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orwell,_george_-_tage_in_burma

Titel: orwell,_george_-_tage_in_burma Kostenlos Bücher Online Lesen
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Schokolade gebracht, hob den Deckel ab und lächelte väterlich, wobei er drei lange, tabakgeschwärzte Zähne entblößte. Elizabeth setzte sich mit einem sehr unbehaglichen Gefühl hin. Sie war ganz sicher, daß es gegen die guten Sitten verstieß, die Gastfreundschaft dieser Leute anzunehmen. Das eine burmanische Mädchen war sofort hinter die Stühle getreten und begann Flory und Elizabeth zu fächeln, während die andere zu ihren Füßen kniete und ihnen Tee eingoß. Elizabeth kam sich sehr töricht vor mit dem Mädchen hinter sich, das ihr den Nacken fächelte, und vor sich den grinsenden Chinesen. Flory schien sie immer in solche unbehagliche Situationen zu bringen. Sie nahm ein Stück Schokolade aus der Büchse, die Li Yeik ihr anbot, aber sie konnte sich nicht dazu überwinden, ›danke‹ zu sagen.
    »Ist das in Ordnung?« flüsterte sie Flory zu. »In Ordnung?«
    »Ich meine, daß wir uns bei diesen Leuten hinsetzen? Ist das nicht irgendwie - irgendwie unwürdig?«
    »Nicht bei einem Chinesen. Sie sind in diesem Lande eine bevorzugte Rasse. Und sie sind in ihrem Denken sehr demokratisch. Das beste ist, sie mehr oder weniger als unseresgleichen zu behandeln.«
    »Dieser Tee sieht absolut garstig aus. Er ist ganz grün. Man sollte denken, sie hätten so viel Verstand, Milch hineinzutun, finden Sie nicht?«
    »Er ist nicht schlecht. Es ist eine besondere Teesorte, die der alte Li Yeik aus China bekommt. Ich glaube, es sind Orangenblüten darin.«
    »Puh! Er schmeckt genau wie Erde«, sagte sie, nachdem sie gekostet hatte.
    Li Yeik stand neben ihnen mit seiner Pfeife, die über einen halben Meter lang war und einen Metallkopf von der Größe einer Eichel hatte, und beobachtete die Europäer, um zu sehen, ob ihnen sein Tee schmeckte. Das Mädc hen hinter dem Stuhl sagte etwas auf burmanisch, woraufhin beide wieder in Gekicher ausbrachen. Diejenige, die an der Erde kniete, blickte auf und starrte Elizabeth in naiver Bewunderung an. Dann wandte sie sich zu Flory und fragte, ob die englische Dame ein Korsett trage.
    »Ch!« sagte Li Yeik empört und stieß das Mädchen mit der Fußspitze an, um sie zum Schweigen zu bringen.
    »Ich möchte sie nicht gern fragen«, sagte Flory. »Oh, bitte, fragen Sie sie! Wir möchten es so gern wissen!« Es folgte eine Auseinandersetzung, und das Mädchen hinter
    dem Stuhl vergaß zu fächeln und beteiligte sich. Beide, so schien es, hatten sich ihr Leben lang danach gesehnt, ein véritables Korsett zu sehen. Sie hatten so viele Geschichten darüber gehört: sie waren nach dem Prinzip einer Zwangsjacke aus Stahl gemacht und preßten eine Frau so fest zusammen, daß sie keine Brüste hatte, absolut keine Brüste! Die Mädchen drückten die Hände zur Illustration an ihre dicken Rippen. Würde Flory nicht so freundlich sein, die englische Dame zu fragen? Hinter dem Laden war ein Raum, wo sie mit ihnen hingehen und sich ausziehen könnte. Sie hatten so darauf gehofft, ein Korsett zu sehen.
    Dann versiegte die Unterhaltung plötzlich. Elizabeth saß steif da und hielt ihr winziges Teetäßchen; sie brachte es nicht über sich, noch einmal zu kosten, und ihr Lächeln war ziemlich mühsam. Die Stimmung der Orientalen wurde bedrückt; sie merkten, daß das englische Mädchen, das an ihrer Unterhaltung nicht teilnehmen konnte, sich nicht wohl fühlte. Ihre Eleganz und ihre fremdländische Schönheit, die sie vorhin noch entzückt hatte, begann sie ein bißchen einzuschüchtern. Selbst Flory war sich dieses Gefühls bewußt. Es kam einer jener schrecklichen Momente, die man bei Orientalen hat, wenn jeder den Blick des anderen meidet und vergeblich versucht, irgend etwas zu sagen. Dann kroch das nackte Kind, das im Hintergrund des Ladens in einigen Körben gekramt hatte, zu den Europäern herüber. Es musterte mit großer Neugier ihre Schuhe und Strümpfe, dann sah es aufblickend ihre weißen Gesichter und wurde von Schrecken ergriffen. Es stieß einen trostlosen Jammerschrei aus und begann auf den Fußboden zu pissen.
    Die alte Chinesin blickte auf, schnalzte mit der Zunge und rollte weiter Zigaretten. Niemand sonst beachtete den Vorgang auch nur im geringsten. Eine Pfütze begann sich auf dem Fußboden zu bilden. Elizabeth war so entsetzt, daß sie ihre Tasse hastig hinsetzte und den Tee verschüttete. Sie zupfte Flory am Arm.
    »Dieses Kind! Sehen Sie doch nur, was es macht! Wirklich, kann denn nicht jemand - es ist zu schrecklich!«
    Einen Augenblick starrten alle sie erstaunt an, dann

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