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orwell,_george_-_tage_in_burma

Titel: orwell,_george_-_tage_in_burma Kostenlos Bücher Online Lesen
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nur daran, daß sein Schnurrbart vom Regen so naß war. Ohne noch etwas zu sagen, machte sie sich frei und eilte fort, in den Club. Ihr Gesicht hatte einen Ausdruck von Kummer und Reue; aber sie schien nicht böse zu sein.
    Er folgte ihr langsamer in den Club und traf auf Mr. Macgregor in offenbar sehr guter Laune. Sobald er Flory sah, dröhnte er jovial: »Aha! Da kommt ja der bezwingende Held!« und dann entbot er in ernsterem Ton noch einmal seinen Glückwunsch. Flory benutzte die Gelegenheit, indem er ein paar Worte für den Doktor anbrachte. Er malte ein recht lebendiges Bild vom Heroismus des Doktors bei dem Aufstand. »Er war mittendrin in der Menge und kämpfte wie ein Tiger«, usw. usw. Es war nicht allzu stark übertrieben - denn der Doktor hatte bestimmt sein Leben aufs Spiel gesetzt. Mr. Macgregor war beeindruckt, und die anderen ebenfalls. Zu allen Zeiten hat das Zeugnis eines Europäers einem Orientalen mehr gegolten als von tausend seiner Landsleute ; und in diesem Augenblick hatte Florys Meinung Gewicht. Der gute Name des Doktors war so gut wie wiederhergestellt. Seine Wahl in den Club konnte als gesichert gelten.
    Sie war jedoch noch nicht endgültig beschlossen, weil Flory ins Lager zurück mußte. Er brach am selben Abend auf, ohne Elizabeth nochmals zu sehen, und marschierte die Nacht durch. Es war jetzt ganz sicher, durch den Dschungel zu gehen, denn der Aufstand war offensichtlich fehlgeschlagen. Wenn der Regen einmal eingesetzt hat, wird selten von Rebellion gesprochen - die Burmanen sind zu sehr mit dem Pflügen beschäftigt, und zudem sind die durchtränkten Felder für größere Truppen unpassierbar.
    Flory sollte in zehn Tagen wieder in Kyauktada sein, wenn der sechswöchentliche Besuch des Padres fällig war. In Wahrheit lag ihm nichts daran, gleichzeitig mit Elizabeth und Verrall in Kyauktada zu sein. Und doch war jetzt seltsamerweise alle Bitterkeit fort - all der obszöne, kriechende Neid, der ihn vorher gequält hatte - , da er wußte, daß sie ihm verziehen hatte. Nur Verrall stand noch zwischen ihnen. Und selbst die Vorstellung von Elizabeth in Verralls Armen konnte ihn kaum rühren, denn auch im schlimmsten Fall mußte die Affäre ein Ende haben. Verrall, das war ganz sicher, würde Elizabeth nie heiraten; junge Männer von Verralls Schlag heiraten keine mittellosen Mädchen, die ihnen in obskuren indischen Stationen über den Weg laufen. Er amüsierte sich nur. Bald würde er sie im Stich lassen, und sie würde zu ihm zurückkehren - zu Flory. Es war genug, weit besser, als er gehofft hatte. Echte Liebe hat eine Demut, die auf manche Weise ziemlich gräßlich ist.
    U Po Kyin kochte vor Wut. Der elende Aufstand hatte ihn überrascht, soweit ihn überhaupt etwas überraschen konnte, und es war, als hätte man eine Handvoll Kies ins Räderwerk seiner Pläne geworfen. Die Verleumdung des Doktors mußte wieder ganz von vorn angegangen werden. Angegangen wurde sie natürlich, mit einer solchen Flut von anonymen Briefen, daß Hla Pe zwei ganze Tage nicht ins Büro kommen konnte (diesmal war es Bronchitis), um sie zu schreiben. Der Doktor wurde jedes Verbrechens beschuldigt von Päderastie bis zum Diebstahl von Regierungspostmarken. Der Gefängniswärter, der Nga Shwe O hatte entkommen lassen, wurde nun vor Gericht gebracht. Er wurde triumphierend freigesprochen, da U Po Kyin zweihundert Rupien für Zeugen ausgelegt hatte. Mr. Macgregor wurde mit weiteren Briefen überschüttet, mit detaillierten Beweisen, daß Dr. Veraswami, der eigentliche Urheber der Flucht, versucht hatte, die Schuld auf einen hilflosen Unterbeamten zu schieben. Der Ertrag war gleichwohl enttäuschend. Macgregors vertraulicher Brief über den Aufstand an den Kommissar wurde mit Dampf geöffnet, und sein Ton war so beunruhigend - der Doktor habe sich am Abend des Aufstandes »höchst ehrenhaft benommen« - , daß U Po Kyin einen Kriegsrat einberief.
    »Die Zeit für einen energischen Schritt ist gekommen«, sagte er zu den anderen - sie hatten eine geheime Sitzung auf der Vorderveranda, vor dem Frühstück. Ma Kin war dabei und Ba Sein und Hla Pe - der letztere ein vielversprechender Junge von achtzehn Jahren mit keckem Gesicht und der Art eines Jungen, der es bestimmt zu etwas bringen wird.
    »Wir hämmern gegen eine Steinmauer«, fuhr U Po Kyin fort, »und diese Mauer ist Flory. Wer konnte voraussehen, daß dieser elende Feigling zu seinem Freund stehen würde? Aber es ist nun so. Solange Veraswami ihn hat, sind wir

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