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Ostseeblut - Almstädt, E: Ostseeblut

Ostseeblut - Almstädt, E: Ostseeblut

Titel: Ostseeblut - Almstädt, E: Ostseeblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
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Dickicht kraschpelte es. Pia hob die Faust, klopfte noch einmal. »Okay«, sagte sie. »Es ist niemand da. Wir müssen den Wagen öffnen.«
    Broders hörte ihr Unbehagen darüber heraus, dass Wilbur Asmussen nicht da war. Sie trat ein paar Schritte zurück und beobachtete kritisch, wie der Wagen geöffnet wurde. Die Schiebetür glitt quietschend zur Seite, und der Strahl einer starken Taschenlampe erfasste Sitze mit aufgerissenen Polstern, aus denen krümeliger gelber Schaumstoff quoll. Dann fiel das Licht auf den Müll im Fußraum: zerknüllte Bierdosen, schmutzige Verpackungen und kleine Tierknochen.
    »Schöne Bescherung«, murmelte Broders, »da können wir gleich noch das Gesundheitsamt informieren.«
    »Wieso, sieht’s bei dir zu Hause anders aus?«, fragte Pia und trat an den Wagen heran. Broders bemerkte, dass sie versuchte, nicht durch die Nase zu atmen. Der Geruch, der ihn mit geringer Verzögerung aus dem Inneren des Fahrzeugs erreichte, war im besten Fall gewöhnungsbedürftig. Kein Leichengeruch – zumindest das nicht. Die Polizisten breiteten eine Plastikplane auf dem Boden vor dem Wohnmobil aus, leuchteten sie taghell aus, und zwei Beamte räumten systematisch den gesamten Wagen leer, während andere die Dinge, die dabei zutage traten, sichteten und sortierten.
    »Gleich könnte mal einer mit ’nem Kärcher durchgehen. Das wäre eine gute Tat«, sagte Broders, mehr um Pia aufzuheitern. Je länger die Aktion dauerte, desto deutlicher wurde, dass es hier nichts, aber auch wirklich gar nichts gab, das für die Ermittlungen von Interesse gewesen wäre. Asmussens Hauptbeschäftigung schienen Nahrungszubereitung und Essen zu sein. Er verspeiste wohl auch heimische Vögel und Nagetiere, wie aus den Abfällen zu ersehen war. Er besaß einen großen Radio-Kassettenrekorder, aber es gab keine Zeitungen, Zeitschriften oder Bücher, nicht einmal Pornoheftchen. Es gab überhaupt keinen Hinweis darauf, dass Frauen in Asmussens Leben eine Rolle spielten.
    »Das war das!«, sagte der Rothaarige mit grimmiger Genugtuung, als er die letzten Reste aus dem Wohnmobil auf die Plane warf. »Alles ist raus. Wollen Sie reinkommen und sich überzeugen, Frau Korittki?«
    »Natürlich.« Sie zwängte sich zwischen den Vordersitzen in das Innere des Wohnbusses, und eine Weile hörte man nichts als ihre festen Schritte und das Klappen von Türen. Dann sprang sie heraus. »Drinnen ist nichts mehr. Machen wir zügig draußen weiter. Es ist nach acht.«
    »Draußen?«
    »Da wir im Bus nichts entdeckt haben, hat er seine Schätze meines Erachtens irgendwo hier draußen versteckt.«
    »Sie meinen … hier irgendwo?« Der Kriminalhauptkommissar, der sie begleitet hatte, machte eine vage Armbewegung. Pia sah sich um.
    »Wir gehen bei der Suche wie üblich spiralförmig um den Wagen herum vor. Es kann nicht lang dauern. Asmussen ist ein Mensch, der gern alles unter Kontrolle hat: Verstecke sucht er sich in Blickweite seiner Fenster.«
    »Na dann los. Machen wir hier mal überall Licht …«
    Einige Kilometer weiter östlich bereitete sich Solveigh Halby auf einen gemütlichen Feierabend vor. Sie war mit sich und der Welt zufrieden, hatte sie doch heute mit der Leiterin der Stadtbibliothek sprechen und eine Ausweitung ihrer Arbeitszeit erreichen können. Wenn sie sparsam wirtschaftete, würde sie ihre neue Wohnung bezahlen, für ihren Lebensunterhalt aufkommen und vielleicht sogar monatlich noch etwas zurücklegen können. Ihre Zukunft – eine Zukunft ohne Angst vor Rainers Wutausbrüchen und Schikanen – erschien ihr hell und friedlich. War es zu viel verlangt, einfach in Frieden gelassen zu werden? Auch den Kontakt zu Katja würde sie einschränken, wenn sie erst mal hier ausgezogen war. Sicher, sie war ihrer Freundin für alles dankbar, sehr sogar, aber Katja war so anstrengend mit ihren dauernden Forderungen und dem Hang, alles auszudiskutieren. Solveigh hatte sich einen Kakao gekocht, eine Tafel Vollmilchschokolade und einen Liebesroman, garantiert mit Happy End, bereitgelegt und wollte gerade die Füße hochlegen, als Katja hereinkam.
    Sie baute sich vor Solveigh auf und sah missbilligend auf sie herunter. »Ich gehe jetzt eine Runde laufen. Willst du nicht mal mitkommen?«
    »Was, jetzt noch?«
    »Ist doch erst kurz nach acht«, sagte sie und befestigte einen Reflexstreifen an ihrem rechten Oberarm. »Würde dir bestimmt auch gut tun. Du warst doch den ganzen Tag nur irgendwo drinnen.«
    »Ehrlich, ich kann nicht mehr, Katja.

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