Orchideenhaus
traurig, hat aber ein Happy End. Das verspreche ich.«
»Verstehe. Sag es mir.«
Harry umschloss ihre Hände mit den seinen. »Ich werde dir mehr über mich verraten.«
Lidia nickte ängstlich. »Okay.«
»In England bin ich der Sohn eines Lords, so etwas Ähnliches wie ein thailändischer Prinz.«
Sie bekam große Augen. »Du bist aus Königshaus?«
»Nein, aber meine Familie hat vor vielen hundert Jahren für ihre Tapferkeit und treuen Dienste vom König ein Anwesen und einen Titel erhalten. In dem Teil von England, aus dem ich komme, besitzen wir ein prächtiges Haus, und viele Leute arbeiten für uns und bestellen das Land.«
Sie nickte. »Du bist also adlig.«
»Genau. Und wenn mein Vater stirbt, muss ich als sein einziger Sohn die Verantwortung für alles übernehmen.«
»Ich verstehe.«
»Ich wollte das nie, wurde jedoch nun mal in diese Familie hineingeboren. Bis vor Kurzem habe ich noch hingenommen, dass ich meine Pflicht erfüllen muss.«
»Familie ist alles«, meinte sie.
»Ja, das stimmt, und« – er strich Lidia übers Haar – »es stimmt nicht. In meiner Zeit in Changi hat sich für mich so vieles geändert. Ich weiß jetzt, dass das Leben kurz ist und sehr schnell zu Ende sein kann. Wir müssen das Beste aus den besonderen Dingen machen, die uns begegnen. Und ich bin dir begegnet.« Er sah sie an. »Hast du dich von deiner Mutter und deinen Geschwistern auch meinetwegen verabschiedet? «
»Ja«, antwortete sie, ohne zu zögern. »Natürlich.«
»In einer Woche werde ich das Gleiche tun müssen. Ich kehre nach England zurück und teile meiner Familie mit, dass ich nicht länger bereit bin, die Pflichten, die mein Erbe mit sich bringt, zu erfüllen; dass ich mich in Thailand in eine Frau verliebt habe, mit der ich den Rest meines Lebens verbringen möchte.«
Als er ihren ängstlichen Blick sah, beruhigte Harry sie. »Ich werde höchstens drei Monate weg sein.«
Lidia schwieg einige Sekunden, in denen ihre Miene von Angst zu Trauer, plötzlicher Freude und schließlich Unsicherheit wechselte, bevor sie sagte: »Harry, du musst genau nachdenken. Heimat, Familie und Zuhause aufgeben, ist eine große Entscheidung, das weiß ich. Vielleicht willst du am Ende in England bleiben.«
»Keine Sorge. Ich kann ohne dich nicht leben.«
»Soll ich nach England kommen?«, schlug sie vor.
Harry schüttelte den Kopf. »Liebes, dort würdest du eingehen. Du bist eine … «, er suchte nach dem richtigen Ausdruck, »… eine Treibhausblume und kannst nur in der Wärme Thailands erblühen. Ich würde dich nie darum bitten, deine Heimat für mich zu opfern.«
»Aber du willst es für mich tun?«
Harry versuchte, es ihr zu erklären. »Für mich ist das etwas anderes. Ich bin seit vier Jahren in Asien, an das Klima und die Menschen gewöhnt. Es ist kein Opfer, sondern das, was ich mir wünsche: hier bei dir sein, dich eines Tages heiraten, wenn du mich willst, und unsere Kinder in ihrer Heimat aufwachsen sehen. Das möchtest du doch auch, oder?«
»Ja, aber … es ist trotzdem großes Opfer, das du für mich bringst.«
»Liebes, wir gehören zusammen. Und ich kann mich viel leichter in deine Welt einfügen, als du es in meine könntest.«
»Dann musst du nach Hause fahren. Und ich warte, bis du wiederkommst.«
Harry drückte sie noch fester an sich und küsste sie.
»Ich komme zurück«, versprach er ihr und wölbte die Hände um ihr Gesicht.
»Ich glaube dir, weil ich muss«, sagte sie seufzend. »Aber erzähl
von deinem Leben in England. Ich möchte hören, wer du bist.«
Harry erfüllte ihr den Wunsch. Die Arme um sie geschlungen, berichtete er von seinen Eltern und von seinem Land. Er beschrieb die eisigen Winde, die einem im Winter in die Knochen fuhren, und die seltenen lauen Sommerabende, für die es wert war, die kalten Monate zu ertragen. Er erzählte ihr von seiner Schule, vom Militär und wie sehr er es gehasst hatte.
Olivia erwähnte er nicht.
Lidias Augen wurden immer größer. »Vielleicht kannst du mich einmal mitnehmen und mir Gewächshaus von deiner Mutter und die schönen Blumen darin zeigen. Hat sie Orchideen? «, fragte Lidia.
»Nein, ich glaube nicht.«
»Dann schicke ich ihr, wenn du zu Hause bist, ein Geschenk aus Orchideen. Sag ihr, dass sie von mir sind.«
»Ich liebe dich so sehr …« Er begann, sie zu entkleiden.
Kurz vor Tagesanbruch stand Lidia auf und gab ihm einen sanften Kuss.
»Harry, ich muss gehen.«
»Natürlich.« Er küsste sie noch einmal
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