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Osiris Ritual

Osiris Ritual

Titel: Osiris Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Mann
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eines meiner üblichen Gebräue anzubieten. Ich habe im
Hinterzimmer noch eine Dose Earl Grey. Lassen Sie mich nur rasch in der
Werkstatt aufräumen, dann setze ich einen Kessel auf.«
    Newbury lächelte. »Vielen Dank, Aldous.«
    Der andere Mann rieb sich die Hände an der Schürze sauber und
nickte. »Ich sperre nur rasch den Laden ab. Gehen Sie schon voran, dort hinein …«
Er drehte sich zu der Tür hinter der Theke um und stieß sie auf, um Newbury ins
Hinterzimmer zu bugsieren.
    Der Agent trat über die Schwelle und passte dabei genau auf, dass er
nicht stolperte, denn es ging eine Stufe abwärts. Der große Raum hinter der Tür
war abgedunkelt, die einzigen Lichtquellen waren ein Bunsenbrenner und eine
seltsame Glaskugel in einer Ecke, in der ein Sturm von violetten elektrischen
Blitzen tobte. Auf der Werkbank in der Mitte des Raums standen mehrere mit
Röhren verbundene bauchige Glasflaschen. Dort blubberte eine ungewöhnliche
rosafarbene Flüssigkeit über dem Bunsenbrenner. Die Dämpfe wurden in eine
andere Flasche daneben abgeleitet. Immer noch war das dumpfe Pochen zu hören,
und jetzt bemerkte Newbury das Gerät, das es hervorbrachte. Es war eine große
Eisenkiste mit zwei Hebeln, die auf dem Boden stand. Ein Gewirr dicker Kabel
entsprang daraus, und sie hatte eine Anzeige ohne Markierungen. Anscheinend war
es eine Art Generator, der die elektrischen Lichtbögen in der Ecke speiste.
Andere bizarre Objekte lagen in Haufen auf dem Boden oder unsortiert in den
Regalen, die jeden freien Fleck der Wände einnahmen: ungewöhnliche Masken,
Ampullen mit absonderlichen Proben, seltsame afrikanische Idole, Bestandteile
verschiedenster mechanischer Vorrichtungen. Newbury lächelte. Der Raum
erinnerte ihn ein wenig an sein Arbeitszimmer in Chelsea, obwohl Auswahl und
Unordnung hier viel größer waren. Ein bestimmtes Regal fesselte Newburys
Aufmerksamkeit ganz besonders. Hier, im Hinterzimmer des kleinen Ladens, gab es
womöglich die beste Sammlung okkulter und esoterischer Literatur, die sich je
unter einem Dach befunden hatte. Diese Bibliothek war weitaus umfangreicher als
Newburys eigene, die ja nicht gerade unbedeutend zu nennen war. Er hatte schon
viele Stunden hier verbracht, die Regale durchgesehen und die seltenen Bände
betrachtet, die Renwick aus irgendwelchen Quellen angesammelt hatte. Es gab
Ausgaben alter hermetischer Abhandlungen, die man seit der Plünderung der
Bibliothek von Alexandria für verschollen hielt, seltene venezianische Traktate
über die Beschwörung böser Geister, Schilderungen arkaner Rituale, die auf die
untergegangenen Druidenstämme Preußens zurückgingen, und vieles andere mehr. Es
war ein wundervoller Anblick und eines der am besten gehüteten Geheimnisse des
ganzen Empire. Im Gegensatz zu den eher langweiligen Wälzern, die vorn im Laden
standen, waren diese einzigartigen Werke unverkäuflich. Im Laufe der Zeit hatte
Newbury allerdings herausgefunden, dass Renwick ein umgänglicher Kerl war und
eine wunderbare Quelle von seltenem, ungewöhnlichem Wissen darstellte, wenn ihm
nur die richtige Person die richtige Frage stellte.
    Renwick trat nun ebenfalls ein und zog hinter sich die Tür zu. Einen
Moment lang sah er sich abwesend um, dann ging er weiter, schob sich wortlos an
Newbury vorbei und setzte einen Kessel auf den kleinen Ofen.
    Newbury betrachtete unterdessen die Tür, die mit allerhand
geschnitzten Runen und Schutzzaubern geschmückt war. Einige erkannte er. Die
sechsfingrige Hand in einem Kreis etwa sollte Hexen davon abhalten, die
Schwelle zu überschreiten. Er schüttelte den Kopf. Wie Renwick war auch dieser
Raum voller Widersprüche. Die Produkte moderner Wissenschaft – der Generator,
die elektrischen Lichtbögen, das künstliche Auge – passten nicht recht zu den
eher übernatürlichen Themen, mit denen sich der Mann sonst befasste. Die
Wissenschaft und das Okkulte. Im Grunde hatte Newbury jedoch keine Ahnung, wo
das eine aufhörte und das andere begann. Offensichtlich erkundete Renwick
dieses Grenzland, und nach den Schutzsymbolen zu urteilen, die er in die Tür,
die Wände und den Boden geritzt hatte, ging er kein Risiko ein.
    Renwick wartete, bis das Wasser kochte, dann drehte er sich um und
winkte Newbury, sich auf einem Stuhl niederzulassen, auf dem Papiere gestapelt
waren. »Setzen Sie sich, Mann. Es könnte eine Weile

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