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Ostfriesengrab

Ostfriesengrab

Titel: Ostfriesengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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ein Paket für dich. Ich stelle es dir vor die Tür.«
    Die Tür sprang auf. Ann Kathrin und Weller waren im Haus.
    Am Fahrstuhl hing ein Schild:
Defekt.
So wenig Vertrauen erweckend, wie er aussah, wäre Ann Kathrin sowieso nicht eingestiegen. Ohne ein einziges Maulen und ohne einen schrägen Blick lief Weller mit ihr die Treppen hoch.
    Oben im sechsten Stock klebte an Meulings Tür ein Zettel:
Bin Billard spielen
    »Na klasse«, sagte Weller, »wir haben heute ja mal wieder ein Superblatt.«
    Ann Kathrin gab zurück: »Als Skatspieler müsstest du doch wissen, dass sich das Blatt jederzeit zu deinen Gunsten oder Ungunsten wenden kann.«
    »Ja. Man weiß nie, ob man gute oder schlechte Karten hat, bevor man nicht auch die Karten im Stock kennt.«
    Weller fragte auf der Straße Jugendliche nach einem Spielsalon in der Nähe. Er merkte es ihnen an. Sie wussten sofort, dass er Polizist war. Etwas in ihnen zuckte zusammen, als er sie ansprach. Bereitwillig gaben sie ihm freundlich Auskunft, hoben aber hinter ihm den Stinkefinger, sobald er ihnen den Rücken zugedreht hatte.
    Fair Play Saloon
stand in Leuchtschrift über dem Eingang. Das Ding war in einer ehemaligen Wäscherei untergebracht. Die Schaufenster mit schwarzen, staubigen Vorhängen abgedeckt. Das März-Playgirl in halterlosen Strümpfen sollte dem Ganzen wohl einen leicht obszönen Charme geben, allerdings rollte sich das Plakat bereits unten an den Ecken auf und machte
einen von der Sonne ausgebleichten, verschossenen Eindruck. Am Eingang hing ein Schild:
Aushilfe gesucht.
    »Na, das sieht ja ganz reizend aus«, frohlockte Ann Kathrin spöttisch, und Weller konstatierte: »Hohe Delinquenzdichte. Ich wette, wenn die Duisburger Kollegen ein paar ihrer Spezis einkassieren müssen, ist dies einer der Orte, an denen sie zuerst suchen.«
    Ann Kathrin gab ihm recht: »Und vermutlich erfolgreich.«
    So schäbig und dunkel der Laden von draußen aussah, umso heller, blitzender und bunter war er von innen. Der Stromverbrauch musste gewaltig sein. Sechs Flipper standen nebeneinander und überboten sich mit Leucht- und Glitzereffekten. Auf der anderen Seite hingen Geldspielautomaten an den Wänden. Dort saßen zwei Frauen auf Barhockern. Die eine hielt das drehende Glücksrad zu, als könne sie dadurch seinen Verlauf beeinflussen. Die andere spielte an zwei Automaten gleichzeitig. Sie hatte ein hartes, verlebtes Gesicht. Ann Kathrin fragte sich, ob die beiden Mutter und Tochter waren.
    Ann Kathrin ging weiter nach hinten durch. Weller folgte ihr ein bisschen zögerlich. In einem Nebenraum standen zwei Poolbillardtische. Zwei Männer lehnten an den Wänden und sahen einem dritten zu, der dabei war, den Tisch abzuräumen. Er war ein geschickter Spieler. Jeder Stoß saß und versenkte eine neue Kugel.
    Auf den ersten Blick registrierte Ann Kathrin, dass alle drei mit Gewichten trainierten und Wert darauf legten, dass das auch jeder sah. Mindestens einer von ihnen hatte seinen Körper mit Steroiden oder anderen unerlaubten Muskelaufbaumitteln hochgezüchtet. Vermutlich aber alle drei.
    Da Weller sich im Hintergrund hielt, hatte Ann Kathrin die Aufmerksamkeit der Männer sofort. Einer rieb die Spitze von seinem Queue mit einem Stück Kreide und leckte dabei im gleichen Rhythmus über seine Lippen. Der Spieler richtete sich
auf und flötete: »Wo gehen die beiden schönen Beine denn hin?«
    »Nach Hause, wenn nichts dazwischenkommt«, feixte sein Kumpel.
    »Verderben Sie es sich so mit allen Frauen?«, fragte Ann Kathrin. »Falls Sie sich mal fragen, warum es nie eine Frau umsonst mit Ihnen macht und Sie immer dafür bezahlen müssen, rufen Sie mich an. Ich kann Ihnen die Antwort geben.«
    »Ist das ’ne Professionelle?«, fragte der mit dem spitzen Kinn seinen Kumpel. Er war offensichtlich noch blöder als sein Gesichtsausdruck vermuten ließ.
    »Halt die Fresse, Mensch!«
    »Mein Name ist Ann Kathrin Klaasen. Ich komme von der Mordkommission. Wer von Ihnen heißt Dieter Meuling?
    Der Spieler kam auf sie zu. »Ich. Warum?«
    Er trug eine eng sitzende, schwarze Lederhose und ein blauweiß gestreiftes Jackett, das zweifellos mal zu einem nicht ganz billigen Anzug gehört hatte. Darunter ein strahlend weißes T-Shirt, das seine Bauchmuskeln bestens zur Geltung brachte. Darauf stand mit kleinen blauen Buchstaben:
Ironman
.
    Weller hoffte, dass es nicht zu einer körperlichen Auseinandersetzung kommen würde. Er traute weder Ann Kathrin noch sich selbst zu, mit einem von denen

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