Orgie im Mondschein
befahl mir
Carol, zu gehen und wegzubleiben, und die ganze Zeit lächelte diese Hexe über
ihre Schulter hinweg.«
»Was ist mit Page?« beharrte
ich.
»Julie lernte ihn irgendwo
kennen — ich weiß nicht, wo — , und er war ein paarmal da, als ich Carol
besuchte oder sie nach einem gemeinsam verbrachten Abend heimbrachte. Ich
konnte den Kerl nie leiden, und ich glaube, es ging ihm ebenso. Er und Julie —
ich hatte das Gefühl, daß sich da zwei gefunden hatten.«
»Wissen Sie Näheres über ihn?
Was er für einen Beruf hat und solche Dinge?«
»Ich habe nie danach gefragt.
Wir haben nie viel miteinander geredet. Ich hätte ihm doch nur ins Gesicht
gespuckt.«
»Sie wissen also gar nichts
über ihn?«
»Hören Sie zu, Holman «, sagte er gereizt, »nach dem, was Sally mir am
Telefon gesagt hat, arbeiten Sie für irgendeinen großen Film- und
Theateragenten, der Julie für talentiert hält, ja? Nun, ich kann Ihnen
jedenfalls eins sagen, Page können Sie bei der Sache beiseite
lassen . Wenn Julie mit diesem großen Agenten nichts zu tun haben möchte,
so ist das mit Sicherheit ihre eigene Absicht. Vielleicht sagen ihr die Dinge
so zu, wie sie liegen, oder sie ist zu sehr damit beschäftigt, ihre Krallen in
Page zu schlagen. Klar, er redet für sie, während sie weich und hilflos
dreinsehend dasitzt — das ist Bestandteil ihrer Technik.«
Er trank sein Glas leer und
stand abrupt auf. »Ich muß gehen, ich bin in zehn Minuten verabredet. Sally hat
mich gebeten, mit Ihnen zu sprechen, und das habe ich getan. Wenn Sie meinen
Rat hören wollen, so ist er ganz einfach. Lassen Sie alle anderen Leute bei der
Geschichte beiseite — nur Julie Marchant zählt.
Niemand, gar niemand kann dieses Frauenzimmer in irgendeiner Weise
beeinflussen.«
»Gingen Sie zu Carols
Beerdigung?« fragte ich.
In seinem Gesicht arbeitete es
kurz. »Beerdigung? Ich erfuhr von ihrem Tod erst sechs Wochen, nachdem es
passiert war. Sie glauben doch nicht etwa, diese Hexe von einer Schwester hätte
sich die Mühe gemacht, mir davon zu erzählen?« Er blickte auf Sally. »Ich finde
allein hinaus. Es tut mir leid, wenn ich den Mund zu weit aufgerissen habe,
aber allein der Gedanke an Julie bringt mich nach wie vor auf die Palme!« Er
sah mich an. »Wenn Sie halbwegs Ihren Grips beisammen haben, Holman , denken Sie daran, was ich gesagt habe. Sie haben
sich nur mit einem einzigen Problem auseinanderzusetzen — mit Julie Marchant . Und, Mann, das ist das größte Problem, mit dem
auseinanderzusetzen Sie in Ihrem Leben das Pech haben werden!«
Er verließ abrupt das Zimmer.
» Phhh !«
sagte Sally erschöpft. »Ich habe ein Gefühl, als ob ich gerade einen Hurrikan
überstanden hätte.«
»Und wie sagt Ihnen das Bild
zu, das er von Ihrer besten Freundin entworfen hat?«
»Zuerst war ich so wütend, daß
ich nahe daran war, ihm die Augen aus dem Kopf zu reißen, aber dann...« Sie
zögerte einen Augenblick. »Es ist mir schrecklich, es zugeben zu müssen, aber
ich habe ein furchtbar unsicheres Gefühl. Sie wissen schon — da fallen einem
kleine Dinge ein, kleine Dinge, die damals, als sie passierten, nicht viel
bedeuteten, aber wenn man sie vom Standpunkt eines anderen aus betrachtet, dann
kommt eins zum anderen.«
»Sie meinen also, daß Sie,
nachdem Sie Reinharts Schilderung von Julie Marchant gehört haben, denken, er könnte recht haben?«
»Es klingt so unloyal .« Sie grub einen Augenblick lang ihre Zähne in die
volle Unterlippe und biß unschlüssig darauf herum. »Ich weiß nicht recht. Ich
glaube, ich bin im Augenblick einfach verwirrt. Und ich dachte, Johnny würde
eine solch große Hilfe sein, was Linc Page
anbetrifft, und er hat uns praktisch nichts erzählt, was wir nicht schon
bereits wissen. Nicht wahr?«
»Er hat uns genau das
mitgeteilt, was wir vorher schon über Page wußten«, pflichtete ich bei. »Und
das ist ein großes, fettes Nichts.«
»Ich weiß nicht, was ich davon
halten soll.« Sie flimmerte ein paar Sekunden lang. »Was meinen Sie, Rick?«
»Ich meine, wir sollten noch
etwas trinken.« Ich stand von der Couch auf. »Ich werde uns etwas holen.«
»Das ist das beste Angebot des
Abends.« Sie zog eine Schnute. »Es war mir nicht klar, daß Ihre Assistentin
sein — ausschließlich arbeiten und in keiner Weise Freizeitgestaltung
bedeutet.«
»Jetzt ist Zeit für
Freizeitgestaltung, versicherte ich ihr. »Haben Sie was Bestimmtes vor?«
» Wieviel Uhr ist es?«
»Fast halb zehn. Warum?«
»Ich wollte nur
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