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Ostfriesengrab

Ostfriesengrab

Titel: Ostfriesengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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Weller, ist das auch gemein von mir. Ich schaue mir alles mit dem Blick des Kriminalbeamten an, suche hinter jedem Ding das Verbrechen, die Falle, die Gemeinheit.
    Er wollte schon aufhören weiterzuklicken und sich durch die Seiten zu blättern, da erregte ein Bericht seine Neugier. Es war ein Artikel aus der Studentenzeitung. Darin erzählte ein junger Journalist in unbeholfener Sprache, wie glücklich man sei, dass der berühmte Professor Diebold von Karlsruhe nach Münster käme, um dort im Sommersemester zu unterrichten. Es waren viele Fotos dabei. Sie zeigten den Umzug des Professors, wie er ankam, wie der Lkw ausgeladen wurde, und langhaarige junge Männer schleppten Möbel und großformatige Bilder ins Haus.
    Plötzlich wurde Weller heiß und kalt. Er zoomte das Bild näher heran, doch es war nicht nötig. Er hatte ihn sofort erkannt. Das war Heiner Zimmermann.
    Weller erinnerte sich an Ann Kathrins Worte, der Täter müsse die Bilder kennen.
    Na klar. Heiner Zimmermann hatte nie bei Professor Diebold studiert. Er war ja nirgendwo angenommen worden. Weller
kannte das Drama. Aber er hatte sich mehrere Jahre lang über Wasser gehalten, indem er aushilfsweise bei einem Umzugsunternehmen gearbeitet hatte. Er hatte sich damals bei Weller beschwert, das Ganze sei schrecklich für ihn, weil er als Maler keine groben Finger haben dürfte. Die Möbelschlepperei würde seine Feinmotorik abstumpfen lassen. Er hatte Angst, bald nicht mehr gut malen zu können. Er hatte seinem Freund damals sogar Skizzen gezeigt, die er selbst misslungen fand, weil angeblich seine Finger schon ungelenk würden von der Plackerei.
    Weller hatte die Bilder wunderschön gefunden und eines sogar für 20 D-Mark gekauft. Erstens, um Heiner einen Gefallen zu tun, und zweitens, um sich damit bei seiner damaligen Flamme beliebt zu machen. Sie war dahingeschmolzen, weil sie es gewöhnt war, von Männern Blumen zu bekommen und Pralinen. Einer hatte ihr sogar mal Dessous geschenkt. Aber noch nie jemand eine gekaufte Originalgraphik.
    Ruhig Blut, dachte Weller. Was heißt das schon? Heiner hat also die Bilder gesehen. Na und? Er hat Stangen von der Sorte bestellt, mit denen Mareike Henning im Lütetsburger Park aufgespießt wurde. Natürlich kennt er den Park und die Blütenpracht. Aber warum sollte er … Nein, dazu war er einfach nicht verrückt genug.
    Nehme ich jetzt nur meinen alten Kumpel in Schutz oder ist es wirklich unsinnig, so einen Zusammenhang zu konstruieren? Genauso gut hatte auch jeder andere Möbelpacker die Bilder gesehen. Viele Studenten, Gäste des Hauses …
    Weller wollte die Nachricht nicht gleich an die große Glocke hängen. Er behielt sie noch einen Moment für sich und überlegte, wie er damit umgehen sollte.
     
    Manchmal, dachte Ubbo Heide, geschehen doch noch Zeichen und Wunder. Vielleicht hatten sie das sogar dem Kollegen Weller zu verdanken. Nachdem er Meuling in Groningen erschossen
hatte, war auch für die niederländischen Kollegen zusätzlicher Druck in die Angelegenheit gekommen. Und jetzt hatte Ubbo Heide per Fax die Untersuchung der Skulpturengruppe
Sieben Meerjungfrauen und der Gott des Meeres
von Heiner Zimmermann auf dem Tisch.
    Ubbo Heide griff sofort zum Telefon und rief Weller an. Der wirkte merkwürdig abwesend auf Ubbo Heide, als ob er krank werden würde oder nach einem schweren Kater gerade erst aufgewacht sei.
    »Sie haben die Statuen von Heiner Zimmermann untersucht.«
    Weller brummte nur als Antwort.
    »Was glaubst du, was bei der kriminaltechnischen Untersuchung herausgekommen ist?«
    Jetzt redet Ubbo schon genau wie Rupert in Fragen, dachte Weller sauer, sagte es aber nicht.
    »Er hat wirklich die angegebenen Stahlstangen benutzt. Zumindest befinden sich welche dieser Art in den Figuren.«
    »Na also«, sagte Weller, »damit ist Heiner Zimmermann also aus dem Kreis der Verdächtigen ausgeschieden.«
    Ubbo Heide stockte. »Nicht ganz. Er hat die Stangen zwar verwendet, aber … er hat sie in Stücke geschnitten.«
    »Wie?«
    »Wie er das gemacht hat, weiß ich auch nicht. Jedenfalls sind die Stangen ja auch viel größer als die Statuen. Er hat nur Teile davon verwendet, und wenn man sie alle aneinanderlegt, dann hat er nur vier Stangen verwendet, aber zwanzig bestellt. Es blieben also sechzehn übrig für den Mord in Lütetsburg. Dort hat er aber nur zwölf benutzt.«
    Es hielt Weller nicht mehr auf dem Ledersessel. Er hatte das Gefühl, sein Hosenboden würde brennen, und auch unter den Füßen

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