Ostseeblut - Almstädt, E: Ostseeblut
Fierck!«
»Ich hab noch einiges zu tun, Wilbur. Außerdem wird es allmählich dunkel. Der Uhlenburger Wald war noch nie ein gemütlicher Ort, wenn es dunkel wird, findest du nicht?«
»Ich hab keine Angst. Wissen Sie, was ich mache, wenn ich Angst bekomme? Ich stelle mir vor, dass ich selbst der Böse bin.«
Böse, da war es, dieses Wort. »Auf Wiedersehen, Wilbur. War schön, dich mal wieder zu treffen.«
»Aber ich hab was gesehen. Deshalb muss ich auch mit Gregorians sprechen.«
»Wen hast du gesehen?« Keine kluge Frage, jedenfalls nicht hier und nicht jetzt. Sie ahnte, worauf das alles hinauslief. Die Ermittlungen der Polizei hatten ganz Kargau auf den Kopf gestellt. Alle redeten von dem Mord auf dem Priwall und von Tamaras Selbstmord. Wahrscheinlich hatte die Polizei auch Wilbur ausfindig gemacht, um ihn über die alten Zeiten zu befragen. Die ließen nichts und niemanden aus.
»Is’ geheim! Hab der Polizei auch nichts gesagt.«
»Die Polizei ist unser Freund und Helfer. Gregorian kann dir auch nicht weiterhelfen.« Ein beunruhigender Verdacht wurde in ihr wach. Eveline und Martin, die sich immer Kinder gewünscht, die sich aufopfernd um Nichte und Neffen gekümmert hatten. Was erhoffte Wilbur sich von ihnen? Ein »Geschäft«?
»Ich warte hier«, sagte er und verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust.
»Soll ich den Gregorians sagen, dass du hier bist?«
Er schüttelte den Kopf. »Nich’ nötig. Ich warte.«
Marianne winkte ihm noch einmal zu und machte sich mit leerem Körbchen und ohne Fotos auf den Rückweg. Sie sah sich nicht nach Wilbur Asmussen um, aber sie spürte seinen Blick im Nacken, bis sie auf die Uhlenburger Allee abbog.
25. Kapitel
D ie Korittki ist mir was schuldig, dachte Broders, als sie am nächsten Tag im Konvoi mit drei Streifenwagen von Plön aus die Bundesstraße 430 zum Betriebsgelände einer Kieskuhle fuhren. Zumindest, falls wir nichts finden. Das hohe Gittertor des Werks stand noch offen. Man erwartete sie. Die vier Wagen hielten vor dem Verwaltungsgebäude am Rande einer großen Kieskuhle an. Einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss für Asmussens Wohnmobil zu bekommen, war ein Kinderspiel für Broders gewesen. Der einzige Haken an der Sache war, dass sie nicht die Erlaubnis für eine nächtliche Hausdurchsuchung hatten. Dafür galten Sonderregelungen. Es war jetzt halb acht Uhr abends, und bis neun Uhr mussten sie mit der Aktion durch sein.
Der Mercedes-Bus, der Wilbur Asmussen als Wohnsitz diente, stand auf einer Wiese am Rande des weitläufigen Geländes. Verdeckt von einem hochgewachsenen Knick, war der Bus von der Straße aus nicht zu sehen. Sie mussten ihre Fahrzeuge stehen lassen, denn der Weg war vom Regen aufgeweicht und zugewachsen. Broders merkte, wie seine Schuhe und Hosenbeine im hohen Gras feucht wurden und seine Laune sank. Er bedauerte schon jetzt, dass er sich von Pia hierzu hatte beschwatzen lassen. Als sie näher kamen, sah er, dass der Wohnbus verlassen aussah. Kein Licht, keine Geräusche, Ödnis. Die Szenerie strahlte etwas Boshaftes aus.
»Können Sie meinen Männern erläutern, wonach wir hier Ausschau halten sollen?«, fragte der sie begleitende Kriminalhauptkommissar aus Plön. »Für ein bisschen Hehlerware betreiben wir hier doch wohl kaum diesen Aufwand.«
Pia nickte. Sie wartete ab, bis alle sie umringt hatten. »Wir suchen nach Hinweisen in einem Mordfall. Alles, was mit dem Heim für schwer erziehbare Mädchen, überhaupt mit Mädchen, und mit dem Politiker Sven Waskamp in Verbindung steht, könnte wichtig sein. Außerdem Dinge, die mit Orientierungslauf, dem Priwall oder einer Frau namens Katja Simon zusammenhängen … Wenn wir bei der Durchsuchung auf Hehlerware oder andere Hinweise auf illegale Geschäfte stoßen – auch gut. Aber gehen Sie behutsam vor. Ich will nicht, dass Asmussens Bus oder seine Besitztümer beschädigt werden. Mein Kollege Broders und ich werden die ganze Zeit hier sein. Wenn Sie etwas Auffälliges entdecken oder es Fragen gibt …«
Die Männer nickten. »Alle Unklarheiten beseitigt«, murmelte ein stämmiger Rothaariger.
Pia ging zu dem Bus hinüber und klopfte mit den Fingerknöcheln gegen die Schiebetür auf der Beifahrerseite. Es war ein ausrangierter alter Postbus, vermutete Broders. Den platten Reifen, dem Unkraut rundherum und dem Moosbewuchs in den Dichtungen nach zu urteilen, schon lange nicht mehr fahrbereit. Sie lauschten. Wie er es erwartete, rührte sich nichts. Irgendwo im
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