Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ort des Grauens

Ort des Grauens

Titel: Ort des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
die Hände, die Handflächen von sich abgewandt, die Finger gespreizt. Blaues Licht im Ton eines blassen Saphirs, schwach wie das Glühen des Viertelmondes, das vielleicht eine Sekunde andauerte, entströmte seinen Händen. Die Blätter zitterten, und das dürre Büschelgras erbebte. Dann, als die Dunkelheit wieder ihr Recht forderte, kehrte auch die Stille ins Tal zurück.
    Und noch einmal strömte das blaue Licht von seinen Handflächen aus, als seien sie Windlichter, von denen jemand kurz den Zylinder entfernt hat. Dieses Mal war das Licht doppelt so hell wie zuvor, war von einem dunkleren Blau, und es hielt vielleicht zwei Sekunden lang an. Die Blätter raschelten, und einige der schlaff herabhängenden Ranken schaukelten, und das Gras erzitterte noch neun bis zehn Meter von ihm entfernt.
    Von diesen eigenartigen Vibrationen aufgeschreckt, stob etwas auf Candy zu, versuchte an ihm vorbeizuhuschen. Mit diesem ganz besonderen Sinn für seine Umgebung, der sich nicht auf das stützte, was er sah, hörte oder roch, faßte er nach links und griff nach der blitzschnell davonschießenden Kreatur, die er nicht sehen konnte. Seine Reflexe waren so unheimlich wie alles andere an ihm, und er fing sein Opfer, hatte Beute gemacht. Eine Feldmaus.
    Für Sekunden war sie wie gelähmt vor Angst. Dann zappelte sie in seinem Griff, aber er hielt sie ganz fest.
    Seine besonderen Kräfte übten keine Wirkung aus auf Lebewesen. Er konnte seine Opfer nicht mit der telekinetischen Energie lahmen oder betäuben, die von seinen offenen Handflächen ausging. Er konnte sie nicht magnetisch anziehen, sondern sie nur aufschrecken, so daß sie ihre Verstecke verließen. Er hätte einen der Bäume zerschmettern oder Geysire aus Staub und Steinen aufsteigen lassen können, aber - egal, wie sehr er sich auch bemühte - der Maus in seinen Händen hätte er mit seinen geistigen Kräften nicht ein Härchen krümmen können.
    Er wußte nicht, warum ihm diese Beschränkung auferlegt war. Violet und Verbina, deren Talente sonst nicht halb so beeindruckend waren wie seine, schienen nur Macht über Lebewesen zu haben, über kleinere Tiere wie die Katzen.
    Pflanzen beugten sich natürlich Candys Willen und manchmal auch Insekten, aber nichts, was Empfindungen hatte, nicht einmal etwas, das so wenig Verstand hatte wie diese Maus.
    Unter den silbrigen Bäumen kniend, war er in eine so tiefe Finsternis gehüllt, daß er von der Maus nichts sehen konnte außer ihren schwach schimmernden Augen. Er hob die Faust, die das Tierchen umklammerte, an seine Lippen.
    Es gab einen dünnen Laut des Erschreckens von sich. Es war mehr ein Piepsen denn ein Schrei.
    Er biß der Maus den Kopf ab, spuckte ihn aus und preßte die Lippen auf den aufgerissenen Hals. Das Blut war süß, doch es reichte nicht aus für ihn.
    Er warf das tote Nagetier beiseite und hob erneut die Arme, Handflächen abgewandt, Finger gespreizt. Diesmal war der Farbfleck des Spektrallichts von einem intensiven, elektrisierenden Saphirblau. Obwohl die Strahlung nicht länger anhielt als vorher, war seine Wirkung von verblüffender Stärke. Ein halbes Dutzend Vibrationswellen, jede nur einen Sekundenbruchteil nach der vorherigen einsetzend, traf den abschüssigen Boden des schmalen Tales.
    Die hohen Bäume wackelten und erzitterten, und Hunderte von schlaff herabhängenden Ranken peitschten die Luft auf. Die Blätter schlugen mit einem Geräusch gegeneinander, das an einen ausschwärmenden Bienenschwarm erinnerte. Kiesel und kleinere Steine wurden vom Boden hochgewirbelt, und lose Felssteine prallten krachend aufeinander. Die einzelnen Halme des Büschelgrases hatten sich straff und gerade aufgerichtet wie die Haare im Nacken eines von Angst geschüttelten Menschen, und ein paar Brocken Erde hatten sich gelöst und wehten wie die trockenen Blätter in die Nacht, als hätte ein Windstoß sie erfaßt. Doch es rührte sich kein Lüftchen -da waren nur das kurze Aufleuchten des saphirblauen Lichts und die mächtigen Vibrationen, die es begleiteten.
    Wildlebende Tiere stürmten aus ihren Verstecken, und einige rasten direkt auf ihn zu, liefen aus dem Tal heraus. Er hatte schon vor langer Zeit festgestellt, daß sie seinen Geruch niemals als den eines menschlichen Wesens erkannten.
    Sie flohen mit ebenso großer Wahrscheinlichkeit auf ihn zu wie vor ihm. Entweder war sein Geruch für sie gar nic ht erkennbar - oder sie nahmen etwas Wildes an ihm wahr, etwas, das mehr ihrem eigenen Geruch glich als dem eines

Weitere Kostenlose Bücher