Osterfeuer (German Edition)
Vergangenheit
führen. Eure Gegenwart scheint ja eher unaufregend … Ich geh schlafen.«
Margot hängte ihren Lederbeutel
über die Schulter und strebte der Terrassentür zu. Vom Flur auf der anderen Seite
waren Stimmen zu hören und sogleich kam Oliver in die Küche, gefolgt von einem Mädchen
seines Alters, das einerseits keck, aber auch ein bisschen schüchtern in die Runde
lächelte. Beide sagten »Hallo!«, und Trude stellte das Mädchen als Olivers Freundin
Anna vor, die herumging und brav jeder der Frauen, auch Margot, die neben dem Hinterausgang
stehen geblieben war, die Hand gab. Nur ein Knicks fehlte noch.
Wie immer betrachtete Trude mit
Wohlgefallen das junge Mädchen. Sie fragte sich, ob es an ihrem Alter lag, dass
sie diese jungen Mädels inzwischen oft als überirdisch schöne Wesen bewunderte.
Nicht dass sie alle wirklich makellos schön gewesen wären, aber die ebenmäßige Glätte
ihrer Haut, Annas glänzendes braunes Haar, das ihr lang auf den Rücken fiel, und
der schlanke, geschmeidige Körper, aber auch die noch mangelnde Sicherheit im Umgang
mit sich selbst und anderen, machten einem klar, was Jugend eigentlich hieß und
wie weit man sich davon entfernt hatte. Beneidenswert, wie viele Möglichkeiten hinter
dieser unverbrauchten Frische steckten.
»Sag mal, tragt ihr eigentlich alle
Wonderbra oder habt ihr so viele versteckte Hormone mit der modernen Fertig-nahrung
mitgekriegt, dass ihr jungen Dinger heute alle solche Titten habt?«
Margot lehnte am Türrahmen und schaute
Anna mit einem abfälligen Grinsen an.
Anna wurde knallrot. Oliver ließ
nur ein verlegenes Lachen hören und fragte Trude, ob noch etwas vom Nachtisch übrig
sei.
»Okay, okay – war wohl die falsche
Frage! Ich gehe ja schon! Gute Nacht!«
Und mit den Fingern einer Hand klimpernd,
während sie den andern schon den Rücken zudrehte, verschwand Margot in der Dunkelheit.
Trude hatte sich zurückhalten und nichts zu Margots überraschendem
Kommen sagen wollen. Schließlich sollte die Stimmung dieses schon so lang geplanten
Wochenendes nicht völlig verdorben werden, und außerdem hatte sie den anderen nie
über ihre ganz persönlichen Erfahrungen mit Margot erzählt. Deshalb konnte sie Iris
und Betty jetzt auch keinen Vorwurf machen. Doch Betty selbst sprach das Thema an.
»Es war übrigens nicht ganz allein meine Idee, Margot mit hierher zu bringen. Sie
hat irgendwie mitgekriegt, dass Iris und ich dich besuchen wollten und du kennst
sie ja: Sie hat sich dann einfach eingeklinkt …«
»Und du kennst ja auch Bettys gutes
Herz: Sie kann einfach niemandem was abschlagen, nicht mal Margot …«, warf Iris
ein, nicht ohne Häme.
»Irgendwie tut sie mir halt leid.«
Betty zuckte hilflos mit den Schultern.
»Tssss«, war Iris ganzer Kommentar
und Trude schüttelte den Kopf. Betty suchte nach Erklärungen:
»Wisst Ihr, all ihr Getue um den
tollen Job und die vielen jungen Leute, die irren Typen, die sie immer vernascht,
all ihre Geschichten zeigen nur ihre Angst vor dem Alter und dass sie wahnsinnig
allein ist.«
»Wir sind aber nicht der sozialpsychiatrische
Dienst, Betty!«
Trude ging Bettys Nächstenliebe
wirklich zu weit.
»Sie hat sich doch heute tagsüber
ziemlich zurückgehalten – bis auf wenige Ausnahmen. Tut mir leid, ihr Zwei! Wenn
sie trinkt, wird sie manchmal ein bisschen ausfällig. Leider hat sie in letzter
Zeit ihren Alkoholkonsum ganz schön gesteigert …«
Betty fühlte sich offensichtlich
miserabel und sah die Schuld für ein verdorbenes Wochenende schon auf sich lasten,
was Trude veranlasste doch einzulenken:
»Dann weißt du ja, was du zu tun
hast, Betty: Margot von der Flasche fernhalten und dafür zu sorgen, dass sie keinen
Unsinn redet. Wir lassen uns unser Wiedersehen doch nicht so einfach kaputt machen!«
Erleichtert versprach Betty ihr
Bestes zu tun. Sie wechselten das Thema, kamen von Hölzchen auf Stöckchen, erzählten
und lachten und konnten kein Ende finden. Erst gegen zwei Uhr morgens hoben sie
die Runde auf, kichernd zogen sich Iris und Betty vor der Terrassentür die Gummistiefel
über und marschierten im Schein einer Taschenlampe zum Häuschen hinter der Mühle.
Wenig später schlüpfte Trude im Dunkeln neben den schnarchenden Franz ins Bett,
der im Halbschlaf fragte: »Na, wars schön?«
»Ja, sehr schön.«
»Dann ists ja gut!«
»Schlaf schön weiter!«
Trude lag noch einen Moment wach
und dachte darüber nach, was Betty über Margot gesagt hatte. Wahrscheinlich
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