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orwell,_george_-_tage_in_burma

Titel: orwell,_george_-_tage_in_burma Kostenlos Bücher Online Lesen
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eine Mischung aus Machiavelli, Sweeny Todd und dem Marquis de Sade vorstellen. Mr. Macgregor hatte der Sache zunächst nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt. Er war zu sehr an solcherlei gewöhnt. Aber mit dem letzten Brief hatte U Po Kyin einen Streich geführt, der selbst für ihn eine glänzende Leistung war.
    Er betraf den Ausbruch des Banditen Nga Shwe O aus dem Gefängnis von Kyauktada. Nga Shwe O, der die Hälfte einer wohlverdienten siebenjährigen Haft abgesessen hatte, hatte seine Flucht monatelang vorbereitet, und als erstes hatten seine in Freiheit befindlichen Freunde einen indischen Wärter bestochen. Der Wärter bekam seine hundert Rupien im voraus, bat um Urlaub, um einen sterbenden Verwandten zu besuchen, und verbrachte mehrere ereignisreiche Tage in den Bordellen von Mandalay. Es verging einige Zeit, der Tag des Ausbruchs wurde mehrmals verschoben - und der Wärter bekam inzwischen immer mehr Heimweh nach den Bordellen in Mandalay. Schließlich beschloß er, sich eine weitere Belohnung zu verdienen, indem er U Po Kyin den Plan verriet. Aber U Po Kyin sah wie gewöhnlich seine Chance. Er befahl dem Wärter bei schwerster Strafe, den Mund zu halten und dann, gerade in der Nacht des geplanten Ausbruchs, als es zu spät war, etwas zu unternehmen, schrieb er wieder einen anonymen Brief an Mr. Macgregor, in dem er ihn vor dem Ausbruchsversuch warnte. In dem Brief stand - unnö tig zu sagen - unter anderm, daß Dr. Veraswami, der Gefängnisdirektor, für sein stillschweigendes Einverständnis bestochen worden sei.
    Am Morgen war ein Tumult und ein großes Hin und Her von Wärtern und Polizisten im Gefängnis, denn Nga Shwe O war ausgebrochen. (Er war inzwischen weit weg auf dem Fluß in einem von U Po Kyin gelieferten Sampan.) Diesmal war Mr. Macgregor sprachlos. Wer auch immer den Brief geschrieben hatte, mußte an dem Komplott beteiligt sein und sagte wahrscheinlich die Wahrheit über das Einverständnis des Doktors. Es war eine sehr ernste Angelegenheit. Ein Gefängnisdirektor, der sich bestechen läßt, um einen Häftling entkommen zu lassen, ist zu allem fähig. Und darum - vielleicht war die logische Folgerung nicht ganz klar, aber für Mr. Macgregor war sie klar genug - , darum wurde die Anklage wegen Aufwiegelei, die Hauptanklage gegen den Doktor, sehr viel glaubwürdiger.
    U Po Kyin hatte die anderen Europäer zur gleichen Zeit angegriffen. Flory, des Doktors Freund und die Hauptquelle seines Prestiges, hatte sich leicht genug Angst einjagen lassen, so daß er seinen Freund im Stich ließ. Mit Westfield war es ein bißchen schwieriger. Westfield als Polizist wußte sehr viel über U Po Kyin, und es war denkbar, daß er ihm seine Pläne verderben konnte. Polizisten und Richter sind von Natur aus Feinde. Aber U Po Kyin hatte verstanden, selbst diese Tatsache zu seinem Vorteil auszunützen. Er hatte den Doktor beschuldigt, natürlich anonym, mit dem berüchtigten bestechlichen Schurken U Po Kyin im Bunde zu sein. Das erledigte den Fall Westfield. Und was Ellis betraf, so waren bei ihm keine anonymen Briefe notwendig; nichts konnte seine Meinung über den Doktor schlimmer machen, als sie schon war.
    U Po Kyin hatte sogar einen seiner anonymen Briefe an Mrs. Lacker steen geschickt, denn er kannte die Macht der europäischen Frauen. Dr. Veraswami, so hieß es in dem Brief, stiftete die Eingeborenen dazu an, die europäischen Frauen zu entführen und zu vergewaltigen - Einzelheiten wurden nicht angegeben, sie waren auch nicht nötig. U Po Kyin hatte Mrs. Lackersteens schwachen Punkt getroffen. Für ihre Vorstellung vermittelten die Worte ›Aufwiegelei‹, ›Nationalismus‹, ›Rebellion‹, ›Autonomie‹ ein und nur ein Bild, nämlich wie sie selbst von einer Prozession kohlschwarzer Kulis mit rollenden weißen Augäpfeln vergewaltigt wurde. Es war ein Gedanke, der sie zuweilen nachts wachhielt. Welche Hochachtung die Europäer auch einst für den Doktor gehabt hatten, sie zerbröckelte mit größter Geschwindigkeit.
    »Du siehst also«, sagte U Po Kyin mit wohlgefälliger Miene, »du siehst, wie ich ihn untergraben habe. Er ist wie ein an der Wurzel angesägter Baum. Noch ein Schlag, und er fällt um. In spätestens drei Wochen werde ich ihm diesen Schlag versetzen.«
    »Wie?«
    »Darauf komme ich gleich zu sprechen. Ich glaube, es ist Zeit, daß du etwas darüber hörst. Du hast keinen Verstand für solche Angelegenheiten, aber du verstehst den Mund zu halten. Du hast doch von diesem Aufstand

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