Orphan 2 Juwel meines Herzens
des Walzers, schon sein Gang war leicht « und federnd wie der einer Raubkatze.
„Darf ich Sie zurück zu Ihrer Familie geleiten, Miss Kent? “ fragte Tony. „Bestimmt fragen Ihre Geschwister sich bereits, wo Sie wohl stecken. “
„Haben Sie Dank, Mr. Poole. “ Charlotte wandte den Blick nicht von Bryden ab, der sich gerade formvollendet vor Elizabeth verneigte, um die junge schöne Frau danach in die Arme zu schließen.
Dann verzog er vor Schmerz das Gesicht.
Nur eine Sekunde, schon hatte er sich wieder unter Kontrolle. Hätte Charlotte in dem Augenblick auch nur geblinzelt, das Ganze wäre ihr vollkommen entgangen. Jetzt wirkte Lord Bryden bereits wieder höflich amüsiert. Seine Miene änderte sich auch nicht, während er Elizabeth mit elegantem Schwung im Walzerschritt über die Tanzfläche führte.
Unmöglich, dachte Charlotte. Aber es musste seine Schulter gewesen sein, die ihm so wehtat! Der Earl war ein anerkanntes Mitglied der Londoner Gesellschaft. Einfach lächerlich, auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, er könnte der gesuchte Juwelendieb sein. Unverwandt musterte sie ihn, während er mit Elizabeth dahinschwebte, und verglich seine Statur mit der des Schattens. Genau wie dieser war er groß, muskulös, und seine Bewegungen waren von auffälliger Geschmeidigkeit. Das allein beweist allerdings noch gar nichts, überlegte sie ungeduldig. Mindestens ein Drittel der anwesenden Herren waren von ganz ähnlichem Wuchs. Im Geiste verglich sie hastig ebenfalls Brydens Kinn mit dem des Schattens. Auch das Haar und seine Stimme kamen ihr ähnlich vor. Allerdings hatte sie wegen der Maske das Gesicht des Schattens nicht erkannt, und den Schopf hatte er unter einer Mütze verborgen gehabt. Die Stimme hingegen...
„Miss Kent? “ Tony betrachtete sie verwirrt. „Ist alles in Ordnung mit Ihnen? “
„Ja, ja, mir geht es gut“, versicherte sie.
Sie legte die Hand auf den Arm, den Poole ihr bot, und ließ sich humpelnd von ihm durch den Saal zurückführen, wo Simon und Jamie sie schon erwarteten. Noch immer verglich sie in Gedanken Bryden mit dem Schatten. Die Stimme des Diebs war tief und angenehm gewesen - auch dies konnte man getrost von einigen Männern behaupten. Leider erinnerte sie sich nicht mehr genau genug, um wirklich entscheiden zu können. Nun, was war es dann, das sie so beunruhigte?
Seine Augen.
„Da bist du ja! “ rief Jamie und eilte ihr entgegen. „Wir haben uns schon gefragt, was wohl aus dir geworden ist. “ Er schaute Tony freundlich an. „Wir kennen einander noch nicht, denke ich. “
„Mr. Poole, gestatten Sie mir, Sie meinen Brüdern vorzustellen. Mr. James Kent und Mr. Simon Kent“, erbot sich Charlotte. „Jamie, Simon, dies ist Mr. Poole. “
„Wie schön, Ihre Bekanntschaft zu machen“, verkündete Tony und verneigte sich leicht. „Ich hoffe, Sie sind mir nicht allzu gram, weil ich Ihnen Ihre Schwester kurz entführt habe. Ich wollte sie einem Freund von mir vorstellen - was sich für Sie hoffentlich gelohnt hat, Miss Kent. “ Er lächelte ihr schelmisch zu. „Ich wusste doch, dass wir Bryden dazu bringen, Sie zu entschädigen. “
Simon runzelte die Stirn. „Wie bitte? “
„Ich habe Lord Bryden dazu ermuntert, eine nennenswerte Summe für die Wohltätigkeitseinrichtung Ihrer Schwester zu spenden. Als Ausgleichszahlung sozusagen für seinen gedankenlosen Scherz über den Schatten und dessen mögliche Anwesenheit hier“, erklärte Tony. „Miss Kent war schlau genug, vollkommen gleichmütig zu tun, als er ihr eine Zahl nannte, woraufhin der Arme die Spende verdoppelte! “ Er lachte. „Nun, er kann es sich wahrlich leisten. Hätte sie weiterhin so unbeeindruckt getan, wäre er bestimmt auch noch höher gegangen. “
„Das ist ja wundervoll, Charlotte“, sagte Jamie.
Die nickte, hörte allerdings kaum zu. Lord Bryden sollte der Schatten sein? Nein, das ergab überhaupt keinen Sinn. Der Mann war immerhin ein Earl, mit beachtlichem Vermögen und allen erdenklichen Privilegien. Was um alles in der Welt sollte einen solchen Gentleman dazu veranlassen, die eigenen Bekannten zu bestehlen und sich selbst dabei in beträchtliche Gefahr zu bringen?
„Erzählen Sie mir doch ein wenig von Lord Bryden“, bat sie Tony scheinbar angelegentlich und lächelte ihm zu. „Kennen Sie ihn schon lange? “
„Wir sind bereits seit einer geraumen Zeit befreundet“, antwortete Poole. „Wenn er auch ab und zu einen Scherz macht, ist Bryden sonst doch ein
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