Osterfeuer (German Edition)
angenommen hatte, sonst wäre sie
nicht gekommen zu diesem Zeitpunkt.
»Weißt du, mir tut es eben gut,
einfach alles herauszulassen, meinen Kummer und auch meine Wut, dass ich das nicht
verhindern konnte. Ich fühle mich jetzt schon viel besser. Darf ich dir einen Kaffee,
Tee oder sonst irgendwas anbieten?«
»Ein Tee wäre gut.«
Bald darauf saßen sie zusammen am Küchentisch, es duftete nach geröstetem
Weißbrot und Trude aß davon zwei Scheiben mit Butter und Orangenmarmelade. Sie hatte
seit dem Vorabend noch nichts wieder zu sich genommen und verspürte, nachdem sich
ihr Gefühlssturm gelegt hatte, plötzlich heftigen Hunger. Iris trank ihren Tee,
sie wollte nichts essen und lauschte Trude, die wieder und wieder über Elsbeths
Tod rätselte und von der polizeilichen Suchaktion am Morgen berichtete.
»Und irgendwann sind dann die beiden
Kommissare zu mir gekommen, um mir zu sagen, dass sie Krischan gefunden haben, in
ziemlich heiklem Gesundheitszustand. Sie haben ihn sofort in die Klinik bringen
lassen. Zum Glück musste nicht ich ihn identifizieren, da ortsansässige Beamte ihn
gleich erkannt haben. Drei Tage hat er da im Bach gelegen, schwer verletzt, wie
es scheint und deshalb scheidet er in Elsbeths Fall …«
Trude mühte sich um eine sachliche,
emotionslose Sprache.
»Also da scheidet er jedenfalls
als Täter aus. Man weiß noch nicht, ob er durchkommt. Die Polizei scheint sehr gespannt
zu sein, was er zu erzählen hat. Wenn er es nicht gewesen ist, so vermuten sie zumindest,
dass er Zeuge des Mordes an Margot war.«
Und schon war es wie immer: Trude
erzählte, Iris schwieg und es war nicht festzustellen, ob sie wirklich mit Interesse
zuhörte oder das Ganze nur höflichkeitshalber über sich ergehen ließ.
»Aber weißt du, was das heißt, Iris?«
Trude sah die Freundin ernst an
und legte ihr eine Hand auf die Schulter.
»Das heißt, dass hier immer noch
ein Mörder frei herumläuft. Also, pass auf dich auf, Iris! Wenn es dir lieber ist,
kannst du auch zu uns ins Haus umziehen.«
»Danke für das Angebot, aber das
wird nicht nötig sein, denke ich. Wahrscheinlich wird Betty übermorgen entlassen
und dann treten wir sofort die Heimreise an. Ich will übrigens jetzt einen Besuch
bei ihr machen. Hättest du Lust, mich zu begleiten?«
»Nein, ich denke nicht, dass ich
das möchte nach meinen gestrigen Erfahrungen mit Bettys Hysterien. Vielleicht verstehst
du das …«
»Sicher. Dann mache ich mich jetzt
auf den Weg …«
Iris erhob sich.
»Iris!«
Der alte Impuls, die Freundin zu
umsorgen und zu beschützen, war wieder da. Trude musste einfach aufspringen und
sie umarmen.
»Komm wenigstens heute Abend zum
Essen herüber, ja? Damit du nicht die ganze Zeit so allein da drüben herumsitzt
…«
»Du vergisst, dass ich es gewöhnt
bin, allein zu sein. Mir fällt es manchmal eher schwer, Gesellschaft zu ertragen
… Aber heute Abend komme ich gerne.«
Iris entwand sich der Umarmung,
die ihr wie immer unangenehm zu sein schien und verließ die Küche durch die gläserne
Terrassentür.
Der Ficus Benjamini war hoch gewachsen und von sattem Grün und auch
die Dieffenbachie strotzte nur so vor Kraft und Frische. Kein gelbes Blättchen störte
an diesen kerngesunden Grüngewächsen.
»Wirklich beneidenswert!«, brummte
Angermüller. Jansen gähnte und hob fragend die Brauen. Schon viel zu lange saßen
sie jetzt in diesem Krankenhausflur und warteten auf den Bericht der Ärzte, die
sich um Krischan Lage bemühten, hofften, vielleicht auch mit ihm reden zu können.
»Na, die Pflanzen hier sind super
gepflegt! Schau dir das an, wie gerade die gewachsen sind und diese kräftigen, grünen
Blätter. Von solchen Prachtexemplaren kann man doch nur träumen!«
»Ach so, die Pflanzen.«
Jansen hätte sein Desinteresse nicht
deutlicher ausdrücken können. Sein Beruf und sein unstetes Junggesellendasein ließen
ihn meist nur zum Schlafen in seine Wohnung kommen und oft nicht einmal das. Häufig
übernachtete er bei einer seiner Freundinnen, denn seine Räumlichkeiten waren nicht
der Ort, um dort Gäste, geschweige denn weibliche, zu empfangen. Einmal hatte Angermüller
die heiligen Räume betreten, als Jansen mit einer Grippe im Bett lag. In der Küche
gab es kaum Geschirr, dafür reichlich leere und halbleere Fastfood Packungen, einen
Stapel Getränkekästen voller leerer Flaschen und die Einrichtung der beiden Zimmer
war auf das Notwendigste beschränkt: Bett, Stereoanlage, Fernseher,
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