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Ordnung ist nur das halbe Leben

Ordnung ist nur das halbe Leben

Titel: Ordnung ist nur das halbe Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Flint
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mal vorwarnen.«
    Ich musste handeln. Da im Moment das Börsengeschäft wegen der ständigen Turbulenzen in Europa etwas unvorhersehbar geworden war, blieb mir nichts anders übrig. In der Mittagspause kaufte ich mir einen Tennisdress samt Schläger, und dann machte ich früher Feierabend. Höveler sagte ich nichts von meinen Plänen. Wenn es schiefgehen würde, würde er mich sowieso bald feuern.

9
    Um Viertel nach fünf war ich vor dem Tennisclub, und auf einmal erschien mir mein Plan überhaupt nicht mehr gut. Oder anders gesagt: Er erschien mir wie der allergrößte Schwachsinn. Vor allem weil ich eigentlich gar keinen Plan hatte. Ich ließ mir viel Zeit, meine Tasche mit dem brandneuen Schläger aus dem Kofferraum zu holen. Ich hatte keine Ahnung, ob jemand am Eingang des Vereinshauses sitzen und Ausweise kontrollieren würde, oder was man sonst tun musste, um dort hineinzugelangen. Vielleicht wäre es das Beste, wenn ich einfach hier draußen warten würde, bis Ursula Reinhardt käme. Wenn ich nur wüsste, was für ein Auto sie fährt, dann könnte ich ihr in den Weg laufen! Oder ihr aus Versehen eine Delle ins Auto fahren. Oder so.
    Mannometer. Ich war total durcheinander! Was war nur mit mir los? Sonst war Pläneschmieden meine große Stärke, nur leider fiel mir jetzt überhaupt nichts Sinnvolles ein. Das lag vielleicht daran, dass meine Pläne bisher immer moralisch einwandfrei gewesen waren. Verflixt, ich hatte ja nun wirklich nicht ahnen können, dass es so kompliziert werden würde, skrupellos zu sein.
    Ich nestelte in meiner Tasche und tat so, als ob ich irgendwas ordnete. In dem Moment fuhr ein nachtblauer 7er- BMW mit wummerndem Motor und viel Schwung in die Parklücke neben mir. Ein junger Mann sprang aus dem Wagen. Er trug eine zerbeulte Jogginghose, Baseballkappe und einen schwarzen Kapuzenpullover und holte einen ausgefransten Seesack mit seinen Schlägern vom Rücksitz. Ich fühlte mich in meinem weißen Outfit total overdressed, und mir schwante, dass jeder sofort sah, dass ich Tennis nur aus der Klischeewerbung kannte.
    Mit einem Blick checkte mich der junge Mann auch noch von oben bis unten ab. Ich zupfte an meinem Minirock. Zum Glück hatte ich wegen der kühlen siebzehn Grad wenigstens noch wadenlange Leggings drunter gezogen, sonst würde ich mich jetzt ganz nackt fühlen.
    »Hallo«, sagte er und lächelte. »Spielst du auch heute?«
    Was war das denn für ein komischer Typ? Er duzte mich, dabei schien er sogar noch ein paar Jahre älter zu sein.
    Aber vielleicht konnte er mir ja behilflich sein, schoss es mir durch den Kopf, und deswegen sagte ich so abgeklärt wie möglich: »Ich dachte, ich könnte mal wieder ein paar Bälle schlagen. Leider habe ich nicht dran gedacht, einen Platz zu reservieren.«
    »Komm einfach mit, dann sehen wir, was sich machen lässt.« Er grinste mich an.
    Ganz schön arrogant für jemanden, der unrasiert und nachlässig gekleidet war. Ich hatte ja absolut kein Verständnis für Leute, die ihr Auto mehr pflegten als sich selbst. Umgekehrt aber auch nicht. Alles, womit man sich präsentierte, sollte immer tadellos vorzeigbar sein.
    »Ich bin übrigens Lutz«, sagte er.
    »Moni Steckelbach.«
    »Hi, Moni.«
    Sein Grinsen hatte etwas Unverschämtes, und um nur ja keine falschen Signale zu setzen, strich ich mir mit der linken Hand die Haare so langsam aus dem Gesicht, dass auch ein Blinder meinen Verlobungsring sehen musste. Aber auf Lutz schien das Zeichen meiner festen Bindung keinen Eindruck zu machen. Er geleitete mich zum Eingang und hielt mir – immer noch lächelnd – die Tür auf, als ob er sogar Manieren hätte. Dann ging er zu einem Schwarzen Brett.
    »Mmhh«, murmelte er, als er den Aushang mit der Platzbelegung studierte. »In drei Wochen sind Vereinsmeisterschaften, da trainieren sie natürlich alle. Das sieht schlecht aus.« Er drehte sich wieder zu mir. Seine grauen Augen leuchteten, und er beugte sich näher zu mir, als er sagte: »Ich würde dich ja einladen …«
    »Ich bin verlobt!«, stieß ich empört hervor.
    Er lachte schallend. »Ich meinte, auf den Platz. Aber schon gut, ich wollte dir nicht zu nahe treten. Außerdem bin ich verabredet. Also dann, tschüs.« Und damit verschwand Lutz in der Umkleidekabine.
    Gut, das war jetzt vielleicht auch etwas blöd gewesen. Immerhin hatte er mir helfen wollen, und ich hatte ihn vergrault. Manchmal wünschte ich mir schon, ich könnte etwas lockerer sein. Saskia hatte mir ja mal gesagt, ich hätte

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