Orcs ante Portas
Ich kämpfe mich zur Rückseite des Hauses durch, während ich von wütenden Dienstboten umschwärmt werde. Wir waten durch einen wirklich erstaunlich luxuriösen Teppich. In diesem Haus stinkt es geradezu nach Geld. An den Wänden hängen Elfengobelins, und das Mobiliar, geschmackvoll arrangiert und nicht zu aufdringlich, ist sehr alt, stammt meist von den Elfeninseln und ist mit Sicherheit sagenhaft teuer. Lisutaris ist eine der sehr wenigen Zauberer, die aus dem allerhöchsten Hochadel Turais abstammen. Sie hockt auf einem unermesslichen Vermögen, das sie in aller Ruhe verplempern kann.
Plötzlich kühlt die Luft um mich herum ab. Ich werde von einer mächtigen Kraft gepackt, die mich vorübergehend lähmt. Zwar trage ich ein sehr gutes Zauberschutzamulett, das die meiste Magie ablenkt, aber Lisutaris ist die Oberhexenmeisterin der Zaubererinnung und hat ein paar Sprüche drauf, die man nicht so ohne weiteres wegsteckt.
»Lisutaris!«, brülle ich. »Nimm diesen Bann von mir und lass mich rein! Ich weiß, dass du da drin nicht beschäftigt bist, sondern nur Thazis qualmst!«
Ich kämpfe gegen den Bann an und komme vorwärts, Zentimeter für Zentimeter.
»Ich gehe nicht weg. Lass mich rein, oder ich zertrümmere deine Tür!«
Der Bann löst sich, und ich werde vorwärts katapultiert. Die Tür schwingt genau im richtigen Moment auf, und ich lande wenig elegant auf dem Boden. Lisutaris sitzt auf einem Kissen aus Goldbrokat in ihrem Lieblingssessel und schaut mich herablassend an.
»Thraxas. Solltest du es jemals wagen, Hand an meine wirklich sehr teuren Türen zu legen, lasse ich deinen Bauch explodieren«, begrüßt sie mich. »Was führt dich überhaupt her? Ich bin zur Zeit ziemlich beschäftigt.«
Da Lisutaris erst wenige Minuten an ihrer Wasserpfeife gehangen hat, ist sie noch nicht zu berauscht. Aber dem süßlichen Aroma in dem Raum und Lisutaris’ eher schlaffer Miene nach zu urteilen ist sie nicht mehr allzu weit von ihrem Lieblingszustand entfernt. Sie packt für gewöhnlich so viel Thazis in ihre Pfeife, dass selbst ein Drache davon betäubt würde. Und sie ist auch die Frau, die einen neuen Zauberspruch geschaffen hat, damit Thazispflanzen schneller wachsen.
»Was mich hierher führt, Lisutaris, ist der Wunsch nach Wissen.«
»Ah. Hat Makri dich endlich so weit beschämt, dass du dich ebenfalls bilden willst?«
»Sehr amüsanter Gedanke, wirklich. Ich bin hier, weil ich herausfinden will, was los ist und wie viel Zeit ich noch habe, bevor ich auf dem Schlachtfeld aufkreuzen muss, und was du sonst noch über die bevorstehende Invasion weißt. Niemand aus der Regierung will mir auch nur ein Sterbenswörtchen darüber verraten. Und könntest du vielleicht mal einen Moment aufhören, an diesem Ding zu saugen?«
Ein unbeteiligter Zuschauer wäre vielleicht von meinem eher lässigen Ton Lisutaris gegenüber verblüfft. Immerhin ist sie die Oberhexenmeisterin der Zaubererinnung und, ganz zu schweigen, eine Aristokratin von reinstem Geblüt. Aber im vergangenen Jahr habe ich ihr einige ziemlich delikate Dienste erwiesen. Zum Beispiel habe ich dafür gesorgt, dass sie zur Oberhexenmeisterin der Zaubererinnung gewählt wurde, und zwar mehr oder weniger im Alleingang. Und erst diesen Sommer habe ich ihren Ruf gerettet, als ich ein sehr wichtiges magisches Juwel aufgespürt habe, das sie auf der Rennbahn durch ihre Achtlosigkeit verloren hatte. Außerdem habe ich sie rücklings auf dem Boden meines Büros liegen gesehen, als sie eine Überdosis Thazis intus hatte. Nach all diesen Vorfällen halte ich es nicht mehr für nötig, allzu formell zu sein.
»Man braucht etwas, um sich abzureagieren, wenn man Zeit mit all diesen Leuten verbracht hat. Harmonius ist ein fürchterlicher Langweiler, und sowohl Lahmius Sonnenfänger als auch der Alte Hasius Brillantinius bezweifeln die Genauigkeit meiner Beobachtungen.«
»Tatsächlich?«
Lahmius ist Oberhexer des Palastsicherheitsdienstes. Und der Alte Hasius ist Oberster Ermittlungszauberer im Justizdomizil.
Lisutaris wirkt plötzlich verärgert. »Tatsächlich. Es ist ein sehr schwieriges Unterfangen, in das Herz der orkischen Länder zu sehen, Thraxas. Obwohl mir der Grüne Stein zur Verfügung steht, und trotz all der Macht, die ich besitze, ist es mir beinahe unmöglich, ein klares Bild zu gewinnen. Die orkische Magiergilde hat sehr hart an ihrem eigenen Schutz gearbeitet. Ich kann keine Verbindung zu Prinz Amrag bekommen, und ich kann seine privaten
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