orwell,_george_-_tage_in_burma
schnabelförmigen Bugen, auf die Augen gemalt waren, an ihren Ankerpfosten.
Flory und Elizabeth blieben einen Augenblick beobachtend stehen. Ketten von Frauen kamen vorbei, die auf dem Kopf Gemüsekörbe balancierten, und glotzäugige Kinder starrten die Europäer an. Ein alter Chinese im himmelblau verblichenen groben Arbeitsanzug eilte vorüber, ein unerkennbares, blutiges Stück Schweinsdarm zärtlich an sich gedrückt.
»Wollen wir nicht herumgehen und ein bißchen in die Buden schauen?« fragte Flory.
»Empfiehlt es sich, sich unter diese Menge zu mischen? Alles ist so grauenhaft schmutzig.«
»Ach, das macht nichts, sie werden uns Platz machen. Es wird Sie interessieren.«
Elizabeth folgte ihm zögernd und unwillig. Warum mußte er sie immer an solche Plätze bringen? Warum schleppte er sie immer und ewig unter die ›Eingeborenen‹ und versuchte, ihr Interesse für sie zu wecken und ihre dreckigen, ekelhaften Sitten zu beobachten? Das alles war irgendwie verkehrt. Trotzdem folgte sie ihm, da sie sich nicht imstande fühlte, ihren Widerwillen zu erklären. Eine Welle von stickiger Luft schlug ihnen entgegen, ein Gestank nach Knoblauch, gedörrtem Fisch, Schweiß, Staub, Anis, Nelken und Kurkuma. Die Menge umdrängte sie, Schwärme von stämmigen Bauern mit zigarrenbraunen Gesichtern, verdorrte alte Leute, das graue Haar am Hinterkopf zu einem Knoten gebunden, junge Mütter, die ihre nackten Babies auf der Hüfte trugen. Flo wurde getreten und jaulte. Ordinäre, starke Schultern stießen Elizabeth an, als die Bauern sich um die Buden drängten, denn sie waren zu sehr mit Feilschen beschäftigt, um eine weiße Frau anzustarren.
»Sehen Sie!« Flory zeigte mit seinem Stock auf eine Bude und sagte etwas, aber es ging in dem Geschrei von zwei Frauen unter, die über einem Korb mit Ananas die Fäuste gegeneinander schüttelten. Elizabeth war vor dem Gestank und Lärm zurückgewichen, aber er merkte es nicht und führte sie tiefer in die Menge hinein, sie auf diese und jene Bude aufmerksam machend. Die Waren sahen fremdländ isch, sonderbar und ärmlich aus. Da gab es große Grapefruits, die wie grüne Monde an Leinen hingen, rote Bananen, Körbe mit heliotropfarbenen Garnelen von Hummergröße, in Bündel gebundenen spröden Dörrfisch, karminrote Paprikaschoten, aufgeschlitzte und wie Schinken geräucherte Enten, grüne Kokosnüsse, die Larven des Rhinozeroskäfers, Abschnitte von Zuckerrohr, Dahs, lackierte Sandalen, karierte seidene Longys, Aphrodisiaka in Form von großen, seifenartigen Pillen, meterhohe glasierte irdene Krüge, chinesis che Bonbons, aus Knoblauch und Zucker gemacht, grüne und weiße Zigarren, purpurne Prinjals, Halsketten aus Dattelkernen, Hühner, die in Rohrkörben gackerten, Messing- Buddhas, herzförmige Betelblätter, Flaschen mit Bullrich- Salz, falsche Zöpfe, Kochtöpfe aus rotem Ton, Stahlhufe für Ochsen, Marionetten aus Papiermache, Streifen von Alligatorhaut mit Zauberkraft. Elizabeths Kopf begann sich zu drehen. Am anderen Ende des Basars schien die Sonne blutrot durch den Schirm eines Priesters wie durch das Ohr eines Riesen. Vor einer Bude waren vier drawidische Frauen damit beschäftigt, in einem großen hölzernen Mörser mit schweren Stangen Kurkuma zu stoßen. Das scharfriechende gelbe Pulver flog hoch und kitzelte Elizabeth in der Nase, so daß sie niesen mußte. Sie hat te das Gefühl, keinen Augenblick länger hier aushaken zu können. Sie faßte Flory am Arm.
»Diese vielen Menschen - die Hitze ist so schrecklich. Könnten wir nicht in den Schatten gehen?«
Er wandte sich um. Um die Wahrheit zu sagen: er hatte zuviel damit zu tun gehabt, zu reden - größtenteils unhörbar wegen des Lärms - , um zu merken, wie sie unter Hitze und Gestank litt.
»O ja, natürlich. Es tut mir leid. Wir wollen gleich hier weggehen. Ich will Ihnen was sagen : wir werden zum Laden vom alten Li Yeik gehen - das ist der chinesische Lebensmittelhändler - , und er wird uns was zu trinken geben. Es ist hier ziemlich schwül.«
»All diese Gewürze - sie nehmen einem direkt den Atem. Und was ist dieser schreckliche Fischgeruch?«
»Ach, nur eine Art Sauce, die sie aus Garnelen machen. Sie graben sie ein und nach mehreren Wochen graben sie sie wieder aus.«
»Nein, wie entsetzlich!«
»Ganz gesund, glaube ich. Geh da weg!« sagte er zu Flo, die an einem Korb mit einer Art Gründlingen schnupperte, die Stacheln an den Kiemen ha tten.
Li Yeiks Laden lag gegenüber dem anderen Ende des
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