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Ort des Grauens

Ort des Grauens

Titel: Ort des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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nicht herein, er hieß sie willkommen wie Ehrengäste. Nach genau drei Minuten wußten sie, daß sein Name Tuong Tran Phan war (die Reihenfolge seiner Namen hatte er geändert, um sie der westlichen Gewohnheit anzupassen, den Nachnamen nach hinten zu stellen), daß er und seine Frau Chinh zu den Boat People gehört hatten, die Vietnam zwei Jahre nach dem Fall von Saigon verlassen hatten, daß sie in Wäschereien und Reinigungen gearbeitet und schließlich selbst zwei Reinigungen eröffnet hatten. Tuong bestand darauf, ihnen die Mäntel abzunehmen. Chinh - eine zierliche Frau mit zarten Zügen, in weite schwarze Hosen und eine gelbe Seidenbluse gekleidet -sagte, sie würde für ein paar Erfrischungen sorgen, obwohl Bobby erklärt hatte, ihre Nachforschungen würden nur einige Minuten beanspruchen.
    Bobby wußte, daß Vietnam-Amerikaner der ersten Generation der Polizei gegenüber manchmal mehr als mißtrauisch waren. Das konnte sogar so weit gehen, daß sie die Polizei nicht mal dann riefen, wenn sie Opfer eines Verbrechens geworden waren. Die südviemamesische Polizei war korrupt gewesen, und die unumschränkten Herrscher aus Nordvietnam, die den Süden nach dem Abzug der Amerikaner übernommen hatten, waren eine wahre Mörderbande gewesen. Selbst Vietnamesen, die fünfzehn Jahre oder noch länger in den Staaten lebten, blieben jeglicher Art von Autorität gegenüber zumindest etwas mißtrauisch.
    Im Fall von Tuong und Chinh Phan bezog dieses Mißtrauen Privatdetektive jedoch nicht mit ein. Offensichtlich hatten sie so viele heroische Fernseh-Revolverhelden gesehen, daß sie glaubten, alle Privatermittler seien Streiter für die Underdogs, Ritter, die statt der Lanzen glänzende 38er benutzten.
    In ihren Rollen als Befreier der Unterdrückten wurden Bobby und Julie feierlich zu dem Sofa geleitet, daß das neueste und schönste Möbelstück im Wohnzimmer war.
    Die Phans ließen ihre recht gut aussehenden Kinder im Wohnzimmer der Reihe nach aufmarschieren, um sie den Gästen vorzustellen: den dreizehnjährigen Rocky, den zehnjährigen Sylvester, die zwölfjährige Sissy und die sechsjährige Meryl. Sie waren augenscheinlich in Amerika geboren und aufgewachsen, unterschieden sich aber von vielen ihrer Altersgenossen dadurch, daß sie erfrischend liebenswürdiger und besser erzogen waren. Nach der Vorstellung verschwanden die Kinder wieder in der Küche, wo sie an ihren Hausaufgaben gesessen hatten.
    Trotz ihrer höflichen Proteste wurde Bobby und Julie rasch Kaffee mit einem Schuß Dosenmilch serviert. Dazu gab es ausgezeichnete kleine vietnamesische Pasteten. Die Phans tranken ebenfalls Kaffee.
    Tuong und Chinh saßen in verschlissenen Lehnstühlen, die sichtbar unbequemer waren als das Sofa. Der größte Teil des Mobiliars war simpel, modern und in neutralen Farben gehalten. In einer Ecke stand ein kleiner Buddha-Schrein, frisches Obst lag auf dem roten Altar, und etliche Räucherstäbchen prangten in Keramikhaltern. Nur ein Stäbchen war angezündet worden, und ein blaßblaues Fädchen seines aromatischen Rauchs kräuselte sich Richtung Decke. Die einzigen anderen asiatischen Elemente waren schwarze Lacktische.
    »Wir suchen nach einem Mann, der vielleicht einmal unter dieser Adresse gelebt hat«, sagte Julie, während sie sich eines der Pastetchen aussuchte, die Mrs. Phan ihnen auf einem Tablett serviert hatte. »Sein Name ist George Farris.«
    »Ja. Er lebte hier«, erwiderte Tuong, und seine Frau  zuckte.
    Bobby war überrascht. Er war überzeugt gewesen, daß  ein Dokumentenfälscher den Namen und die Adresse willkürlich gemixt und Frank niemals hier gelebt hatte. Frank war gleichermaßen sicher gewesen, daß sein wirklicher Name Pollard, nicht Farris war.
    »Sie haben dieses Haus von George Farris gekauft?« fragte Julie weiter.
    »Nein, er war tot«, erklärte Tuong.
    »Tot?« fragte Bobby.
    »Vor fünf oder sechs Jahren«, sagte Tuong. »Schrecklicher Krebs.« Dann war Frank Pollard nicht Farris und hatte niemals hier gelebt. Die Identität war eine Fälschung.
    »Wir kauften Haus nur vor paar Monate von Witwe«, sagte Tuong. Sein Englisch war gut, obwohl er gelegentlich die Artikel vor den Hauptwörtern vergaß. »Nein, was ich sagen wollte - aus Nachlaß von Witwe.«
    »Also ist auch Missis Farris tot«, sagte Julie.
    Tuong drehte sich zu seiner Frau um, und die beiden wechselten einen bedeutungsvollen Blick. »Es ist sehr traurig«, fuhr er fort. »Wo kommen solche Menschen nur her?«
    »Wovon

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