Orgie im Mondschein
Nerven.
Gehen Sie nur wieder schlafen.«
Die Tür schloß sich zögernd —
und ich ließ vier oder fünf Minuten verstreichen, bis ich auf Zehenspitzen zu
ihr hinüberschlich und meine Fingernägel über ihre Oberfläche gleiten ließ. Das
dadurch verursachte Geräusch zerrte selbst an meinen Nervenenden, und ich hatte
es gerade wieder zur Couch zurückgeschafft, bevor eine zitternde Stimme »Rick!«
schrie.
Diesmal flog die
Schlafzimmertür weit auf; ich hörte das Geräusch eiliger Schritte, und gleich
darauf landete etwas mit beträchtlicher Schwere auf meiner Brust.
»Rick!« blubberte sie erregt.
»Er ist in der Wohnung, irgendwo in der Wohnung — ich habe ihn gerade an der
Tür kratzen hören!«
»Das ist lediglich Ihre Einbildungskraft«,
sagte ich. »Gehen Sie zurück und schlafen Sie.«
»Ich bilde es mir nicht ein!«
wimmerte sie. »Sie müssen aufstehen und nachsehen.«
Ich seufzte schwer. »Was kann
man hier bloß tun, um zu ein bißchen Schlaf zu kommen?« Dann raffte ich mich auf,
knipste die Tischlampe an und untersuchte mit gewaltigem Aufwand den Rest des
Wohnzimmers, die Küche, das Badezimmer und den Eingangsflur.
»Niemand hier«, brummte ich
schließlich. »Es ist genau, wie ich sagte, Sie bilden sich das alles bloß ein.«
Ihr blasses Gesicht blickte
mich über die Rüdewand der Couch weg an, ihre Brauen
hatten etwas Verzweifeltes an sich, und ihr Mund zitterte. »Rick, tun Sie mir
einen Gefallen?«
»Was denn?«
»Gehen Sie für einen Augenblick
ins Schlafzimmer — bitte?«
»Okay.« Ich zuckte die
Schultern. »Aber beeilen Sie sich. Ja? Ich brauche meinen Schlaf.«
Ich ging ins Schlafzimmer und
drückte mir sämtliche Daumen. Dann hörte ich von der Wohnzimmertür her ein
seltsames Geräusch, das wie die schlechte Imitation eines Hornsignals klang.
Gleich darauf kam Sally im Militärschritt ins Zimmer marschiert, die Arme
energisch zu beiden Seiten vor und zurück schwingend. Sie kam mit einem
Aufstampfen vor mir zum Halten und salutierte schneidig.
»Freiwilliger McKee meldet sich zum Dienst, Sir«, sagte sie forsch.
Die Stille dauerte etwa fünf
Sekunden lang, während der hoffnungsfreudige Ausdruck auf ihrem Gesicht schwand
und schließlich gänzlich erstarb, um einem äußerst ängstlichen Blick Platz zu
machen.
»Sie sagten doch, Sie zögen ein
Mädchen, das freiwillig kommt, vor. Nicht?« murmelte sie. »Also bin ich
freiwillig gekommen! Bitte sehen Sie nicht so entsetzt drein, Rick. Der
Gedanke, den Rest der Nacht mit mir gemeinsam zu verbringen, kann doch nicht so
schlimm sein. Oder?«
Auf irgendeine Weise fand ich
meine Sprache wieder. »Kampfesmüdigkeit«, krächzte ich, »oder das, was man als
>Bombenschock< bezeichnet. Es wird in einer Minute vorbei sein. Sie
hätten mir vorher sagen sollen, daß Sie so schlafen.«
»Ach so!« Ihr Gesicht erhellte
sich wieder, und sie blickte auf die hinreißende Linie ihrer langen nackten
Beine hinab. »Ich trage zum Schlafen nie mehr als das Pyjamaoberteil.«
»Es ist Ihnen hoffentlich klar,
Gefreiter McKee «, sagte ich heiser, »daß Sie sich
freiwillig zu einem gefährlichen und physisch anstrengenden Kommando gemeldet
haben?«
»Jawohl, Sir!« Sie warf die
Arme um meinen Hals und lehnte sich mit vollem Gewicht gegen mich. »Aber für
meinen Colonel tue ich alles, sage ich immer.«
Ich ließ meine Hände an ihrer
Taille und über ihre Hüften herabgleiten.
»Auf zum Schlachtfeld,
Colonel!« Sie wies mit einer kleinen Handbewegung zum Bett hinüber.
»Auf zum Schlachtfeld.«
»Haben Sie noch irgendwelche
letzten Befehle, Colonel?«
»Eine anmutige Übergabe der
Festung wäre angemessen«, murmelte ich, während ich sie aufhob und auf das Bett
trug. »Aber Rückzug kommt nicht in Frage!«
ACHTES KAPITEL
D ie Verpflegung war
hervorragend, aber das Frühstück wurde in der Küche serviert, weil, wie
Gefreiter McKee betonte, der Eßtisch den Kriegswirren zum Opfer gefallen war, und ich sollte, wenn ich das nächste
Mal Artillerie benutzte, ein wenig besser zielen. Ich trank eine zweite Tasse
Kaffee, beobachtete den Gefreiten McKee , der in
seiner Uniform — weißem Büstenhalter und bonbonfarben gestreiftem Höschen — in
der Küche herumwirtschaftete, und kam zu dem Schluß, daß jeder, der behauptete,
der Krieg sei die Hölle, verrückt sein müsse.
Sally goß sich etwas Kaffee ein
und setzte sich mir gegenüber. »Also«, sagte sie vergnügt, »wie lauten die
Tagesbefehle, Colonel?«
»Ich halte
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