Osterfeuer (German Edition)
hatte nachgelassen und
wehte nur noch in feinen Schleiern über Wiesen, Felder und Knicks. Trude schaltete
den rechten Blinker ein, um auf die Allee einzubiegen, die zum Mühlenhof führte,
da sah sie im Rückspiegel das rhythmische Blinken eines Blaulichts. Die Steine knirschten
auf der unbefestigten Zufahrt unter den Reifen und trotz recht langsamen Fahrens,
spritzte rechts und links der Modder. Es herrschte wieder Gummistiefelwetter, wie
meist hier auf dem Lande. Erstaunt registrierte Trude, dass das Blaulicht ihr folgte
und als sie ausstieg erkannte sie den Wagen der Kommissare aus Lübeck, der schließlich
neben dem ihren zum Stehen kam.
»Grüß Gott Frau Kampmann!«, begrüßte
sie der bärtige Kommissar im Lodenmantel und sein schmächtiger Kollege in Jeans,
Turnschuhen und Lederjacke schloss sich mit einem weniger aufwendigen »Moin!«, an.
»Guten Tag! Wollen Sie zu mir?«
Trude war ungehalten. Sie musste
doch Iris informieren und die Telefonnummer der Freunde herausfinden, bei denen
Annick, Bettys Tochter zu erreichen war und sich um irgendeine Art Mittagessen kümmern,
sofern überhaupt jemand zugegen und hungrig war. Angesichts der fortgeschrittenen
Uhrzeit, konnte sie wahrscheinlich ihr Osterlamm vergessen. Sie wollte auch bald
wieder ins Krankenhaus fahren. Und jetzt stand dieser umständliche Kriminalbeamte
mit seinem muffeligen Kollegen auf der Matte.
»Ja, wir haben schon den ganzen
Vormittag versucht, Sie zu erreichen. Sie waren unterwegs?«, fragte Angermüller.
»Ja. Ich hatte verschiedenes zu
tun und meine Freundin Betty – Frau Oppel, wissen Sie – hatte einen Unfall. Sie
liegt im Krankenhaus …«
»Das ist uns bekannt. Auch darüber
wollen wir mit Ihnen reden.«
»Na gut. Viel Zeit habe ich nicht.
Aber vielleicht kommen sie trotzdem erst mal rein«, schlug Trude vor und deutete
zum Himmel, aus dem immer noch Nässe sprühte.
Auch oder gerade bei diesem trüben Wetter hatte die große Wohnküche
im Bauernhaus mit den vielen Fenstern ihren Reiz, da man sich zwar geschützt drinnen
aufhielt und trotzdem den Himmel, die Wolken und den Wind ungehindert im Blick hatte.
Trude hatte den beiden Männern Platz am großen Tisch angeboten, auch einen Tee,
doch den lehnten sie ab. Eigentlich wollte sie sich um die gesammelte Brunnenkresse
kümmern, die immer noch in der Plastiktüte steckte und nebenbei etwas zum Essen
vorbereiten, doch Kommissar Angermüller bat sie, sich auch zu setzen.
»Wo waren Sie heute Vormittag, Frau
Kampmann?«
Trude erzählte vom Besuch bei Babs,
allerdings ohne den Grund zu nennen, und dass sie dann die Zeit genutzt hatte, um
einen Spaziergang zu machen und gleichzeitig nach Brunnenkresse zu schauen.
»Und bei diesem Spaziergang habe
ich dann zufällig Betty getroffen …«
»Sie haben Sie zufällig getroffen?«
Trude schaute verwirrt. Worauf wollte der Polizist hinaus?
»Natürlich! Ich wusste ja gar nicht,
wo sie heute Vormittag war. Ich hatte zwar das Auto auf dem Marktplatz gesehen,
aber sie selbst war mir in der Stadt nicht begegnet.«
Angermüller und Jansen wechselten
einen Blick. Erst jetzt entdeckte Trude das kleine Aufnahmegerät auf dem Küchentisch.
»Sagen Sie, ist das eigentlich ein
Verhör?«
Angermüller nickte vorsichtig.
»Sie sind doch einverstanden, dass
wir Ihre Aussage so wie neulich mitschneiden? Frau Kampmann …«, begann er und machte
dann eine Pause. Mit einem Schulterzucken gab Trude ihr Einverständnis und stellte
fest: »Ich verstehe nur nicht, was das alles mit Margots Tod zu tun haben soll.«
Angermüller hatte sichtlich Schwierigkeiten,
die richtigen Worte zu finden und bewegte sich unruhig auf seinem Stuhl hin und
her. Geduld war Jansens Stärke nicht und Hemmungen oder Zurückhaltung gegenüber
Zeugen waren ihm fremd.
»Ihre Freundin Betty Oppel hat sich
heute Morgen mit uns getroffen – konspirativ sozusagen, und Sie des Mordes an Margot
Sandner verdächtigt, zumindest hätten Sie ihrer Meinung nach ein ganz klares Motiv.
Und kurze Zeit später fällt sie das Steilufer hinab, wobei Sie auch anwesend sind,
und landet schwer verletzt im Krankenhaus. Verstehen Sie jetzt den Zusammenhang?«
Nach dieser Klarstellung sackte
Jansen wieder in eine eher unbeteiligte Haltung auf seinem Stuhl zurück. Trude traute
ihren Ohren nicht. Betty hatte ihre wahnwitzigen Fantasien tatsächlich der Polizei
mitgeteilt! So langsam wurde ihr das ganze Ausmaß dieser Verdächtigung klar: Jetzt
glaubten die Kriminalbeamten natürlich, der
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