Ostfriesenmoor: Der siebte Fall für Ann Kathrin Klaasen (German Edition)
sind?«
Frau Dr. Schmidt-Liechner warf die Haare zurück und bleckte die Zähne. Sie hatte jetzt etwas von einem Schießhund, fand Weller und spürte den Drang, Ann Kathrin vor dieser Energie zu schützen.
»Ja, und ob ich das bin! Alle Vollmachten sind unterschrieben und hinterlegt.«
»Nun, wenn Sie seine Anwältin sind, dann führen Sie sich hier bitte nicht auf wie eine eifersüchtige Ehefrau.«
»Der war gut!«, freute Rupert sich, der sonst nicht gerne ein gutes Haar an Ann Kathrins Arbeit ließ, doch jetzt gefiel sie ihm viel mehr als ihm recht war.
»Jule Freytag wurde von der Stiftung, die Herr Dr. Ollenhauer gegründet hat, betreut. Das ist unstrittig, oder?«
Ollenhauer nickte, aber die Anwältin sagte: »Wir bestreiten das durch Nichtwissen.«
Gleichzeitig sah sie Ollenhauer mit einem Blick an, der ihn zurechtwies, er solle auch durch Körperreaktionen keine Antworten geben, sondern ihr alles überlassen. Ollenhauer stemmte seine Arme gegen den Tisch und starrte auf die Tischplatte zwischen seinen Fäusten.
»Ist es korrekt, Herr Dr. Ollenhauer, dass sich im Garten Ihres Grundstücks eine Blocksauna befindet?«
»Wollen Sie ein Haus kaufen?«, konterte Frau Dr. Schmidt-Liechner.
Ann Kathrin ließ sich nicht provozieren, sondern fuhr fort: »Dieses Blockhaus wurde als Sauna genutzt, und dort sind Sie auch gern mit den Jugendlichen zusammen nackt in die Sauna gegangen. Stimmt das?«
Frau Dr. Schmidt-Liechner wandte sich um und ging auf die große Glasscheibe zu. Sie öffnete einen Knopf an ihrer Bluse und drückte ihren Rücken durch, damit ihr Busen besser zur Geltung kam. Sie wusste natürlich, dass sich dahinter das Publikum befand. Sie vermutete dort auch Staatsanwalt Scherer. Mit großen Gesten beschwor sie die Männer hinter der Scheibe: »Das darf doch wohl nicht wahr sein!«
Sie hoffte, ihre gespielte Empörung könnte überspringen, das spürte Weller ganz genau. Diese Frau wusste, was sie tat, und sie tat es nicht zum ersten Mal. Alles war ganz auf Wirkung angelegt.
Während Ann Kathrin Frau Dr. Schmidt-Liechner zusah, dieser ganz auf Wirkung bedachten Frau, der es gefiel, den Männern zu gefallen und ihnen gleichzeitig Angst zu machen, die eine Beziehung nur aushielt, wenn sie ihre eigene Überlegenheit spüren konnte, glitten ihre Gedanken wieder ab.
Ihre Mutter schob sich dazwischen, als würde sie plötzlich hier im Raum stehen, auf wackligen Beinen, in ihrem Nachthemd, die Hausschuhe falsch herum an den Füßen.
»Warum treffen wir uns hier eigentlich? Was läuft hier? Wollen Sie Tipps für die Freizeitgestaltung? Wissen Sie eigentlich, was ich für einen Stundenlohn habe? Sie verschwenden hier die Zeit von zwei hochkarätigen …«
»Ihre Show nutzt Ihnen hier gar nichts«, sagte Ann Kathrin so emotionslos wie möglich. Damit bot sie einen guten Kontrast zu der übertriebenen Schauspielkunst der Anwältin. »Es geht hier um Fakten und ein dichtes Netz von Beweisen, die Herrn Dr. Ollenhauer belasten. Ich gebe Ihnen hier die Möglichkeit, dazu Stellung zu nehmen und dies auszuräumen. Sie können natürlich auch gerne einen Tabledance hinlegen, wenn Sie glauben, dass es etwas nutzt …«
Rupert ballte die Faust und führte einen Boxhieb aus, als könnte er Ollenhauer treffen. » Böser Bulle – böser Bulle , oh ja!«
»Eins null für dich, Ann Kathrin«, freute Weller sich, doch er sah Ubbo Heide an, dass ihm dieses Wortgefecht gar nicht gefiel. Ihm war das alles zu viel Klinkel-Klankel, zu viel Stutenbeißerei, zu viel Showgefecht.
»Es gibt Zeugenaussagen, Fotos und Fingerabdrücke.«
Frau Dr. Schmidt-Liechner warf einen flüchtigen Blick zu Ollenhauer und versuchte, in seinem Gesicht zu lesen, ob da etwas dran sein könnte.
Ann Kathrin legte drei Bilder auf den Tisch und tippte darauf: »Das hier, Herr Dr. Ollenhauer, sind zweifellos Sie. Das hier ist Nils Renken, und hier sehen wir Jule Freytag, Kevin Becker und Larissa Kuhl. Svenja Roth, Adrian Harmsen und Sven Olberts. Alle Beteiligten sind nackt«, sagte Ann Kathrin, und es klang vorwurfsvoll.
Jetzt begann Frau Dr. Schmidt-Liechner schallend zu lachen. »Ach so, langsam begreife ich, wohin der Hase laufen soll! Sie haben den Computer von Dr. Ollenhauer beschlagnahmt, darauf haben Sie diese Bilder gefunden, und jetzt versuchen Sie, ihm das als Kinderpornographie unterzujubeln, um irgendetwas gegen ihn in der Hand zu haben. Sie sind sich bestimmt im Klaren darüber, auf welch wackligen Beinen das
Weitere Kostenlose Bücher