Oryx und Crake
rumort, muss er mit dem Frühstück warten, bis er dort ist: Er wünschte, er hätte noch ein paar Cashewnüsse. Aber er hat nur noch die SoyOBoy-Sardinen, die er sich als eiserne Reserve aufspart.
Die Luft ist kühl und frisch, der Geruch zerdrückter Blätter der reine Luxus nach dem feuchten, fauligen Geruch im Torhaus. Er atmet mit Genuss tief durch, dann zieht er in Richtung Einkaufszentrum los. Nach drei Querstraßen hält er inne: Sieben Organschweine sind aus dem Nichts aufgetaucht. Sie starren ihn an, die Ohren nach vorne gestellt.
Sind es dieselben wie gestern? Während er noch hinschaut, beginnen sie, langsam auf ihn zuzuwandern.
Sie haben irgendwas im Sinn, kein Zweifel. Er dreht sich um, geht in Richtung Torhaus zurück, beschleunigt den Schritt. Sie sind weit genug weg, dass er noch rennen kann, falls er muss. Er blickt über die Schulter zurück: Jetzt kommen sie im Trab. Er beeilt sich, fängt an zu laufen.
Dann sieht er eine andere Gruppe durch das Tor weiter vorn, acht oder neun von ihnen, die über das Niemandsland auf ihn zukommen. Sie sind fast am Haupttor, schneiden ihm den Weg ab. Es ist, als ob die beiden Gruppen das geplant hätten; als ob sie seit einiger Zeit gewusst hätten, dass er im Torhaus war, und darauf gewartet hätten, dass er rauskommt, weit genug raus, damit sie ihn umzingeln können.
Er erreicht das Torhaus, geht durch den Eingang, zieht die Tür zu. Sie lässt sich nicht verriegeln. Das elektronische Schloss funktioniert natürlich nicht mehr.
»Natürlich!«, brüllt er. Sie sind imstande, das aufzuhebeln, mit ihren Füßen oder Schnauzen aufzustemmen. Sie waren immer Ausbruchskünstler, die Organschweine: Wenn sie Finger hätten, würden sie die Welt beherrschen. Er läuft durch den nächsten Eingang in den Empfangsbereich, schlägt die Tür hinter sich zu. Dieses Schloss ist ebenfalls kaputt, selbstverständlich. Er schiebt den Schreibtisch, an dem er geschlafen hat, vor die Tür, schaut durch das kugelsichere Fenster: Da kommen sie. Sie haben die Tür mit den Rüsseln aufgestoßen, jetzt sind sie im ersten Raum, zwanzig oder dreißig von ihnen, Eber und Säuen, aber die Eber vorne, sie drängen sich rein, grunzen gierig, beschnüffeln seine Fußabdrücke. Jetzt hat ihn eins durch das Fenster gesehen. Noch mehr Grunzen: Jetzt schauen sie alle zu ihm hoch. Was sie sehen, ist sein Kopf, an dem, wie sie wissen, ein leckerer Fleischklops hängt, der nur darauf wartet, aufgebrochen zu werden. Die beiden größten, zwei Eber mit – jawohl – scharfen Hauern, bewegen sich Seite an Seite zur Tür, stoßen mit ihren Schultern dagegen.
Mannschaftsspieler, die Organschweine. Jede Menge Muskelkraft da draußen.
Falls sie sich nicht durch die Tür zwängen können, werden sie warten, bis er wieder rauskommt. Sie werden es in Staffeln machen, einige äsen draußen, andere passen auf. Die könnten das ewig aufrechterhalten, sie werden ihn aushungern. Sie können ihn da drin riechen, sein Fleisch riechen.
Jetzt kommt ihm in den Sinn, nach der Landkrabbe zu schauen, aber sie ist weg. Sie muss sich ganz in ihren Bau verzogen haben. Das ist es, was er braucht, einen eigenen Bau. Einen Bau, eine Schale, ein paar Scheren.
»Also«, sagt er laut. »Was jetzt?«
Schatz, du bist erledigt.
Sprechfunk
Nach einer Zeit geistiger Abwesenheit, während der ihm überhaupt nichts einfällt, steht Schneemensch von seinem Sessel auf. Er kann sich nicht erinnern, sich da hingesetzt zu haben, aber das muss er wohl getan haben. Er hat Bauchkrämpfe, anscheinend fürchtet er sich ganz schön, obwohl er nichts spürt; er ist ganz ruhig. Die Tür bewegt sich im Takt des Stoßens und Polterns von der anderen Seite; es wird nicht mehr lange dauern, bis die Organschweine durchbrechen. Er nimmt die Taschenlampe aus seinem Plastiksack, knipst sie an, geht in den inneren Raum zurück, wo die beiden Typen in den Bioschutzanzügen auf dem Boden liegen. Er leuchtet in alle Ecken. Es gibt da drei verschlossene Türen; er hätte sie gestern Abend sehen müssen, aber gestern Abend hatte er nicht versucht, hier rauszukommen.
Zwei der Türen bewegen sich nicht, als er sie zu öffnen versucht; sie müssen irgendwie abgeschlossen oder von der anderen Seite blockiert sein. Die dritte lässt sich leicht öffnen. Dahinter liegt wie eine plötzliche Hoffnung eine Treppe. Eine steile Treppe. Organschweine, fällt ihm ein, haben kurze Beine und fette Bäuche. Genau das Gegenteil von ihm.
Er hetzt so schnell die
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