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OstfriesenKiller

OstfriesenKiller

Titel: OstfriesenKiller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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auf die Rettungswagen zu. Sie feuerte zwei gezielte Schüsse auf die Vorderreifen des ersten Fahrzeugs ab. Mit einem Ruck blieb es stehen. Der Fahrer ging in Deckung. Der zweite Rettungswagen fuhr auf den ersten drauf.
    Sehr gut, damit waren sie zunächst gestoppt.
    Ann Kathrin hörte den Lärm und die Schreie um sich herum nicht mehr. Sie war schon bei der Tür und riss den schnauzbärtigen Fahrer aus dem Fahrzeug. Er knallte auf das Pflaster. Sie drückte ihm die Waffe ins Genick.
    »Ich verhafte Sie hiermit. Alles, was Sie ab jetzt sagen, kann gegen Sie verwendet werden. Und ich garantiere Ihnen, das wird es auch. So wahr ich Ann Kathrin Klaasen heiße.«
    Hoffentlich guckst du jetzt zu, Papa, dachte sie. Sie werden nicht ungestraft davonkommen. Dein Tod war nicht umsonst. Sie machen das Gleiche nicht noch mal mit uns. Wir haben aus unseren Fehlern gelernt.
    Noch nie hatte sie in so einem Blitzlichtgewitter gestanden.
     
    Ann Kathrin brauchte fast zwei Stunden, um zu verstehen, was geschehen war. Man hatte dankenswerterweise in Aurich angerufen. Weller kam sofort. Seine Worte erreichten sie nicht wirklich. Es war, als würde er zu einer Plastikpuppe sprechen.
    »Die Geiselnahme«, sagte er, »ist noch lange nicht beendet. Aber deine Polizeikarriere möglicherweise schon. Mein Gott, was hast du getan? Sei froh, dass keine der Geiseln gestorben ist. Wir haben wertvolle Zeit verloren. Bei so etwas geht es um Sekunden. Glücklicherweise war das Rettungsteam hoch professionell. Herr Krenzer ist noch nicht überm Berg. Die beiden anderen können es schaffen. Das Rettungsteam war echt, Ann Kathrin. Kapierst du das? Schau mich an. Hey, wo bist du? Der Fahrer, den du fast ausgeknipst hättest, arbeitet seit fünfzehn Jahren beim Roten Kreuz. Erst ehrenamtlich, später dann hauptberuflich.«
    Es waren nicht Wellers Worte. Es war die verzweifelte Anteilnahme in seinen Augen, die zu Ann Kathrin durchdrang.
    Sie sah an sich herunter. Sie hielt ein volles Glas Wasser mit beiden Händen fest. Sie wusste nicht, wie lange schon oder wer es ihr gereicht hatte. Irgendjemand hatte ihr eine Wolldecke um die Schultern gelegt.
    Weller kämpfte darum, Ann Kathrin mitnehmen zu dürfen. »Bitte, das ist eine verdiente Kollegin. Ihr Vater wurde beim Banküberfall in Gelsenkirchen als Geisel genommen und erschossen. Die Täter sind damals mit dem Rot-Kreuz-Hubschrauber entkommen. Sie hat geglaubt, dass sich die Sache hier wiederholt. Herrje, was sie getan hat, war nicht richtig, aber man kann es doch verstehen! Bitte. Das Ganze wird natürlich noch ein dienstliches Nachspiel haben, aber ihr wollt sie doch jetzt um Himmels willen nicht in U-Haft nehmen?! Sie hat einen Sohn. Ihr Mann ist Psychologe. Der wird sich um sie kümmern.«
    Es tat Ann Kathrin gut zu hören, wie sehr Weller um sie kämpfte. Worte, die nicht direkt an sie gerichtet waren, verstand sie besser als alles, was eindringlich auf sie eingeredet wurde.
    Weller schaffte es, sie herauszuhauen, während Ann Kathrin immer noch apathisch dasaß und nicht in der Lage war, an ihrem Wasserglas zu nippen, obwohl ihr Mund ausgetrocknet war wie die Wüste Gobi nach einem Sandsturm. Ihre Zunge fühlte sich dick und pelzig an. Ihre Lippen waren plötzlich rissig geworden. Sie gab ihren Händen den Befehl, das Glas zu heben, doch die Hände gehorchten ihr nicht, so als würden sie gar nicht zu ihr gehören.
    Erst als sie neben Weller im Auto saß, wurde ihr klar, dass er sie rausgehauen hatte. Vorerst.
    Sie lächelte dankbar. Sie schaute wieder ihre Hände an, aber das Glas befand sich nicht mehr zwischen ihren Fingern. In ihrer Mundhöhle wütete noch immer eine erbarmungslose Trockenheit. Bilder vom Sommer stiegen in ihr auf. Sie in Norden mit einem Eis von La Perla, gemeinsam mit Eike. Sie versuchte, das Eis herunterzuschlucken, und stellte sich vor, wie ihre Zunge eine lange Bahn durch den weichen kalten Erdbeergeschmack zog.
    Weller war nervöser, als er zugab. Er bremste. Sie wurde in den Gurt geworfen. Dadurch registrierte sie erst, dass sie angeschnallt war. Weller musste das getan haben.
    Vielleicht, dachte sie, habe ich ihn unterschätzt. Er hält zu mir.
    Sie sah ihn an. Sein Gesicht war wie versteinert. So ernst hatte sie ihn im Laufe der vielen Dienstjahre noch nicht gesehen. Der Zwischenfall hatte ihn tief erschüttert.
    Er schaute sie kurz von der Seite an. »Du hättest beinahe einen Rettungsfahrer abgeknallt.«
    »Nein, ich hab nicht auf ihn geschossen. Ich wollte ihn nur

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