Osterfeuer (German Edition)
Digestif und ging mit dem vollen Bauch ins Bett, wo er sofort in unruhigen
Schlaf fiel.
Und nun war auch das vorbei. Zwanzig
nach Vier. Herrgott, alle paar Minuten schaute er jetzt auf diese dämliche Uhr und
wälzte sich von einer Seite auf die andere. Er musste sich das abgewöhnen, diese
ungezügelte Fresserei mitten in der Nacht und heute würde er schon mal auf das Frühstück
verzichten …und überhaupt, er musste endlich abnehmen! Für seine Figur, seine Gesundheit
und für Astrid. Doch die hatte anscheinend kein Problem damit und nannte ihn nur
zärtlich »Starker Bär«. So wie jetzt auch wieder:
»Na, kann mein starker Bär nicht
schlafen?«
Sie streichelte seine Schulter.
»Einfach Schäfchen zählen, Schorsch«,
murmelte sie noch und gleich darauf hörte man sie leise schnarchen. Georg drehte
sich auf die rechte Seite, dachte an den Mühlenhof und die Menschen dort und an
den Anruf, der ihn bei Steffen auf seiner Mailbox erreicht hatte. An der Stimme
hatte er sie gar nicht erkannt, denn die Frau flüsterte nur. Sie bat ihn um ein
Treffen am nächsten Morgen um zehn im Café am Markt in Warstedt, sie hätte ihm etwas
mitzuteilen in der Mordsache Margot Sandner. Erst als sie ihren Namen nannte, wusste
er, dass es Betty Oppel war. Sie musste versucht haben, ihn zu erreichen, als er
gerade in einem Funkloch steckte. Über das Rätseln, was diese Frau wohl so Wichtiges
zu erzählen hatte, übermannte ihn dann doch irgendwann wieder der Schlaf.
Und nun war Ostermontagmorgen. Eigentlich
hatten sie heute Freunde besuchen wollen, die eine alte Kate an einem kleinen See
im Lauenburgischen liebevoll restauriert hatten und dort jetzt in idyllischer Abgeschiedenheit
lebten. Er war Maler und seine Frau, eine ehemalige Lehrerin, stellte einen fantastischen
Ziegenkäse aus der Milch ihrer eigenen Herde her, der auf Märkten und in Feinkostgeschäften
verkauft wurde. Georg war auf die neuen Bilder des Freundes gespannt und hatte sich
mit der ganzen Familie auf einen Spaziergang um den See, eine gemütliche Fahrradtour
längs des Kanals und ein Festessen auf der Terrasse oder im Wintergarten gefreut.
Nun würden sie den Besuch ohne ihn machen müssen, was er vor allem wegen Astrid
und der Kinder sehr bedauerte. Doch die Arbeit in einer Mordsache konnte man nicht
auf die lange Bank schieben. Erfahrungsgemäß war alles, was in den ersten achtundvierzig
Stunden geschah, richtungweisend für die weitere Arbeit und im Idealfall stand nach
dieser Zeitspanne der Täter fest. Je länger sich die Ermittlungen hinzogen, in desto
weitere Entfernung rückte die Lösung eines Falles.
Und während Astrid und die Zwillinge
sich für ihre Fahrt aufs Land vorbereiteten und lebhafte Diskussionen über die passende
Garderobe führten, saß Georg Angermüller in der Küche, vor sich eine Tasse kräftigen,
englischen Tees mit viel Milch und Zucker und telefonierte mit dem Kollegen Friedemann
von der Kriminaltechnik, berichtete Staatsanwalt Lüthge, was er jetzt vorhatte und
erinnerte seinen Partner Jansen, dass er ihn gleich abholen sollte. Von seinem Platz
am runden Holztisch konnte er nur ein kleines Stück Himmel über dem eingefriedeten
Garten sehen und es war offensichtlich, dass es mit dem gestrigen, strahlenden Sommerwetter
vorbei war. Bereits in der Nacht hatte es geregnet und die dahinjagenden Wolken
in hellem Weiß bis bedrohlichem Dunkelgrau und ab und zu ein Fetzchen Blau dazwischen
bewiesen, dass der hier heimische kräftige Wind seine Arbeit wieder aufgenommen
hatte und für etwas mehr Abwechslung sorgen wollte.
Erst als Angermüller die beiden
Stücke selbstgebackenen Osterzopf mit Butter und Vogelbeerkonfitüre, die seine Mutter
wie keine zweite herstellen konnte, fast gänzlich mit großem Genuss verzehrt hatte,
fiel ihm ein, dass er schon wieder einen Eid gebrochen hatte. Doch satt und zufrieden
wie er sich jetzt fühlte, verschob der Kommissar seine geplante Askese auf einen
späteren Zeitpunkt. Er wünschte seiner Familie einen schönen Tag mit den Freunden
und bald darauf hockte er neben Jansen in dessen schwarzem Lieblingsspielzeug und
sie flogen über die um diese Stunde noch leere Autobahn in Richtung Warstedt.
Auf dem Mühlenhof ließen die Umstände auch an diesem Morgen kein gemütliches
Frühstück in großer Runde zu. Franz und Olli nahmen lustlos nur eine Kleinigkeit
zu sich, um schnell zu ihrem Segelboot zu kommen, dessen saisonale Jungfernfahrt
die Ereignisse am Vortag hatten ausfallen lassen. Es
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