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orwell,_george_-_tage_in_burma

Titel: orwell,_george_-_tage_in_burma Kostenlos Bücher Online Lesen
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aus einem Monolog von Seufzern mit sehr langen Pausen - denn Elizabeth antwortete überhaupt nicht.
    Mrs. Lackersteen begann mit einigen allgemeinen Bemerkungen bezüglich einer Illustration im Tatler über diese leichten modernen Mädchen, die in Strandanzügen und dergleichen herumliefen und sich für die Männer so schrecklich billig machten. Ein Mädchen, sagte Mrs. Lackersteen, sollte sich bei einem Mann nie zu billig machen; sie sollte sich - aber das Gegenteil von ›billig‹ war ja ›teuer‹, und das klang doch nicht ganz passend, und so änderte Mrs. Lackersteen ihren Kurs. Sie erzählte Elizabeth von einem Brief, den sie aus der Heimat bekommen hatte mit Neuigkeiten über dieses arme, arme liebe Mädchen, das eine Weile in Burma gewesen war und so töricht versäumt hatte, sich zu verheiraten. Seine Leiden waren wirklich herzzerreißend gewesen, und daraus konnte man ersehen, wie froh ein Mädchen sein sollte, irgend jemanden zu heiraten, buchstäblich irgend jemanden. Wie es schien, hatte das arme, arme liebe Mädchen seine Stellung verloren und war lange Zeit so gut wie am Verhungern gewesen, und jetzt hatte es tatsächlich eine Stellung als gewöhnliches Küchenmädchen unter einer gräßlichen, ordinären Köchin, die sie ga nz empörend tyrannisierte. Und in der Küche wimmelte es von Küchenschaben einfach unglaublich! Fand Elizabeth das nicht auch absolut furchtbar? Küchenschaben!
    Mrs. Lackersteen schwieg eine Weile, um die Küchenschaben wirken zu lassen, dann fügte sie hinzu:
    »Zu schade, daß Mr. Verrall uns zu Anfang der Regenzeit verlassen wird. Kyauktada wird mir ganz leer ohne ihn vorkommen!«
    »Wann beginnt die Regenzeit für gewöhnlich?« fragte Elizabeth so gleichgültig, wie sie es fertigbrachte.
    »Hier oben ungefähr Anfang Juni. Nur eine bis zwei Wochen bis dahin ... Mein Liebes, es kommt dir vielleicht albern vor, daß ich es wieder erwähne, aber ich kann den Gedanken an das arme, arme liebe Mädchen in der Küche zwischen den Küchenschaben nicht aus dem Kopf kriegen!«
    Die Küchenschaben traten im Verlauf des übrigen Abends wiederholt in Mrs. Lackersteens Gespräch auf. Erst am folgenden Tag bemerkte sie in einem Ton beiläufigen Klatsches:
    »Übrigens glaube ich kommt Flory Anfang Juni wieder nach Kyauktada. Er sagte, er wolle zur Generalversammlung des Clubs hier sein. Vielleicht könnten wir ihn irgendwann mal zum Dinner einladen.«
    Es war das erste Mal, daß eine der beiden Damen Flory erwähnte, seit er Elizabeth das Leopardenfell gebracht hatte. Nachdem sie ihn mehrere Wochen buchstäblich vergessen hatten, war er jetzt als deprimierende Notlösung in beider Gedanken wieder aufgetaucht.
    Drei Tage später schickte Mrs. Lackersteen ihrem Mann eine Nachricht, er möge nach Kyauktada zurückkommen. Er war jetzt lange genug im Lager gewesen, um sich eine kurze Zeit im Quartier verdient zu haben. Er kam zurück, rosiger denn je - Sonnenbrand, erklärte er - und mit derart zitternden Händen, daß er sich kaum eine Zigarette anzünden konnte. Nichtsdestoweniger feierte er den Abend seiner Rückkehr, indem er Mrs. Lackersteen aus dem Haus hinausmanövrierte, in Elizabeths Schlafzimmer drang und einen beschwingten Versuch unternahm, sie zu vergewaltigen, sie zu schänden.
    Während dieser ganzen Zeit bereitete sich, ohne daß irgend jemand von Bedeutung etwas davon wußte, ein weiterer Aufruhr vor. Der Weiksa (der jetzt weit weg war und bei harmlosen Bauern in Martaban mit dem Stein der Weisen hausierte) hatte vielleicht etwas bessere Arbeit geleistet, als er wollte. Jedenfalls bestand die Möglichkeit neuer Unruhen - einzelne, wirkungslose Gewalttaten wahrscheinlich. Selbst U Po Kyin wußte davon noch nichts. Aber wie gewöhnlich waren die Götter auf seiner Seite, denn durch jeden weiteren Aufstand würde der erste ernster erscheinen, als er gewesen war, und so zu seinem Ruhm beitragen.
    XXI
    Westwind, ach, wann wirst du wehn, uns mit Regen zu versehn? Es war der erste Juni, der Tag der Generalversammlung, und noch war kein Tropfen gefallen. Als Flory den Clubweg heraufkam, hatte die Nachmittagssonne, deren schräge Strahlen unter seine Hutkrempe fielen, noch genügend Kraft, um seinen Nacken unangenehm zu versengen. Der Mali, der zwei Kerosinfässer mit Wasser an einer Schultertrage trug, taumelte den Pfad entlang, und seine Brustmuskeln waren schlüpfrig von Schweiß. Er stellte die Fässer hin, planschte ein wenig Wasser über seine mageren braunen Füße und

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