orwell,_george_-_tage_in_burma
hilflos.«
»Ich habe mit dem Club - Butler gesprochen, Sir«, sagte Ba Sein. »Wie er sagt, wollen Mr. Ellis und Mr. Westfield noch immer nicht, daß der Doktor in den Club gewählt wird. Glauben Sie nicht, daß sie wieder mit Flory streiten werden, sobald der Aufstand vergessen ist?«
»Natürlich werden sie streiten, sie streiten immer. Aber in der Zwischenzeit ist der Schaden geschehen. Stellt euch nur vor, dieser Mann würde gewählt! Ich glaube, ich würde vor Wut sterben, wenn das passierte! Nein, es gibt nur noch eine Möglichkeit. Wir müssen Flory selbst treffen!«
»Flory, Sir! Aber er ist ein weißer Mann!«
»Was kümmert mich das? Ich habe schon vorher weiße Männer erledigt. Wenn er einmal in Ungnade fällt, ist es aus mit dem Doktor. Und er wird in Ungnade fallen! Ich werde ihm solche Schande machen, daß er nie wieder wagt, sein Gesicht in diesem Club zu zeigen!«
»Aber Sir! Ein Weißer! Wessen sollen wir ihn beschuldigen? Wer würde etwas gegen einen weißen Mann glauben?«
»Du verstehst nichts von Strategie, Ko Ba Sein. Man beschuldigt einen weißen Mann nicht, man muß ihn erwischen, öffentliche Schande, in flagrante delicto. Ich werde auf etwas kommen. Nun seid still, damit ich denken kann.«
Eine Pause trat ein. U Po Kyin stand und starrte in den Regen hinaus, die kleinen Hände auf dem Rücken gefaltet, auf dem natürlichen Plateau seines Hinterteils ruhend. Die anderen drei beobachteten ihn vom Ende der Veranda aus, fast erschrocken über dieses Gerede vom Angriff auf einen Weißen; sie warteten auf ein Glanzstück, das eine Situation außerhalb ihrer Reichweite meistern würde. Es war ein bißchen wie das bekannte Bild (ist es von Me issonier?) von Napoleon in Moskau, der über seinen Landkarten brütet, während seine Marschälle, den Dreispitz in der Hand, schweigend warten. Aber natürlich war U Po Kyin der Situation besser gewachsen als Napoleon. Sein Plan war binnen zwei Minuten gereift. Als er sich umdrehte, war sein breites Gesicht von höchster Freude übergossen. Der Doktor hatte sich geirrt, als er beschrieb, U Po Kyin hätte zu tanzen versucht; U Po Kyins Gestalt war nicht zum Tanzen bestimmt; aber wäre sie dafür bestimmt, so hätte er in diesem Augenblick getanzt. Er winkte Ba Sein und flüsterte ihm etwas ins Ohr.
»Ist das nicht der richtige Schritt?« schloß er. Ein breites, widerwilliges, ungläubiges Grinsen stahl sich
langsam über Ba Seins Gesicht.
»Fünfzig Rupien dürften alle Ausga ben decken«, setzte U Po Kyin strahlend hinzu.
Der Plan wurde im einzelnen enthüllt. Und als die anderen ihn begriffen hatten, brachen alle, sogar Ba Sein, der selten lachte, sogar Ma Kin, die den Plan aus tiefstem Herzen mißbilligte, in ununterdrückbares Gelächter aus. Der Plan war wirklich unwiderstehlich gut. Er war genial.
Derweil regnete es unaufhörlich. Am Tag nach dem Flory ins Lager zurückgekehrt war, regnete es achtundvierzig Stunden hintereinander, manchmal langsamer, wie englischer Regen, manchma l in solchen Wasserfällen, daß man glaubte, der ganze Ozean müßte mittlerweile von den Wolken aufgesogen worden sein. Das Prasseln auf dem Dach war nach ein paar Stunden kaum auszuhalten. In den Pausen zwischen den Regengüssen strahlte die Sonne so grell wie immer, der Schlamm begann dann rissig zu werden und zu dampfen, und Flecken von Hitzepickeln schossen einem am ganzen Körper heraus. Horden von fliegenden Käfern waren aus ihren Puppen geschlüpft, sobald der Regen einsetzte; es gab eine Plage von ekelha ften Viechern, Stinkwanzen genannt, die die Häuser in unglaublicher Zahl überfielen, sich über den Eßtisch verstreuten und das Essen ungenießbar machten. Verrall und Elizabeth ritten immer noch spätnachmittags aus, wenn der Regen nicht zu heftig war. Für Verrall war jedes Klima gleich, aber er sah es nicht gern, wenn seine Ponies mit Dreck verklebt waren. Fast eine Woche verging. Nichts hatte sich zwischen ihnen verändert - sie waren einander weder näher noch weniger nah als vorher. Der Heiratsantrag, immer noch mit Zuversicht erwartet, war immer noch nicht geäußert worden. Dann geschah etwas Alarmierendes. Die Nachricht sickerte durch zum Club, durch Mr. Macgregor, daß Verrall Kyauktada verlassen wollte; die Militärpolizei sollte zwar in Kyauktada bleiben, doch an Stelle von Verrall sollte ein anderer Offizier kommen, keiner wußte genau, wann. Elizabeth bangte in schrecklicher Ungewißheit. Wenn er wegging, mußte er doch sicherlich bald
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