Orphan 2 Juwel meines Herzens
vor, damit Sie selbst sehen, dass er eigentlich gar kein übler Kerl ist“, schlug Tony vor. „Vielleicht erklärt er sich sogar zu einer Spende für Ihr Haus bereit. “ Die Aussicht ließ sie alle Schüchternheit vergessen. „Glauben Sie wirklich? “
„Überlassen Sie das nur mir. “ Er lächelte ihr verschwörerisch zu. „Ich werde ihm für seine dumme Bemerkung ein derart schlechtes Gewissen einreden, dass er gar nicht anders kann, als die Börse weit zu öffnen. Geben Sie mir eine Minute, ich bin gleich wieder mit ihm zurück. “
„Warum bringen Sie mich nicht stattdessen zu ihm? “ „Sind Sie sicher? “ fragte er ritterlich. Offenbar dachte er an ihre Behinderung.
„In der Tat, Mr. Poole“, bestätigte sie. Auf gar keinen Fall würde sie wie eine alte Matrone den ganzen Abend auf einem Stuhl verbringen und darauf warten, dass man ihr die Gäste vorstellte. Damit würde sie nur das Bild bestätigen, das sich ohnehin alle von ihr gemacht hatten, näm lich, dass sie ein behinderter Krüppel war. Aber sie irrten sich! „Ich war ein wenig müde und habe daher hier Platz genommen, aber jetzt fühle ich mich wieder vollständig erfrischt. “
„Wunderbar! “ Tony hielt ihr eine Hand hin, um ihr aufzuhelfen, und blinzelte ihr zu. „Dann wollen wir zwei beiden also nach Bryden suchen und ihm ein hübsches Sümmchen abluchsen. “
„Kommen Sie, Bryden, das können Sie mir doch unmöglich abschlagen! “
Lady Elizabeth Collins klimperte mit den langen Wimpern und verzog die vollen Lippen zu einem Schmollmund. Ein Mund, der für sinnliche Freuden wie geschaffen ist, befand Harrison und beobachtete, wie sie nur scheinbar gedankenverloren mit der kleinen Zunge über den Rand des Champagnerglases fuhr, bevor sie daraus trank. Noch vor einigen Jahren hätte er sich ganz der Vorstellung hingegeben, welch Vergnügen diese samtig feuchten Lippen einem Mann zu schenken vermochten. Er wäre der Versuchung erlegen, stundenlang mit dieser Frau zu flirten, hätte gewartet, bis der Champagner und die Stimmung des Abends ihren Widerstand dahinschmelzen ließen - bis endlich der geeignete Augenblick gekommen wäre, sie unbemerkt in einen abgelegenen Teil des Gartens zu führen... Um sie dort zu küssen, zu streicheln, zu berühren und ihr höchste Lust zu schenken... und selbstverständlich auch, um ihr beizubringen, was sie mit so einem unersättlichen willigen Mund alles anfangen konnte. Eine wunderbare Abwechslung für sie beide, mehr wäre es nicht gewesen. Aber während er zuschaute, wie sie langsam und genussvoll einen weiteren Schluck des perlenden Champagners nahm, langweilte ihn die Vorstellung einer derart kurzen erotischen Begegnung schon wieder. So viel Aufwand für eine halbe Stunde? Nein, nein. Außerdem war er müde, die Schulter schmerzte ihn höllisch, und er brauchte dringend einen Drink. Leider durfte er hier keinesfalls trinken - er musste einen kühlen Kopf bewahren. Also erklärte er spöttisch: „Heute Nacht berausche ich mich nur an Ihnen, Lady Elizabeth. “
„Wie ausgesprochen galant“, meinte Tony bissig und trat zwischen die beiden. „Ehrlich, Harry, mir war ja überhaupt nicht bewusst, dass du ein solcher Romantiker bist. Doch zum Glück bin ich ja in letzter Minute hier aufgetaucht, um Lady Elizabeth davor zu bewahren, deinem Charme zum Opfer zu fallen. Miss Kent, darf ich Sie mit dem großen Verführer Harrison Payne, Earl of Bryden, bekannt machen? Harry, ich glaube, du bist Miss Kent noch nicht förmlich vorgestellt worden. Sie ist das Mündel des Marquess of Redmond und hat kürzlich unfreiwillig Bekanntschaft mit dem Schatten geschlossen. “
Erstaunt betrachtete Harrison Charlotte. Vorhin in der Menge schien sie ihn nicht erkannt zu haben, aber hier aus unmittelbarer Nähe wollte er sein Glück lieber nicht noch einmal auf die Probe stellen. Allerdings musste er zugeben, dass er - ganz männliche Eitelkeit - dennoch ein wenig gehofft hatte, er hätte trotz Maskierung einen bleibenderen Eindruck hinterlassen. Außerdem bestand immerhin die Möglichkeit, dass Miss Kent doch kurz seine Maske gelüftet hatte, als er nahezu bewusstlos in der kleinen Kammer gelegen hatte.
Himmel, was sollte er nur tun, falls sie ihn jetzt wiedererkannte?
„Guten Abend, Lord Bryden. “ Charlotte wünschte, sie hätten den Gentleman nicht zu einem derart unwillkommenen Zeitpunkt angesprochen. Wie er sie musterte, ließ sich leicht erraten, dass er alles andere denn erfreut war bei ihrem
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