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Oryx und Crake

Oryx und Crake

Titel: Oryx und Crake Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Atwood
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ausdrücken.
    Welche soll ich denn ausdrücken?
    Du brauchst nicht feindselig zu sein, Jimmy, ich weiß, wie du dich fühlst.
    Wenn Sie sowieso wissen, wie ich mich fühle, wieso fragen Sie mich dann?
    Und so weiter.

    Jimmys Vater sagte, sie beide müssten jetzt einfach zusehen, dass sie sich so gut wie möglich durchschlugen. Also schlugen sie sich durch.

    Sie schlugen sich durch, was das Zeug hielt, schenkten sich morgens Orangensaft ein und stellten das Geschirr in die Spülmaschine, wenn sie daran dachten, und nach ein paar Wochen des Durchschlagens hatte Jimmys Vater seine grüne Farbe verloren und begann wieder Golf zu spielen.
    Man merkte ihm an, dass er sich insgeheim nicht allzu mies fühlte, seitdem das Schlimmste vorbei war. Er fing an, beim Rasieren zu pfeifen. Er rasierte sich öfter. Nach einer Anstandsfrist zog Ramona ein.
    Von nun an verlief das Leben in völlig anderen Bahnen; dazu gehörten auch kichernde, knurrende Sexorgien hinter verschlossenen, aber nicht schalldichten Türen, während Jimmy seine Musik laut aufdrehte und sich bemühte, wegzuhören. Er hätte das Schlafzimmer der beiden verwanzen können, um sich die gesamte Show zu gönnen, aber das widerstrebte ihm zutiefst. Eigentlich war es nur peinlich. Einmal kam es zu einer unangenehmen Begegnung in der oberen Diele, Jimmys Vater in ein Badehandtuch gewickelt, die Ohren vom Kopf abstehend, die Wangen gerötet von der letzten erotischen Tollerei, Jimmy selbst rot vor Scham und bemüht, so zu tun, als wäre nichts. Die beiden hormonberauschten Turteltauben hätten wenigstens so viel Anstand haben können, sich in die Garage zurückzuziehen, statt Jimmy ihr Liebesleben ständig unter die Nase zu reiben. Er hatte das Gefühl, unsichtbar zu sein. Aber das wollte er auch sein.

    Seit wann war das denn schon zwischen den beiden gelaufen, fragt sich Schneemensch jetzt. Hatten sie es schon hinter den Organschweinboxen getrieben, im Bioanzug und mit ihren sterilen Masken? Das kann er sich nicht vorstellen: Sein Vater war ein Computerfreak, kein Betrüger.
    Obwohl man natürlich beides sein konnte. Aber sein Vater – das glaubt er jedenfalls – war zu wenig durchtrieben und ein zu schlechter Lügner, um sich auf Verrat und Betrug einzulassen, ohne dass seine Mutter es merkte.
    Aber vielleicht hatte sie es ja gemerkt. Vielleicht war das der Grund für ihre Flucht, jedenfalls einer von mehreren Gründen. Man fällt nicht mit dem Hammer – zu schweigen vom Elektroschraubenzieher und von der Rohrzange – über den Computer eines anderen her, ohne ziemlich wütend auf ihn zu sein.
    Aber sie war eher allgemein wütend gewesen: Ihr Zorn hatte jeden einzelnen Anlass weit überstiegen.

    Je mehr Schneemensch darüber nachdenkt, desto mehr ist er überzeugt, dass Ramona und sein Vater sich zurückgehalten hatten. Sie warteten, bis Jimmys Mutter in einem Pixelschauer verschwunden war, ehe sie einander in die Arme fielen. Sonst hätte es dieses ausgiebige, ernste, schuldlose Einander-Anstarren in Andre’s Bistro bei Organlnc nicht gegeben. Hätten sie schon damals eine Affäre gehabt, so hätten sie sich in der Öffentlichkeit kurz angebunden und geschäftsmäßig verhalten oder wären einander überhaupt aus dem Weg gegangen; sie wären in finsteren Ecken zu hastigen, schmutzigen Begegnungen zusammengekommen, hätten sich zwischen abgeplatzten Knöpfen und verhakten Reißverschlüssen auf dem Büroteppich gewälzt, hätten einander auf öffentlichen Parkplätzen ins Ohrläppchen gebissen und sich diese antiseptischen Verabredungen zum Lunch erspart, bei denen sein Vater auf die Tischplatte starrte, während Ramona Karotten verflüssigte. Sie hätten sich nicht bei Grünzeug und Organschweinpastete nacheinander verzehrt und Klein-Jimmy dabei als lebenden Schild benutzt.
    Aber Schneemensch fällt keine Urteile. Er weiß, wie so etwas abläuft oder abgelaufen ist. Er ist jetzt erwachsen und hat weit Schlimmeres auf dem Gewissen. Mit welchem Recht könnte er ihnen Vorwürfe machen?
    (Er macht ihnen Vorwürfe.)

    Ramona forderte Jimmy auf, sich zu ihr zu setzen, musterte ihn mit ihren riesigen, schwarz umrahmten, verschmierten, aufrichtigen Augen und sagte, sie wisse, dass es sehr schwer für ihn sei. Es sei für sie alle ein Trauma, auch für sie sei es nicht leicht, obwohl er das vielleicht, na ja, ein bisschen anders sehe, und sie sei sich bewusst, dass sie seine echte Mutter nie ersetzen könne, aber sie hoffe, sie könnten vielleicht Freunde sein? Jimmy

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