Osterfeuer (German Edition)
Vergangenheit erzählen.
Mein Gott!«
Babs lachte, »wie sich das anhört!
Meine Vergangenheit! Also, Franz und ich haben es vor langer Zeit mal miteinander
versucht. Das war kurz nach dem Tod von Ollis Mutter. Ich war neu in Warstedt, kannte
kaum jemanden und Franz stand ja auch ganz plötzlich allein. Da hat es sich so ergeben
– aber wie für dieses Kaff üblich, natürlich inoffiziell, weil Franz Angst hatte
vor dem Getratsche, auch mit Rücksicht auf seine Schwiegermutter. Er ist hier eben
unheimlich verwurzelt und akzeptiert sogar diesen verlogenen, kleinstädtischen Sittenkodex
… Es ging auch nicht lange gut mit uns – wir passen einfach nicht zusammen. Der
honorige, brave Eingeborene und die zugereiste Exotin, manche sagen auch Schlampe
…«
Trude schüttelte abwehrend den Kopf.
»Lass man Trude. Heutzutage
ist Warstedt ein weltoffenes, tolerantes Gemeinwesen im Vergleich zu dem geistigen
Klima vor zwanzig Jahren! Und du weißt, wie spießig hier heute noch viele sind.
Wie dem auch sei, wir waren dann nur noch gute Freunde, wie man so sagt, aber das
war fast noch schwieriger, weil’s hier keiner glauben will, so eine schmutzige Fantasie
haben nämlich die guten Leutchen. Irgendwann war dann auch das zu Ende und wir haben
uns nur noch zufällig auf irgendwelchen Festen gesehen. Und bei einer solchen Gelegenheit
hat Franz mich dann auch um Diskretion über unsere frühere Beziehung gebeten, nachdem
er dich kennengelernt hatte. Ich hab’s zwar nicht nachvollziehen können, wozu das
gut sein sollte, aber bitte, kein Problem!«
»Trotzdem frage ich mich, was Franz
vorgestern mitten in der Nacht hier wollte …«, stellte Trude nach dieser ausführlichen
Erklärung ihrer Freundin fest.
»Ehrlich gesagt …«
Babs strich sich die langen Haare
aus dem Gesicht, »ehrlich gesagt, frage ich mich das auch. Dein Mann war wirklich
sternhagelvoll und konnte kaum noch stehen. Erst dachte ich, es sei irgendwas passiert
und nachdem er nicht abzuweisen war, habe ich ihm eine Flasche Wasser hingestellt
und er hat in einem fort erzählt wie glücklich er ist, wie froh, dich gefunden zu
haben und wie schön er es findet, dass wir beide befreundet sind. Entschuldige,
wenn ich das so sage, aber es war der klassische Sermon, den harmlose, besoffene
Typen bei der Barfrau abspulen. Ich war hundemüde. Nach einer guten Stunde ist es
mir dann endlich gelungen, ihn hinauszukomplimentieren. Und da machte er dann immerzu:
Psst! Kein Wort zu Trude! Und wankte von dannen. Das war die ganze Geschichte.«
An der Zigarette, die sie sich angezündet
hatte, hing gefährlich lang die Asche. Babs strich sie in einem Alabasteraschenbecher
ab und setzte noch hinzu:
»Hätte dir Franz, so unwichtig es
auch war, einfach alles erzählt, wäre uns allen viel Aufregung erspart geblieben.
So geriet er sogar kurzfristig unter Verdacht, etwas mit dem Tod deiner Freundin
zu tun zu haben. Mich hat gestern spätabends noch ein Polizist besucht und ausgefragt
und du hast dir wahrscheinlich auch so deine Gedanken gemacht … und alles nur wegen
dieser sinnlosen Geheimniskrämerei!«
Natürlich genierte sich Trude der
Gedanken, die sie hierher getrieben hatten, aber sie war auf der anderen Seite auch
erleichtert, denn sie wusste, dass Babs sie nicht belügen würde und sie versuchte
um Verständnis für ihr Handeln zu werben:
»Sagen wir mal so: Erst die Geschichte
mit dem fehlenden Alibi und dass Franz tatsächlich verdächtig schien und dann hörte
ich, dass er in den frühen Morgenstunden noch hier bei dir gewesen ist – du kannst
dir vielleicht vorstellen, dass das nicht so einfach wegzustecken ist. Die Stimmung
bei uns auf dem Hof ist seit dem Fund von Margots Leiche ohnehin völlig gestört.
Stell dir vor: Zwischendurch hatte die Polizei auch noch Olli mit aufs Revier genommen!
Und meine Freundin Betty behandelt mich, als ob ich Schuld an Margots Tod hätte!«
»Du brauchst dich nicht bei mir
zu entschuldigen, Trude. Wir sind doch Freundinnen!«
Sie sprachen dann über Margot und
ihr grausames Ableben, rätselten über ihren Mörder und Trude beklagte das unsolidarische
Verhalten ihrer Berliner Freundinnen. Und sie redeten natürlich über Franz und wieso
Männer immer die Tendenz haben mussten, die einfachsten Dinge des Lebens so zu verkomplizieren.
Als Trude das gemütliche Reich ihrer Freundin verließ, war sie doch froh, dieses
Gespräch gesucht zu haben und fühlte sich deutlich erleichtert. Nur die Abbitte
bei Franz für ihre
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