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Orchideenhaus

Orchideenhaus

Titel: Orchideenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Riley
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tausend Kilometer entfernt durcheinandergebracht hatte.
    »Wo bist du, Lidia?«, fragte er und legte das Foto auf das Nachtkästchen.
    Nachdem er geduscht und sich umgezogen hatte, lockte Musik ihn in die Bamboo Bar. Er bestellte ein Bier und lauschte dem Jazztrio, das dort spielte. Eigentlich war das nicht seine Musikrichtung – er mochte Vera Lynn und Klassik lieber –, aber in der Bar herrschte eine so beschwingte Atmosphäre, dass seine Laune sich sofort besserte. Er versuchte sich vorzustellen, wie Seine Lordschaft fröhlich, sorgenfrei und frisch verliebt hier spielte.… Es fiel ihm schwer, weil ihm immer wieder die ernsten Gesichtszüge des jungen Mannes in den Sinn kamen, auf dessen Schultern die Last der Welt lag.
    Als eine junge Thaifrau ihn fragte, ob sie sich zu ihm setzen dürfe, nickte er, ohne sie wirklich wahrzunehmen. Sie bestellte eine Coca-Cola und begann in stockendem Englisch ein Gespräch mit ihm. Da er vermutete, dass sie auf ihren Begleiter
wartete, beantwortete er ihre Fragen. Erst zwanzig Minuten später – sie war inzwischen näher gerückt, und er spürte, wie ihr Oberschenkel sich gegen den seinen drückte – fiel der Groschen. Bill geriet in Panik und winkte den Kellner heran, um zu zahlen. Die junge Frau bedachte Bill mit einem finsteren, enttäuschten Blick, als er aus der Bar eilte.
    Bill erreichte sein Zimmer schwer atmend. Obwohl er sich nichts vorzuwerfen hatte, wurde ihm himmelangst bei der Vorstellung, dass Elsie ihn in Gesellschaft einer anderen Frau hätte sehen können. Für ihn gab es keine anderen Frauen, und er verstand auch den Reiz der Asiatinnen nicht. Kameraden hatten sich nach ihrer Entlassung sofort in die Freudenhäuser von Singapur gestürzt, während er nur an seine Elsie mit den großen braunen Augen, der sommersprossigen Nase und dem molligen Körper denken konnte, die zu Hause geduldig auf ihn wartete.
    Bill zog sich aus und schlüpfte ins Bett.Vielleicht besaßen er und Elsie weder das Geld noch den Komfort des Landadels, für den sie arbeiteten, aber offenbar war ihnen etwas vergönnt, das man seltener fand als eine schwarze Orchidee: die wahre Liebe.
     
    Am nächsten Morgen erwartete ihn ein weiterer schwüler, stickiger Tag. Bill atmete gierig die kühlere Luft unter den Deckenventilatoren der Krankenhausaufnahme ein, während die Angestellten ihre Aufnahmeunterlagen nach Lidias Namen durchforsteten, ihr Foto betrachteten und schließlich den Kopf schüttelten.
    Bills Suche führte ihn tiefer in die Stadt hinein, weg von der eleganten kolonialen Architektur rund um das Oriental Hotel und das Flussufer. Bei seinen tuk-tuk -Fahrten von Klinik zu Klinik sah Bill bunt bemalte Tempel mit Mönchen, die
im Morgengrauen barfuß die schmutzigen Straßen entlangwanderten, Schalen in der Hand, damit die Einheimischen sie mit Reis füllten. Des Weiteren obdachlose Menschen mit verkrüppelten Gliedern, Frauen mit kleinen Kindern, die in der Gosse bettelten, in den ausgezehrten Gesichtern ein Ausdruck der Verzweiflung. Einer solchen Armut war Bill noch nirgends begegnet. Er begriff, dass das Leben dieser armen Leute, obwohl sie sich frei bewegen konnten, nicht viel besser war als das seine in Changi.
    Je mehr Bill sah, desto mehr sehnte er sich nach der Behaglichkeit und relativen Sicherheit seines Daseins und seines Zuhauses in Wharton Park. Ihm wurde immer klarer, wie glücklich er sich schätzen konnte.
    Am Ende des Tages hatte Bill alle Krankenhäuser der Stadt abgeklappert, jedoch ohne Erfolg. Er kehrte müde und demoralisiert ins Hotel zurück, weil er nicht wusste, wo er die Suche nach Lidia am nächsten Tag fortsetzen sollte. Als er seinen Schlüssel an der Rezeption abholte, trat Giselle zu ihm, um mit ihm zu sprechen.
    »Sie haben sie nicht gefunden.«
    »Richtig«, seufzte Bill. »Und ich habe keine Ahnung, wo ich als Nächstes suchen soll. Hätten Sie einen Vorschlag?«
    »Sie könnten es in dem Viertel probieren, in dem Lidia gewohnt hat, bevor ihre Familie nach Japan umsiedelte und sie ins Hotel. Möglicherweise ist sie dorthin zurückgekehrt.«
    »Einen Versuch wäre es wert«, meinte Bill.
    »Ich gebe Ihnen ihre alte Adresse. Zeigen Sie ihr Foto den Nachbarn und Straßenverkäufern … Vielleicht hat jemand sie gesehen …« Giselle verstummte. Sie wussten beide, dass die Chancen schlecht standen.
    Bill kratzte sich den schmerzenden Kopf. »Ich verstehe bloß nicht, warum sie keine Nachricht mit ihrer Adresse für
Seine Lordschaft hinterlassen hat.

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