Ordnung ist nur das halbe Leben
Eifersucht gehört hätte. Vielleicht sollte ich das mal ändern. Mal sehen, was mein Verlobter dazu sagen würde, dass ich angebaggert worden war. Ja, genau. Das war eine gute Idee.
Auf dem Weg zum Auto holte ich wie zufällig die Visitenkarte von Dr. Lutz Altenhofen aus meiner Manteltasche. Als ich auf dem Beifahrersitz Platz genommen hatte, starrte ich demonstrativ darauf. Jens startete den Wagen. Ich schnippte mit dem Finger gegen die Karte, aber er reagierte immer noch nicht.
»Ach, die Visitenkarte von diesem Typen ist das«, rief ich, als wäre es mir gerade wieder eingefallen.
»Was für ein Typ?«, fragte er abgelenkt und schaute in den Seitenspiegel, um aus der Parklücke rauszufahren.
»Ach, die hat mir so ein Kerl gestern zugesteckt. Er wollte mich kennenlernen.« Im Vorbeifahren sah ich, dass wieder der rote Toyota in unserer Straße parkte. Auch die Frau saß wieder drin.
»Aha. Und was war das für ein Kerl?«, fragte Jens, immer noch viel zu desinteressiert. Deswegen ließ ich beiläufig fallen: »Irgend so ein Arzt.«
»Ein Arzt?«, rief er erschüttert und drehte sich zu mir um.
Na also, geht doch. Bei Ärzten wird auch der tumbste Mann argwöhnisch. Zu Recht! Ärzte sind auch heute noch der Inbegriff des Traummannes, gleich nach Prinz William, aber weil der ja mittlerweile unter der Haube war, galt er nicht mehr. Um Jens’ Eifersucht noch ein bisschen anzuheizen, bevor ich ihm dann wortreich versichern würde, dass ich nur an ihm und an niemandem sonst interessiert war, schwärmte ich: »Ja, ein junger Arzt. Erfolgreich. Sehr gut aussehend. Auf einer Skala von eins bis zehn fast eine neun.«
»Und welche Fachrichtung macht er?«
Äh, was hatte das denn jetzt damit zu tun? Na gut. Vielleicht würde er in einem popeligen Hausarzt keine Konkurrenz sehen. Deswegen sagte ich: »Er ist ein bekannter Herzspezialist.«
Jens stieg auf die Bremse und schwenkte in einem waghalsigen Manöver in eine Bushaltestelle ein und hielt an. Er sah mich mit weit aufgerissenen Augen an. Ich legte ihm die Hand auf das Bein und sagte lächelnd: »Mach dir keine Gedanken, mein Süßer, ich denke immer nur an …«
»Ruf ihn an, Moni!«, schrie Jens hysterisch. »Wenn man mal außerhalb der Sprechstunden eine Frage hat, dann ist es lebenswichtig, einen Arzt zu kennen. Und dann ein Herzspezialist! Mein Gott, das ist genial!«
Ach, du meine Güte. Warum kümmerte sich seine Familientherapeutin nicht mal um dieses Problem?
»Aber ich will ihn nicht anrufen«, maulte ich. »Er war viel zu aufdringlich!«
»Mein Gott, Moni! Jetzt denk doch nicht immer nur an dich! Denk auch mal an mich. So ein Arzt ist Gold wert! Besser als jede Lebensversicherung! Also tu mir den Gefallen und freunde uns mit ihm an!«
»Ich weiß nicht«, murrte ich.
»Moni, sei nicht egoistisch. Hier geht es um Leben und Tod !«
»Na gut, mal sehen, was ich tun kann. Und jetzt fahr weiter, sonst kommen wir noch zu spät zur Arbeit.«
»Du meine Güte, Steckelbach«, rief Ilja, als ich ihm beim Betreten unserer Büroetage im Flur begegnete. »Hat dir keiner gesagt, dass man beim Boule keinen Kopfball spielt?« Er lachte dreckig und betrachtete die Stelle an meiner linken Augenbraue, an der mich der Ball getroffen hatte. Sie war immer noch etwas geschwollen und changierte von Rot ins Blau.
Ich lächelte Ilja maliziös an. »Wenn ich dir den Bonus vor der Nase wegschnappe, wirst du sehen, dass es sich gelohnt hat.«
»Wenn du weiter so viel Mist baust, Steckelbach, wird das ja wohl nie passieren.«
Ich drehte mich um und ging in mein Büro. Der würde sich schon noch wundern. Wenn es denn mit Uschi Reinhardt klappte. Ich erledigte meine üblichen Aufgaben, bis der richtige Zeitpunkt für den Anruf gekommen war – nicht zu früh, um aufdringlich zu erscheinen, und nicht zu spät, um vergesslich zu wirken. Um elf Uhr fünfzehn – als Sören Nachschub für seinen Süßigkeitenvorrat einkaufen gegangen war – rief ich Uschi Reinhardt an. Ich erwischte sie tatsächlich persönlich.
»Geht es Ihnen wieder gut? Gott sei Dank«, rief sie. »Ja, Lutz hatte mir gestern noch Bescheid gegeben, dass alles glimpflich abgelaufen ist.« Und während ich noch überlegte, wie ich das Gespräch jetzt auf meinen Job bringen könnte, sagte sie auch schon: »Ich würde Ihnen als kleine Wiedergutmachung noch gerne etwas schicken. Wie kann ich Sie erreichen? Haben Sie eine Adresse?«
»Ja, natürlich«, sagte ich. »Am besten erreichen Sie mich bei der
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