Ordnungszahl 120
Washington gehörte noch immer zu den bestverteidigten Städten der Welt. Tag und Nacht lauerten unfehlbare Radartaster auf anfliegende Fremdkörper.
Wir passierten die Radarkontrollen. Mein Pilot mußte den elektronischen Schlüssel in das Erkennungsgerät schieben, ehe er in das Luftsperrgebiet von Alexandria-Airport einfliegen durfte.
An den winzigen Bewegungen der Biosynth-Maske bemerkte ich, daß mein Kollege lächelte. Mir war nicht danach zumute. Mit einem immer stärker werdenden Gefühl des Unbehagens sah ich vor uns den riesigen Betonplatz auftauchen, auf dem zwei Geschwader der modernsten Orbit-Jäger zur Raumabwehr stationiert waren.
Diese Maschinen erreichten Bahnhöhen bis zu eintausendzweihundert Kilometer und waren für die Abwehr von ferngesteuerten, transkontinentalen Raketengeschossen bestimmt. Ihre Höchstgeschwindigkeit innerhalb der Atmosphäre lag bei dreißigfacher Überschallgeschwindigkeit, die beim Start in den freien Raum bis auf Fluchtgeschwindigkeit gesteigert werden konnte.
Als Oberst Glenn C. Permont mußte ich darüber Bescheid wissen, denn auf Grund meiner Papiere hatte ich als Geschwaderchef einer solchen Orbit-Jäger-Einheit fungiert. Offiziell war ich dem Oberkommando der taktischen Raumabwehr unterstellt gewesen. Auf dieser Dienststelle lagen auch meine Personalien.
Insoweit war alles hervorragend arrangiert. Fehlerquellen konnte es kaum geben, da die Männer der GWA exakt zu arbeiten pflegten. In der Personalabteilung des Oberkommandos hatte man bestimmt keine Ahnung, daß die Unterlagen über Oberst Permont eingeschmuggelt waren. In solchen Dingen war der Alte nicht zu übertreffen; das mußte ich ihm zugestehen.
Wir wurden von der Platzkontrolle noch dreimal angerufen, ehe unser Taxi weiterfliegen durfte. Nach einigen Augenblicken leuchtete die Bildfläche erneut auf. Die kühle Stimme eines Captains wies uns an:
»Lufttaxi CCW-1064-25, landen Sie vor dem Kontrollturm auf der mit dem Buchstaben ›P‹ bezeichneten Abstellpiste. Oberst Permont, bitte bereithalten zur Kontrolle. Ihre Maschine muß sofort wieder starten.«
Ich bestätigte. Mein Pilot flog auf den riesigen Betonturm zu, auf dem unzählige Radarantennen kreisten. Der Raumabwehrhafen von Alexandria gehörte zu jenen stark gesicherten Plätzen, die nicht einmal der Chef des Oberkommandos ohne vorherige Personenkontrolle betreten durfte.
Wir flogen über mächtige Hangars hinweg. Augenblicke später landete die Maschine sanft auf dem quadratischen Betonfeld, das für Privatmaschinen reserviert war.
Jeder mit einem Flugtaxi ankommende Offizier mußte hier die Maschine verlassen und die Kontrollen durchlaufen. Eine andere Möglichkeit gab es nicht.
»Verschwinden Sie sofort wieder«, sagte ich zu dem Piloten. »Verdecken Sie möglichst Ihr Gesicht, damit man die Maske nicht bemerkt. Drehen Sie sich um, ich muß mich jetzt demaskieren.«
Es tat mir leid, dem Mann die Anweisung geben zu müssen, aber laut Dienstvorschrift blieb mir keine andere Wahl.
Mit einem schnellen Griff löste ich die Biosynthfolie und verbarg sie in der Brusttasche. Ich wandte ihm den Rücken zu, damit er keinesfalls mein Gesicht erkennen konnte.
Die Schiebetür öffnete sich automatisch. Mit einem Satz sprang ich aus der Maschine. Die kleine Tür des Laderaumes glitt ebenfalls auf. Ein automatischer Greifer stellte meine Gepäckstücke auf den Boden. Als vor dem Piloten das rote Entladungslicht aufzuckte, heulte die Gasturbine auf. Sofort stieg der Schrauber wieder in die Luft.
Ich atmete erleichtert
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