Osterfeuer (German Edition)
ein
wichtiges Beweismittel sein.«
Trotz ihrer Trauer ärgerte sich
Trude über diese unfreundliche Rüge, hatte sie sich doch selbst deswegen schon Vorwürfe
gemacht. Wenn sie sich auch nicht vorstellen konnte, dass ausgerechnet der harmlose
Krischan etwas mit Elsbeths Tod zu tun hatte, wer weiß, wie der Alkohol eine Persönlichkeit
verändern konnte … Sie blieb Jansen die Antwort schuldig. Schließlich war er es,
der sie am Nachmittag mit der überfallartigen Mitteilung von Elsbeths Selbstanzeige
völlig durcheinander gebracht hatte.
»Vielen Dank, Frau Kampmann. Es
ist gut, dass Sie in der ganzen Aufregung jetzt noch an Ihren Fund gedacht haben«,
sagte Angermüller freundlich.
»Jetzt in der Dunkelheit können
wir natürlich nichts mehr unternehmen, aber dann werden wir Sie morgen früh noch
einmal benötigen, damit Sie uns die Stelle zeigen, wo Ihr Hund die Sachen gefunden
hat.«
»Selbstverständlich, Herr Kommissar,
Sie wissen ja, wo Sie mich finden.«
Als sie auf den Stufen vor der Mühle in die kalte Dunkelheit hinaustraten,
konnte Trude nicht umhin, noch einen kurzen Blick zur Gästewohnung zu werfen. Sie
hatte mitbekommen, dass mittlerweile auch bei Iris zwei Beamte gewesen waren und
sie als Zeugin vernommen hatten. Trude hatte zwar nicht nachgefragt, doch sie konnte
sich denken, dass Iris weder etwas wusste noch sonst wie zur Aufklärung würde beitragen
können. Ihre Umwelt und ihre Mitmenschen interessierten sie einfach nicht. Punkt.
Wie zur Bestätigung ihrer Gedanken, sah sie die Freundin jetzt im Schein der Lampe
am Küchentisch sitzen und in ihren literaturwissenschaftlichen Papieren blättern.
Gegen ihren Willen fühlte sie immer noch irgendwie Verantwortung für diese spröde,
zu Gefühlsäußerungen nicht fähige Person.
»Eigentlich müsste ich ihr anbieten,
zu uns ins Haus umzuziehen, wo offensichtlich ein Mörder hier frei herumläuft«,
dachte Trude bei sich, »oder sie wenigstens anhalten, alles gut abzuschließen und
sofort bei uns anzurufen, wenn sie irgendetwas Verdächtiges bemerkt …«
Iris hatte es bisher nicht für nötig
befunden, wenigstens einmal kurz herüberzukommen und Trude und ihrer Familie ihre
Anteilnahme auszudrücken. Nicht dass Trude darauf Wert gelegt hätte, aber wäre es
nicht normal, sich so zu verhalten? Wie weit hatte sich Iris eigentlich schon aus
dem profanen, menschlichen Miteinander verabschiedet?
»Sie ist ein erwachsener Mensch
und wird selbst wissen, was jetzt zu tun ist«, schloss Trude ihre Überlegungen ab,
»Ich bin schließlich nicht ihre Gouvernante.«
Franz hatte sie untergehakt und
sie spürte, wie wohl ihr seine Nähe tat. Als sie dann im Flur ihres Hauses standen,
die Mäntel auf die Haken hängten, Lollo überglücklich an seinen Herrschaften schnüffelte
und alles so vertraut war wie immer, lösten sich bei Trude endlich die Tränen, die
sie die ganze Zeit tapfer zurückgehalten hatte. Als Franz ihr nasses Gesicht sah,
schloss er sie in seine Arme und Trude spürte, wie auch er von seinem Kummer überwältigt
wurde und ihn ein leises Beben durchlief. Lange Zeit standen sie so eng umschlungen
und gaben sich still ihrer Trauer hin.
»Sie wird mir so fehlen, Franz«,
durchbrach schließlich Trude das Schweigen und wischte sich die Tränen von den Wangen,
»Elsbeth war mir wie eine Mutter, aber eigentlich mehr als das. Meine Freundin,
meine Vertraute, Ratgeberin, Helferin in allen Lebenslagen … Wer hat ihr das nur
angetan?«
Franz schüttelte den Kopf.
»Mir wird sie auch fehlen, glaube
mir. Schließlich hat sie meinen Sohn groß gezogen und fast zwanzig Jahre für uns
beide gesorgt in ihrer unaufdringlichen, herzlichen Art. Ich kann noch gar nicht
glauben, was da geschehen ist. Sicherlich ist sie nicht um ihrer selbst Willen ermordet
worden …«
»Das glaube ich auch. Bestimmt gibt
es einen Zusammenhang mit dem Mord an Margot.«
Und die Wut der Verzweiflung stieg
in Trude hoch.
»Wenn Margot nicht hier aufgetaucht
wäre …«
Franz versuchte, sie zu beruhigen.
»Trude, das hat doch keinen Sinn.
Wenn du jetzt mit dem Zufall haderst, machst du dir alles nur noch schwerer.«
»Ach Franz, wenn du wüsstest! Ich
könnte dir so viel erzählen … Dann würdest du vielleicht auch meine Wut verstehen
…«
»Das möchte ich auch, also lass
uns gleich damit anfangen. Oder bist du müde? Ich kann jetzt ohnehin nicht schlafen.«
Sie setzten sich bei gedämpftem
Licht an den großen Holztisch in die warme Küche, Lollo schnarchte
Weitere Kostenlose Bücher