Ostfriesengrab
schöne Kunstwerk aus vier Eiern war zerstört.
Er hätte die Pfanne am liebsten vom Herd gerissen und gegen die Wand geklatscht. Ann Kathrin merkte es ihm an. Seine Enttäuschung über das kleine Missgeschick war ihr eine Spur zu groß und deutete nur an, wie sehr er unter Strom stand. Sie lachte demonstrativ, schob ihn zur Seite, nahm ihm die Pfanne ab und sagte: »So mag ich sie eigentlich am liebsten.«
»Da hätte ich ja gleich Rühreier machen können.«
Sie verteilte die Eier einigermaßen gerecht auf die Brotscheiben. Dann saßen sie sich am Tisch gegenüber. Weller strubbelig und in Boxershorts, Ann Kathrin in T-Shirt und Slip. Sie hob ihre Füße von den kalten Fliesen und stopfte das Essen mit Heißhunger in sich hinein. Sie brauchte jetzt Energie. Ihr Teller war schon leer, als Weller erst die Hälfte aufgegessen hatte.
Sie schlürfte beim Kaffeetrinken. Vielleicht lag es an seinen Beobachtungen der letzten Nacht. Sie kam ihm merkwürdig animalisch vor.
Unvermittelt sagte Ann Kathrin: »Der Mörder fühlt sich sehr sicher. Er will Aufsehen erregen. Er will, dass man über ihn redet und schreibt. Keine schlechte Idee, wenn man Eindruck schinden und Leuten Angst machen will.«
»Du meinst, dieses Russen-Inkassobüro braucht Schlagzeilen, um zu zeigen, wie durchsetzungsfähig es ist?«
»Menschen, die Angst haben, zahlen.«
Sie standen um zehn vor acht am neu gebauten Norder Bahnhof und versuchten, weil der Schalter noch geschlossen war, am Automaten zwei Fahrkarten nach Duisburg zu ziehen. Im Burger King saßen schon ein paar jugendliche Schulschwänzer und frühstückten. Der Fahrkartenautomat stand direkt neben der großen Schaufensterscheibe, durch die Ann Kathrin einerseits in den Burger King gucken konnte, andererseits sahen ihr die Jugendlichen darin auch zu, wie sie sich am Automaten abmühte. Direkt am Fenster saßen drei Kids mit Cola, Kaffee und einem Doppel-Whopper mit Käse.
Ann Kathrin fand die Situation absurd. Wenn der Rothaarige sich vorbeugte und in seinen Bürger biss, sah es so aus, als ob er Ann Kathrin in den Hintern beißen wollte, nur die Glasscheibe war dazwischen.
Sie schob ihre EC -Karte in den Automaten und tippte die Geheimzahl ein. Das Mädchen neben dem Rothaarigen reckte den Hals und las mit.
Dies Ding ist ein Sicherheitsrisiko, dachte Ann Kathrin. Wenn jemand sich hier hinsetzt, kann er ganz in Ruhe abwarten und den Leuten beim Eintippen ihrer PI N -Codes zusehen. Sie stellte sich vor, wie ein Gangster, nachdem er die PIN -Codes so auf einfachste Weise in Erfahrung gebracht hatte, dann einer alten Dame folgte, zu ihr in den Zug stieg, ihr kurz vor Bremen die Handtasche stahl und aus dem Zug sprang. Er hätte sich in Minuten an ihrem Konto bedienen können, um schon mit dem nächsten Zug in eine andere Richtung zu verschwinden.
Weller sah ihr an, was sie dachte. »Ich weiß, ich weiß, Ann. Das Ding hier ist geradezu eine Einladung an Verbrecher. Man steht völlig ohne Schutz da. Wie auf dem Präsentierteller. Aber wahrscheinlich wird hier jahrelang nichts passieren. Wir haben uns daran gewöhnt, so zu denken. Und das ist nicht gut. Wir sehen die Welt mir kriminalistischen Augen, als ob es überall von Verbrechern nur so wimmeln würde und … «
Sie fuhr ihn scharf an: »Ich glaube, Mareike Henning würde das anders sehen. Wir haben sie gerade in Lütetsburg aufgespießt gefunden. Sie wurde vorher bedroht. Vielleicht hätte man das alles verhindern können, wenn mehr Menschen mit einem geschärften kriminalistischen Blick durch die Welt laufen würden.«
Mann, ist die mies drauf, dachte Weller. Das kann ja eine interessante Zugfahrt werden.
Er versuchte, abzulenken: »Meinst du, die Zeit reicht noch, dass ich uns einen Kaffee hole?«
Er konnte ständig Kaffee trinken und brauchte am Tag mehrere Espressi. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass ihm der Kaffee in so einem Schnellrestaurant schmecken würde. Sie selbst wäre nicht auf die Idee gekommen, bei Burger King oder McDonald’s einen Kaffee zu bestellen.
Sie zuckte mit den Schultern. Er lief ins Restaurant und stellte sich zu den Schülern in eine Schlange.
Das Mädchen neben dem Rothaarigen grinste Ann Kathrin unverschämt an.
Sie weiß ein Geheimnis von mir, dachte Ann Kathrin. Meinen PIN -Code. Und jetzt fühlt sie sich überlegen, so als hätte sie mir etwas entrissen.
Weller kam rechtzeitig mit zwei Kaffee zurück. Ann Kathrin wärmte sich die Hände am Pappbecher und nippte. Der Kaffee
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