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orwell,_george_-_tage_in_burma

Titel: orwell,_george_-_tage_in_burma Kostenlos Bücher Online Lesen
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gestellt.«
    »Wie denn?«
    »Weil, verstehen Sie denn nicht, die Ehre für den Aufstand nicht mehr die seine ist, sondern Ihre! Und man weiß, daß ich Ihr Freund bin. Ich stehe sozusagen im Abglanz Ihres Ruhmes. Sind Sie nicht der Held der Stunde? Haben Ihre europäischen Freunde Sie nicht mit offenen Armen empfangen, als Sie gestern abend in den Klub zurückkamen?«
    »Das haben sie, ich muß es zugeben. Es war eine ganz neue Erfahrung. Mrs. Lackersteen hat mich umwedelt. › Lieber Mr. Flory‹, nennt sie mich jetzt. Und Ellis muß jetzt wirklich bluten. Sie hat nicht vergessen, daß er sie eine verdammte Hexe genannt und gesagt hat, sie solle aufhören wie ein Schwein zu quieken.«
    »Ach, Mr. Ellis ist manchmal überdeutlich in seinen Ausdrücken. Es ist mir aufgefallen.«
    »Das einzige Haar in der Suppe ist, daß ich der Polizei gesagt habe, sie solle über die Köpfe der Menge wegschießen und nicht direkt auf sie. Das scheint gegen alle Regierungsvorschrifte n zu sein. Ellis war ein bißchen verärgert darüber. ›Warum haben Sie nicht ein paar von den Schweinen umgelegt, bei der Gelegenheit?‹ sagte er. Ich gab an, daß damit auch die Polizei mitten in der Menge getroffen worden wäre, aber wie er sagte, die waren auch nur Nigger. Doch alle meine Sünden sind mir vergeben. Und Macgregor hat etwas Lateinisches zitiert - Horaz, glaube ich.«
    Eine halbe Stunde später ging Flory hinüber in den Club. Er hatte versprochen, Mr. Macgregor zu treffen und die Angelegenheit mit der Wahl des Doktors zu regeln. Aber das würde jetzt keine Schwierigkeiten machen. Die anderen würden ihm aus der Hand essen, bis der alberne Aufstand vergessen war; er hätte in den Club gehen und eine Rede auf Lenin halten können, und sie hätten es sich ge fallen lassen. Der schöne Regen strömte herab, durchnäßte ihn von Kopf bis Fuß und füllte seine Nüstern mit dem Duft der Erde, den man in den bitteren Monaten der Dürre vergessen hatte. Er ging durch den zertrampelten Garten, wo der Mali, auf dessen gebeugten nackten Rücken der Regen planschte, Löcher für Zinnien schaufelte. Fast alle Blumen waren zertrampelt. Elizabeth war auf der Seitenveranda, fast als hätte sie auf ihn gewartet. Er nahm seinen Hut ab und schüttete eine Pfütze Wasser von der Krempe, dann ging er zu ihr.
    »Guten Morgen!« sagte er und mußte wegen des Regens, der laut auf das niedrige Dach trommelte, die Stimme erheben.
    »Guten Morgen! Wie das gießt! Wie mit Kübeln!« »Oh, das ist noch kein richtiger Regen. Warten Sie bis Juli.
    Die ganze Bucht von Bengalen ergießt sich dann ratenweise über uns.«
    Sie schienen nie zusammenkommen zu können, ohne über das Wetter zu reden. Dennoch sagte ihr Gesicht etwas ganz anderes als die Banalitäten. Ihr Benehmen hatte sich seit gestern abend völlig geändert. Er faßte Mut.
    »Wo hat Sie dieser Stein getroffen?«
    Sie hielt ihm den Arm hin, und er durfte ihn nehmen. Ihre Miene war sanft, sogar unterwürfig. Er merkte, daß seine Großtat von gestern abend ihn in ihren Augen fast zu einem Helden gemacht hatte. Sie konnte nicht wissen, wie gering die Gefahr in Wirklichkeit gewesen war, und sie vergab ihm alles, sogar Ma Hla May, weil er im richtigen Augenblick Mut gezeigt hatte. Es war wieder wie mit dem Büffel und dem Leoparden. Das Herz klopfte ihm in der Brust. Er ließ die Hand über ihren Arm heruntergleiten und nahm ihre Finger in die seinen.
    »Elizabeth ...«
    »Jemand könnte uns sehen!« sagte sie und entzog ihm ihre Hand, aber nicht böse.
    »Elizabeth, ich möchte Ihnen etwas sagen. Erinnern Sie sich an einen Brief, den ich Ihnen aus dem Dschungel geschrieben habe nach unserem - vor ein paar Wochen?«
    »Ja.«
    »Erinnern Sie sich, was ich darin geschrieben habe?« »Ja. Entschuldigen Sie, daß ich ihn nicht beantwortet habe.
    Nur ...«
    »Ich konnte damals keine Antwort erwarten. Aber ich wollte Sie nur daran erinnern, was ich geschrieben habe.«
    In dem Brief hatte er natürlich nur geschrieben, daß er sie liebe, und das ziemlich matt gesagt - daß er sie immer lieben werde, was auch immer geschähe. Sie standen einander gegenüber, sehr dicht zusammen. Ganz impulsiv - und so schnell, daß es ihm hinterher schwerfiel, daran zu glauben - nahm er sie in die Arme und zog sie an sich. Einen Augenblick gab sie nach und ließ ihn ihr Gesicht aufheben und sie küssen; dann plötzlich schreckte sie zurück und schüttelte den Kopf. Vielleicht fürchtete sie, gesehen zu werden, vielleicht lag es

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