fängt an, ein verknittertes Gesicht zu machen, also lasse ich den Trotz lieber. Ich habe Angst, dass sie zu heulen beginnt. Ich ziehe die Jacke aus und schmeiße sie dem Wachmann vor die Füße, um ihn zu erniedrigen. Er hebt sie ohne mit der Wimper zu zucken auf. Wahrscheinlich sind solche Auftritte nicht außergewöhnlich für ihn. Schweigend untersucht er alle Taschen. Natürlich entdeckt er die Tänzerin im Schmetterlingsröckchen. Bedeutungsvoll spitzt er die Lippen, sagt aber nichts. Ich muss noch auf seinen Befehl hin die Hosentaschen umdrehen, dann ist die Kontrolle zu Ende, ich kann meine Jacke wieder anziehen.
    Â»Jetzt du.« Er dreht sich zu Ema um. »Zeig, was du bei dir hast!«
    Â»Ich will aufs Klo«, sagt sie, das Gesicht verknittert wie eine Oma.
    Â»Zeigst du mir, was du in den Taschen hast?«
    Â»Auf-das-Klo«, antwortet Ema und verkreuzt ihre Beine.
    Â»Zeig mir erst die Taschen.«
    Emas Gesicht verzieht sich immer mehr – nur noch wenige Sekunden, bis sie zu heulen beginnt. Da sehe ich Mutter von der Buchhandlung kommen. Kaum hat sie uns mit dem Wachmann erblickt, wird sie schneller.
    Â»Was ist los?«
    Â»Ema muss aufs Klo, aber er will, dass sie ihm die Taschen zeigt«, sage ich leise, weil sich ein kleiner Pulk von Leuten um uns versammelt hat.
    Â»Taschen?«, fragt Mutter. »Wieso?«
    Â»Der Detektorrahmen hat angeschlagen«, erklärt der Mann. »Ich bin verpflichtet, eine Kontrolle durchzuführen.«
    Ich sehe Mutter die Verlegenheit an. Sie glaubt nicht, dass wir etwas geklaut haben, aber sie will sich mit Boris Krassov nicht anlegen. Seine schwarze Uniform, die strengen Augen und schließlich auch sein Name ermuntern nicht unbedingt zu Diskussionen. Vor allem deuten Emas verkreuzte Beine darauf hin, dass es eilt.
    Â»Also komm«, sagt Mutter mit der leisen, beschwichtigenden Stimme, die Ema immer beruhigt. »Wir zeigen dem Herrn die Taschen und gehen dann zur Toilette.«
    Sie beugt sich vor und steckt die Hände in Emas Jackentaschen. Aus der linken zieht sie einen angebissenen Lebkuchen heraus, aus der rechten ein kleines Päckchen.
    Â»Was ist das? Wo hast du das her?«
    Mutter starrt das Päckchen verdutzt an. Sie versteht nichts. Ich habe es schon gecheckt.
    Â»Das sind Karten«, erkläre ich und schaue mich um. Hugo sehe ich natürlich nirgends.
    Â»Magic: The Gathering«, buchstabiert Mutter verständnislos in unauslöschlichem schlesischem Akzent. Dann blickt sie Ema an. »Gefällt es dir? Wolltest du dir die Bilder angucken?«
    Ema schüttelt den Kopf.
    Â»Nein? Und kannst du mir erklären, wie die Karten in deine Tasche gekommen sind?«, fragt Mutter sie weiter aus. Ema zuckt mit den Achseln, schweigt. Stattdessen ergreift Boris Krassov das Wort.
    Â»Das ist nicht schwer zu erraten«, bemerkt er in schnippischem Ton. In seinen strengen Augen blitzt Genugtuung. »Solche kleinen Diebe sind mir schon öfter

Weitere Kostenlose Bücher