Organic
Sonntag überhaupt bewegt hatte.
Er hatte vom Süßigkeitenautomat ein paar Schokoriegel mitgebracht, legte einen davon auf das Beistelltischchen neben Arthur Galloway und setzte sich neben ihn. Genauso hatte es seine Tochter mit irgendeinem Burger gemacht. Der alte Kerl hatte keinen Bissen davon genommen, bis sie gegangen war und eine der Reinigungskräfte das Essen wegräumen wollte. Leon lehnte sich zurück und wickelte seinen eigenen Schokoriegel aus.
Der Blick des alten Mannes irrte unruhig durch die Gegend. Das war Leon schon beim letzten Mal aufgefallen. Kein Problem. Das konnte er sein Leben lang machen, wenn er wollte.
„Ich mag lieber Snickers“, sagte Galloway plötzlich, ohne auf Leons Anwesenheit einzugehen.
Leon antwortete nicht. Stattdessen packte er ein Snickers aus und legte es auf das Tischchen. Dann griff er wieder nach seinem Mars Mandel und aß weiter. Ein paar Bissen später griff Galloway nach dem Snickers.
„Sie wollen nicht, dass ich Schokolade esse“, sagte er und stopfte sich die Hälfte des Schokoriegels in den Mund, als hätte er Angst, jemand könne ihn ihm wieder wegnehmen.
„Ganz schöne Nervensägen, was?“
Es kam Leon so vor, als lächelte Galloway ein ganz kleines bisschen. Seine Hände wanderten zu den Armlehnen und begannen darauf zu trommeln. Leon versuchte, nicht hinzusehen, aber die Finger des Alten faszinierten ihn. Sie hatten ihren ganz eigenen Rhythmus.
„Und Sie?“, fragte Leon leichthin, als würde er es nur so nebenbei fragen. „Kriegen Sie hier oft Besuch?“
„Gelegentlich.“ Das war’s, nicht mehr.
„Mein Kumpel kriegt gar keinen. Nicht mal seine eigenen Kinder kommen ihn besuchen“, meinte Leon und schielte zur Seite, um zu sehen, ob er damit etwas auslöste. „Sie meinen, sie könnten das Elend hier einfach nicht ertragen.“ Er wartete und sah weiter auf die Finger des alten Mannes. Die rechte Hand trommelte etwas anderes als die linke. „Mein Kumpel meint, das wäre ihm ganz recht, weil sie sowieso immer nur Geld wollen. Scheint ganz zufrieden zu sein, wenn er hier mal ein bisschen Ruhe und Frieden hat. Wissen Sie, was ich meine?“
Aber Galloway war längst ganz woanders. Leon spürte es. Er konnte einfach nicht zu dem Kerl vordringen.
Dann sah er auf Galloways Füße und merkte, dass der alte Mann mit beiden auf den Boden klopfte ... nein, nicht wirklich klopfte, er drückte ... ja, als würde er die Pedale eines Klaviers treten.
Der alte Fuchs!
Leon richtete seinen Blick wieder auf Galloways Finger. Der Alte spielte Klavier, wurde ihm klar.
Und er hörte Leon ganz bestimmt nicht zu. Leon beobachtete ihn noch ein bisschen länger, bis er die Gesten, den Rhythmus und die Bewegungen erkannte.
„Was spielen Sie denn da?“, fragte er dann.
Und ohne Zögern antwortete Galloway: „When You Wish Upon a Star.“
68. KAPITEL
Pensacola Beach, Florida
Eric hatte aus dem Bauch heraus gehandelt, nichts weiter. Und jetzt, während er zusah, wie seine Schwester mit ihrer 81 -jährigen Begleiterin eine Pizza teilte und die riesige weiße Katze über die Möbel kletterte, fragte er sich, was er eigentlich davon halten sollte. Vielleicht war es viel gefährlicher für Sabrina, hier bei ihm zu sein, als wenn er sie zurück nach Tallahassee schickte. Vielleicht war es besser, es mit der Polizei zu versuchen und zu hoffen, dass die ihr ihre Geschichte abnehmen würde. Sie klang ein bisschen verrückt und nicht völlig überzeugend. Aber eines wusste Eric ganz genau: Im Unterschied zu ihm könnte Sabrina niemals jemanden umbringen.
Mit der Fernbedienung des Fernsehers in der Hand lief er durch seine kleine Wohnung, zielte auf den Apparat in der Ecke und zappte durch die Programme. Eigentlich war es ein gutes Zeichen. Die Story war anscheinend nicht wichtig genug für die Nachrichten der überregionalen Fernsehstationen. Bei „Fox News“ blieb er schließlich hängen und saß auf seinem quietschenden Futon, dessen Geräusch die beiden Frauen aufhorchen ließ.
„Was ist? Hab die Wohnung möbliert gemietet“, erklärte er lächelnd. Die Frauen wandten sich wieder ihrer Pizza zu.
Er rieb sich die Augen und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. Es war viel kürzer als normal, und es fühlte sich immer noch ungewohnt an. Aber das gehörte zu seinem neuen Aussehen, seiner neuen Tarnung. Und genau das war der Grund, warum er Sabrina besser nicht bei sich behalten sollte. Aber er konnte sie ebenso wenig einfach wieder wegschicken.
Er war wie
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