Orks vs. Zwerge
anderen Zugang gefunden und die Bewacher des Tempels massakriert?
Oder das hier war eine Falle. Je länger man darüber nachdachte, desto mehr unangenehme Dinge gingen einem durch den Kopf. Manchmal hatte es etwas für sich, so fantasielos zu sein wie Beryll oder so unerschrocken wie Kearn.
Der einäugige Held presste das Gesicht gegen eines der schmalen Gucklöcher im Tor und versuchte, in der Dunkelheit dahinter etwas zu erkennen.
»Verdammt dunkel hier. Ich kann absolut nichts sehen. Doch, halt. Da bewegt sich etwas. Sieht aus wie … wie eine verdammte Armbrust!« Kearn fuhr zurück.
»Keine Bewegung.« Die Spitze der Armbrust schob sich aus der Öffnung heraus. »Wenn du dich auch nur eine Handbreit bewegst, jage ich dir einen Bolzen durchs Auge. Dann kannst du dich in Zukunft ›der Einäugige‹ nennen. So wie dieser Hertig Kearn. Nur dass deine Geschichte weniger heldenhaft klingen wird als seine.«
»Ich bin Hertig Kearn …« Der Held drehte den Kopf so, dass der Besitzer der Armbrust seine Augenklappe sehen konnte.
Hinter der Tür wurde es für einen Augenblick still. Dann ertönte das Kratzen von schweren Riegeln, und im Tor schwang eine schmale Tür auf.
Der Tempeldiener hatte dünnes, graues Haar und ein faltiges Gesicht, aus dessen Mitte eine rot geäderte Trinkernase ragte, wie sie typisch für die Diener des Herrn war. Er trug ein schlichtes graues Leinengewand und darüber einen wollenen Überwurf, der an so vielen Stellen geflickt und ausgebessert war, dass von der einst bunten Musterung kaum noch etwas zu erkennen war. Die Armbrust in seiner Hand schwankte leicht von rechts nach links.
»Hertig Kearn! Was für eine Ehre, dass Ihr uns besuchen kommt. Ich bin Dion, der Zweite Diener im Haus. Verzeiht, dass ich Euch nicht gleich erkannt habe, aber die Wirkung des Göttertrunks ließ mich für einen Augenblick in dem Glauben, Ihr wärt ein Dalkar mit zwei Augen im Kopf.«
Mit einer gefährlich schwankenden Bewegung seiner Armbrust bat er sie herein. Sie folgten dem Alten über einen ausgestorbenen Innenhof zur Tempelhalle.
»Die Panzerwagen sind nicht aufgetaucht. Sie hätten schon vor vielen Stunden da sein sollen, aber wir haben nichts von ihnen gehört. Wir haben lange gewartet und dann die Hoffnung aufgegeben und die meisten Diener fortgeschickt. Nur noch ich bin dageblieben und mit mir die Tempelwächter und eine Handvoll Freiwilliger, die dabei helfen, die Schätze zu verbergen.«
Im Inneren der Tempelhalle war es kühl und dunkel, und die Schritte der Dalkar hallten hohl von dem steinernen Boden wider. An etlichen Stellen hatten die Freiwilligen die schweren Bodenplatten herausgehebelt und Löcher in das Erdreich gegraben. Über einem davon waren vier Männer damit beschäftigt, mittels eines Flaschenzugs eine Kiste in die Tiefe hinabzulassen. Als sie die Neuankömmlinge bemerkten, blickten sie besorgt von ihrer Arbeit auf.
»Wenn die Orks kommen, werden sie nichts weiter vorfinden als leer geräumte Hallen. Wir lassen ihnen in den Schatzkammern ein paar Brotkrumen zurück, an denen sie sich erfreuen können. So werden sie nicht auf die Idee kommen, dass noch mehr zu holen ist.«
Ganz in der Nähe des Altars war eine unscheinbare Tür in die Wand eingelassen, und direkt daneben brannte eine Feuerschale, über der sich drei weitere Helfer die Hände aufwärmten. Dion nickte ihnen zu und entzündete eine Fackel an der Flamme. Er zog einen schweren Schlüssel unter dem Gewand hervor und schloss die Tür auf. Steile Stufen führten in die Tiefe hinab. »Gebt auf eure Köpfe acht.«
Der Abstieg schien ewig zu dauern, doch irgendwann gelangten sie in einen lang gestreckten Gewölbekeller, der bis zur Decke mit Kisten und Truhen zugestellt war.
»In diesem Raum lagern Devotionalien aus aller Herren Länder.« Dion streckte die Fackel in die Höhe und drehte sich langsam im Kreis. »Goldschmiedekunst aus Ishkar, bestickte Tuche aus Vyndport und unzählige Statuen aus den Besitztümern der Clans. Dort drüben seht ihr den Grubenkopf eines Stamms aus den Unterhöhen. Ein grauenhaft hässliches Teil, aber es wäre unhöflich gewesen, es abzulehnen. Eines der wenigen Dinge, das ich gern den Orks überlasse. Aber es finden sich hier auch viele Artefakte von unschätzbarem Wert.« Liebevoll strich er über einen vergoldeten Bierkrug. »Wenn es uns nicht gelingt, sie in Sicherheit zu bringen, haben wir Schande über uns gebracht. Ich bete zum Herrn, dass sein Zorn auf uns bald versiegt.« Er
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