Orcs ante Portas
Audienzen nicht belauschen. Wenigstens komme ich nah genug, um herauszufinden, was er plant. Und seine Pläne sprechen von einer schnellen Invasion, davon kannst du ausgehen. Ich habe gesehen, dass er seine Truppen aufmarschieren lässt und massenhaft Drachen zusammenzieht.«
»Und warum zweifeln sie deine Erkenntnisse an?«
Lisutaris zuckt mit den Schultern und nimmt einen blubbernden Zug aus ihrer Pfeife. »Den vor allem Alten Hasius und angeblichen Brillantinius hat es immer schon gewurmt, dass ich zur Oberhexenmeisterin der Zaubererinnung gewählt wurde. Der Neid trübt sein Urteilsvermögen. Neid – und seine Senilität. Es wird allerhöchste Zeit, dass sie ihn endlich pensionieren. Und was Lahmius angeht … Wer weiß? Der Sicherheitsdienst des Palastes hat schon immer seine eigenen Interessen verfolgt. Sein Chef Rhizinius war mir noch nie freundlich gesonnen. Beide zusammen erweisen sich als ein Problem. Es wird allerhöchste Zeit, dass die Stadt Vorbereitungen trifft und Allianzen schließt, aber nicht Haarspaltereien über die genaue Bedeutung dessen betreibt, was ich im Osten gesehen habe. Natürlich wird dieser Lümmel Ovinian der Wahre die Zweifel der Zauberer im Palast verbreiten. Dieser Mann ist ein Knallkopf. Wie er es jemals zum Obersten Magischen Berater des Königs bringen konnte, ist mir schleierhaft.«
Ich habe Verständnis für ihre Verärgerung. »So geht es in dieser Stadt sehr häufig zu. Fähige Männer werden zugunsten derer übergangen, die sich auf Schmeicheleien verstehen. Nimm nur mich als Beispiel. Ich wurde von meinem Job im Palast entbunden. Dabei war ich der einzige kompetente Ermittler, den sie hatten.«
»Du hast dich bei Rhizinius’ Hochzeit sinnlos betrunken und seine Braut niederträchtigst beleidigt«, erklärt Lisutaris liebenswürdig. »Und zwar nachdem du Rhizinius beschimpft hast. Was du, wie ich mich erinnere, gemacht hast, unmittelbar nachdem du Prätor Raffius verhöhnt hast.«
»Und was hast du da gemacht? Buch geführt? Diese Leute verdienten es, beleidigt zu werden. Kein Wunder, dass ich dem Trunke verfallen bin. Übrigens, gibt es hier zufällig ein Glas Wein?«
Lisutaris überhört meine Bitte, weil sie zu sehr damit beschäftigt ist, über Ovinian herzuziehen: »Er hatte doch tatsächlich die Frechheit zu unterstellen, dass mein Urteilsvermögen umwölkt sein könnte, weil ich mich über Herminis ärgerte. Als wenn ich zulassen würde, dass meine Kriegspflichten durch eine innenpolitische Angelegenheit beeinflusst würden!«
Ich frage mich, ob Lisutaris mir jetzt einen Vortrag über Herminis hält. Ich habe bereits mehrere ermüdende Monologe von Makri zu diesem Thema über mich ergehen lassen müssen. Herminis ist die Frau eines Senators, das heißt, sie war seine Frau bis vor einigen Monaten. Jetzt ist sie seine Witwe. Weil sie ihm seinen eigenen Dolch in den Rücken gerammt hat. Vor Gericht hat sie behauptet, ihr Gatte hätte sie in den ganzen zehn Jahren ihrer Ehe brutal missbraucht. Das Gericht befand, dass dies keine angemessene Verteidigung für eine Mordanklage wäre, was rein juristisch auch stimmt, und hat sie zum Tode verurteilt. Im Moment schmachtet sie in einer Zelle und wartet auf ihre Exekution. Was Makri besonders ergrimmt, und vermutlich auch Lisutaris, ist, dass man im umgekehrten Fall, wenn also der Senator seine Frau erdolcht hätte, dem Mann ermöglicht hätte, ins Exil zu gehen. Nur in höchst seltenen Fällen verweigert man Angehörigen der herrschenden Klasse von Turai die Chance, die Stadt vor ihrer Exekution zu verlassen. Diese Möglichkeit hat man Herminis jedoch nicht gewährt. Das mag zwar hart für die Lady sein, aber so läuft es in Turai eben. Ich habe keine Ahnung, warum Makri mich deswegen unbedingt beschimpfen muss. Weil ich fürchte, dass Lisutaris sich jetzt ebenfalls auf mich stürzt, frage ich sie rasch, wie weit die Verhandlungen mit unseren potenziellen Verbündeten gediehen sind.
»Glücklicherweise ziemlich weit. Wir haben Boten im ganzen Weiten Westen ausgesandt und stehen auch im Kontakt mit den Elfeninseln.«
Es ist schon eine merkwürdige Vorstellung, hier in diesem friedlichen Raum zu sitzen und Thazis zu rauchen, während im ganzen Weiten Westen die ersten Vorbereitungen getroffen werden, eine gewaltige Armee auszuheben.
»Was für eine Streitmacht kann Prinz Amrag denn aufstellen?«
»Das ist schwer zu sagen. Er hat erst seit kurzer Zeit die Oberhoheit errungen. Aber meinen Beobachtungen zufolge scheint
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