Osterfeuer (German Edition)
aufgeben wollte,
sprang er um sie herum und bellte und tobte wie ein Verrückter. Endlich hatte er
aber genug, setzte sich friedlich zur Seite und beobachtete Trude, wie sie ihren
Part übernahm und mit spitzen Fingern das schmutzige Teil anfasste.
»Ja Lollo, das hast du fein gemacht!
Iih, wie ist das eklig, voller Matsch und Modder und ich will gar nicht wissen,
was da sonst noch dran klebt … Aber das ist ja …«
Als Trude es vom Boden hob, erkannte
sie erstaunt, dass sie eine schwarze Jacke beziehungsweise ein Jackett in den Händen
hielt und als sie die rote Fliege mit den weißen Punkten erblickte, die aus einer
der Taschen gefallen war, da wusste sie auch, wem es gehörte.
»Donnerschock, Hund! Was hast du
denn aufgegabelt?«
Sie sah sich um und fühlte sich
plötzlich nicht mehr wohl, so ganz allein auf dem einsamen Weg zwischen den Hecken.
Was hatte dieses Fundstück hier zu bedeuten? Entweder war seinem Träger etwas passiert
oder aber er selbst hatte … sie wollte lieber nicht weiter denken. Gestern noch fand sie Betty
hysterisch, die sich hier beim Spaziergang gefürchtet hatte und jetzt war sie sich
auch nicht mehr sicher, ob da nicht doch ein Unhold zwischen den Büschen hocken
könnte. Obwohl – Betty hatte ja wohl eher Angst vor ihr, Trude, gehabt. Bei diesem
Gedanken musste sie plötzlich laut auflachen.
»Wir sind wohl alle ein bisschen
verrückt, was Lollo? Na, komm!«
Den unappetitlichen Zustand des
Jacketts ignorierend, klemmte Trude es unter den Arm und rannte los in Richtung
Mühlenhof. Lollo nahm die Herausforderung zum Wettlauf natürlich an und konnte ihr
einmal mehr beweisen, dass er der Schnellere war. Als sie endlich um die Ecke der
Scheune bog, sah sie zu ihrem Erstaunen, wie Elsbeth mit den beiden Polizisten ins
Auto stieg. Alles Rufen half nichts, man bemerkte sie nicht und der Wagen fuhr ziemlich
schnell über die Allee davon. Kopfschüttelnd blieb Trude zurück und zermarterte
sich vergeblich das Hirn mit der Frage, was wohl die Kriminalpolizei mit Elsbeth
vorhatte.
12
Selten hatte Angermüller sich in seiner Haut so wenig wohl gefühlt
wie jetzt und das war ihm deutlich anzusehen. Unruhig rutschte er auf dem harten
Holzstuhl hin und her, der für sein beträchtliches Körpermaß ohnehin viel zu knapp
ausfiel, um bequem zu sein, er atmete schwer und kraulte sich pausenlos den dunklen
Vollbart. Jansen konnte das Sitzen schon lange nicht mehr ertragen und maß das enge
Vernehmungszimmer der Warstedter Polizeiwache wie ein Tier im Käfig immer wieder
mit langen Schritten ab – vier hin, vier zurück. Dabei warf er nervöse Blicke auf
die alte Dame, die bewegungslos hinter dem primitiven Holztisch saß und den Blick
starr auf die propere Polizistin gerichtet hatte, die strahlend von einem Plakat
für die Partnerschaft von Bürgern und Polizei in Schleswig-Holstein warb.
»Frau Friedrichsen«, setzte Angermüller
wieder an, dessen Ohren von der Stille im Raum mittlerweile zu rauschen schienen,
» s ie haben uns bisher nur erzählt,
dass Sie Frau Margot Sandner am frühen Ostersonntagmorgen durch Ertränken im Mühlteich
getötet haben. Sie müssten aber schon etwas genauer werden. Wieso waren Sie um diese
Uhrzeit überhaupt draußen unterwegs? Wo sind Sie Frau Sandner begegnet?«
Nur an ihrem beschleunigten Wimpernschlag
und den unablässig ein weißes Spitzentaschentuch knetenden Händen war zu erkennen,
dass sich Elsbeth unter höchster Anspannung befand. Wie stets hielt sie sich sehr
aufrecht und strahlte die ihr eigene natürliche Würde aus. Umso schwerer fiel es
den Kriminalbeamten, sie zum Reden zu bringen, denn außer sich selbst der Tat zu
bezichtigen, hatte sie ihnen bisher nichts mitgeteilt.
»Es tut mir leid, aber Sie müssen
uns die Ereignisse, die zum Tod von Frau Sandner geführt haben, schon ganz detailliert
schildern, sonst müssen wir annehmen, Sie wollen sich hier nur wichtig machen«,
fuhr Angermüller fort. Als die alte Dame sie zur Mühle einbestellt hatte, um sich
ihnen als Täterin zu offenbaren, waren die beiden Polizisten aus allen Wolken gefallen.
Doch viel mehr als »Nehmen Sie mich mit, ich bin es gewesen«, wollte sie ihnen nicht
sagen und so beschlossen Angermüller und Jansen, das Verhör in der Dienststelle
fortzusetzen, auch wenn sie sich nicht allzu viel davon versprachen. Und wie sie
ihnen jetzt gegenüber saß, in ihrer dunkelblauen Bluse mit der Perlenkette, das
silberblonde Haar wohl frisiert, schien es schier unmöglich, sie sich
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