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orwell,_george_-_tage_in_burma

Titel: orwell,_george_-_tage_in_burma Kostenlos Bücher Online Lesen
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Goldmohurbäume und ein über zwei Meter hoher Stockrosenbusch mit runden, roten Blüten wie gerötete Mädchengesichter. Flory nahm im Schatten den Hut ab und fächelte sich das Gesicht.
    »Nun, wir sind vor der schlimmsten Hitze zurück. Ich fürchte, unser Ausflug zum Basar war im ganzen kein Erfolg.«
    »Doch, doch. Es hat mir Spaß gemacht, wirklich.« »Nein - ich weiß nicht, aber irgendwie scheint immer etwas
    schief zu gehen. - Ach, übrigens! Sie haben doch nicht vergessen, daß wir übermorgen auf die Jagd gehen wollen? Hoffentlich paßt Ihnen dieser Tag?«
    »Ja, und mein Onkel wird mir sein Gewehr leihen. Das wird lustig werden! Sie werden mir das Schießen beibringen müssen. Ich freue mich so drauf.«
    »Ich auch. Es ist eine schlechte Jahreszeit für die Jagd, aber wir werden unser Bestes tun. Dann also auf Wiedersehen.«
    »Auf Wiedersehen, Mr. Flory.«
    Sie nannte ihn noch immer Mr. Flory, obwohl er sie mit Elizabeth anr edete. Sie trennten sich und gingen ihrer Wege; beide dachten an den Jagdausflug, der, so empfanden sie beide, gewissermaßen alles zwischen ihnen in Ordnung bringen würde.
    In der stickigen, einschläfernden Hitze des Wohnzimmers, das durch den Perlenvor hang fast verdunkelt wurde, ging U Po Kyin langsam auf und ab und prahlte. Von Zeit zu Zeit steckte er eine Hand unter sein Unterhemd und kratzte sich seine schwitzenden Brüste, die vor Fett so groß waren wie Frauenbrüste. Ma Kin saß auf ihrer Matte und ra uchte dünne weiße Zigarren. Durch die offene Tür des Schlafzimmers konnte man eine Ecke des riesigen, katafalkähnlichen Bettes mit den geschnitzten Teakpfosten sehen, auf dem er so manche Frau vergewaltigt hatte.
    Ma Kin hörte jetzt zum erstenmal von der »a nderen Angelegenheit«, die U Po Kyins Angriff auf Dr. Veraswami zugrunde lag. So sehr er ihre Intelligenz verachtete, eröffnete er Ma Kin doch früher oder später meistens seine Geheimnisse. Sie war der einzige Mensch in seiner unmittelbaren Umgebung, der keine Angst vor ihm hatte, und darum machte es Vergnügen, ihr zu imponieren.
    »Also, Kin, Kin«, sagte er, »du siehst, daß alles plangemäß verlaufen ist. Schon achtzehn anonyme Briefe, und jeder einzelne ein Meisterwerk. Ich würde dir einige davon vorlesen, wenn ich glaubte, daß du imstande wärest, sie zu würdigen.«
    »Aber wenn nun die Europäer deine anonymen Briefe gar nicht beachten? Was dann?«
    »Nicht beachten? Aha, keine Angst! Ich glaube, ich verstehe etwas von der europäischen Mentalität. Laß dir sagen, Kin Kin, wenn es etwas gibt, das ich kann, so ist es das Schreiben anonymer Briefe.«
    Das stimmte. U Po Kyins Briefe hatten schon gewirkt, besonders auf ihr Hauptziel, Mr. Macgregor.
    Erst vor zwei Tagen hatte Mr. Macgregor einen sehr unruhigen Abend verbracht , als er zu einem Entschluß zu kommen versuchte, ob Dr. Veraswami der Illoyalität gegen die Regierung schuldig sei oder nicht. Natürlich ging es hier nicht um eine offenkundige illoyale Handlungsweise - das war ganz unwichtig. Es kam darauf an, ob der Doktor ein Mann war, dem man aufrührerische Ansichten zutrauen konnte? In Indien wird man nicht nach dem beurteilt, was man tut, sondern nach dem, was man ist. Der geringste Hauch eines Mißtrauens gegen die Loyalität eines orientalischen Beamten kann diesen zugrunde richten. Mr. Macgregor war von Natur aus zu gerecht, um sogar einen Orientalen ohne weiteres zu verurteilen. Er hatte bis Mitternacht über einem ganzen Stoß vertraulicher Papiere gebrütet, darunter die fünf anonymen Briefe, die er erhalten hatte, außerdem zwei weiteren, die ihm, mit einem Kaktusdorn zusammengeklammert, von Westfield nachgesandt worden waren.
    Es waren nicht nur die Briefe. Gerüchte über den Doktor waren von allen Seiten zu ihm gelangt. U Po Kyin hatte durchaus begriffen, daß es an sic h nicht genügte, den Doktor einen Verräter zu nennen; es war notwendig, seinen Ruf in jeder möglichen Weise zu untergraben. Der Doktor wurde nicht nur der Aufwiegelei angeklagt, sondern auch der Erpressung, Vergewaltigung, Folter, der Ausführung gesetzwidr iger Operationen oder des Operierens im Zustande sinnloser Betrunkenheit, des Mordes durch Gift, des Mordes durch sympathetische Zauberei, des Essens von Ochsenfleisch, des Verkaufs von Totenscheinen an Mörder, des Betretens der Pagode in Schuhen und homosexueller Annäherungsversuche bei dem Trommelbuben der Militärpolizei. Wenn man hörte, was über ihn gesagt wurde, mußte jeder sich den Doktor als

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