Ordnung ist nur das halbe Leben
dann?« Ich richtete mich interessiert auf. »Mit meinen Eltern?«
»Ja, Eltern können einen großen Einfluss haben«, sagte Ellen.
Aber Saskia zuckte mit den Schultern. »Es sind auch nicht die Eltern. Er verträgt einfach nicht, dass du erfolgreicher bist als er. Das ist sein Problem.«
»Aber ich bin doch nicht erfolgreicher als er!«, gab ich empört zurück.
»Aber du verdienst mehr Geld. Mehr Geld gleich mehr Erfolg. Das ist eine einfache Rechnung.«
»Meinst du echt?«
»Na, überleg doch mal: Seit wann, meinst du, läuft es nicht mehr so gut? Seit der Verlobung, richtig?«
Ich nickte.
»Und wann hast du die neue Stelle bekommen?«
»Kurz vor der Verlobung habe ich die Zusage bekommen.«
»Na siehst du! Das passt doch!«
»Aber Jens ist doch nicht so«, widersprach Ellen.
»Alle Männer sind so, Schätzchen«, sagte Saskia. »Sie wollen ihre Macht behalten. Auch in der Beziehung.«
17
Jens’ Abreisetermin nach London rückte näher. Und er sendete mir keinerlei Signale, dass er mir jemals wieder verzeihen würde. Das machte mir Sorgen. Wenn ich sonst schon nicht gut schlafen konnte, wenn wir gestritten hatten, so wäre es furchtbar, nicht alles geklärt zu haben, bevor er wegfuhr.
Aber Ellen meinte, ich solle ihm etwas Zeit lassen. Er würde sich schon wieder einkriegen.
Ich war besonders nett zu ihm, kochte dauernd seine Lieblingsgerichte und half ihm beim Packen. Jens hatte sich zwei neue, superschicke Anzüge von Boss und maßgeschneiderte Schuhe gekauft. Ich wunderte mich ein bisschen, weil er ein Vermögen dafür ausgegeben haben musste.
»Glaubst du, du bist die Einzige, die sich Designerkleidung leisten kann?«, sagte er schnippisch, fügte dann aber versöhnlicher hinzu: »Ich bin im Financial District . Da muss ich mit den anderen mithalten können.«
Dafür hatte ich natürlich absolutes Verständnis. Sowieso hatte ich mir vorgenommen, durch vorbildliches Verhalten sein Vertrauen zurückzugewinnen. Der Abstand würde uns vielleicht wirklich guttun. Dann würde er erkennen, was er an mir hatte, und mir alles verzeihen. Hatte Ellen gesagt. Und wenn ich ihn dann Ende Mai in London besuchen kommen würde, würden wir uns in den Armen liegen, und alles wäre wie früher. Als Überraschung für ihn stellte ich heimlich ein Album mit Urlaubsbildern zusammen. Dazu kaufte ich eine kleine Schachtel mit Marzipanherzen und legte einen Brief mit hinein, in dem ich mich noch mal entschuldigte und ihm versicherte, dass es ein einmaliger Fehler gewesen sei und ich niemals mehr etwas machen würde, was ihn verletzte. Und dass ich ihn über alles liebte und sehr glücklich sei, wenn er mich am 21. Juli zur Frau nehmen würde.
Ich weinte, als ich diese Zeilen schrieb. Dann wickelte ich alles in ein Papier mit Rosen drauf und steckte das Päckchen am Tag vor der Abreise in sein Handgepäck. Dabei entdeckte ich hinter seiner Tasche noch ein Päckchen. Mintgrünes Papier, goldene Schleife, Douglasaufkleber. Oh, wie toll! Das war sicher ein Abschiedsgeschenk für mich! Das konnte nur eines bedeuten: Alles würde wieder gut werden.
An diesem Abend verführte ich ihn mit meinem La-Perla-Negligé, und wir schliefen ein letztes Mal miteinander. Am nächsten Morgen brachte ich ihn zum Flughafen.
»Wir sehen uns in vier Wochen in London«, sagte er vor der Schleuse mit den Sicherheitskontrollen.
»Ja. Ich freue mich schon, wenn wir uns wiedersehen«, sagte ich. »Und dann wird alles so, wie wir das geplant haben.«
»Pass auf dich auf«, sagte er. Er drehte sich um, aber ich hielt ihn auf.
»Warte«, rief ich und küsste ihn noch einmal. »Ich vermisse dich jetzt schon.« Eine Träne kullerte meine Wange hinunter.
Sehnsüchtig schaute ich ihm hinterher, als er zu den Sicherheitskontrollen ging. Ich beobachtete noch, wie er sich und sein Gepäck durchleuchten ließ, dann winkte er noch mal und ging. Mein Herz krampfte sich zusammen. Er wird sich sicher gleich noch mal per Handy melden, hoffte ich. Spätestens, wenn er mein Überraschungspaket finden würde!
Da fiel mir ein, dass er vergessen hatte, mir sein Abschiedsgeschenk zu geben. Da war es um meine Fassung endgültig geschehen, und ich schluchzte auf.
Noch zwei Stunden später, als ich bei Brautmoden Bilinsky bis zum Hals in weißem Taft steckte, musste ich weinen.
Tante Marianne nahm es als Zeichen der Rührung und wischte sich ebenfalls ein Tränchen aus dem Auge. »Ich finde es genauso schön wie du«, hauchte sie. »Was für ein
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